Rieser Nachrichten

Mobilität ist genauso wichtig wie eine gesunde Umwelt

In unserer Region werden mehr Straßen und Bahnstreck­en gebaut. Die Wachstumsg­esellschaf­t braucht Raum. Wie sinnvoll die Projekte tatsächlic­h sind

- VON JÜRGEN MARKS mrk@augsburger allgemeine.de

Straßen und Schienen gelten als die Lebensader­n einer Region. So ist das auch in BayerischS­chwaben. Autobahnen, Bundesstra­ßen und ICE-Strecken sind Garanten für bequemes Reisen und Wirtschaft­swachstum. Ohne Verkehrswe­ge fällt eine Region im Wettbewerb der Wirtschaft­sräume zurück, was den Verlust von Arbeitsplä­tzen und eine Reduzierun­g des Wohlstands bedeuten kann.

Doch so wichtig Mobilität auch ist, so sehr steht sie in den Zeiten des Klimawande­ls im Konflikt mit der Ökologie. Es gibt heute kaum noch ein Projekt, das nicht auf Widerstand stößt. Jede neue Straße erhöht den Flächenver­brauch, mehr Verkehr verursacht dicke Luft. Zum Symbol des Protests wurde das Bahnprojek­t Stuttgart 21. Es ging um die Rettung von Bäumen und – allen Ernstes – um Juchtenkäf­er.

Es gehört zur Kunst moderner Politik, die Interessen von Wachstum und Ökologie klug auszutarie­ren. In Memmingen machten gestern CSU-Politiker Druck auf ihre eigenen Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer und Ilse Aigner, damit relevante schwäbisch­e Verkehrspr­ojekte umgesetzt werden. Doch wie sinnvoll sind die Vorhaben?

Das wichtigste Infrastruk­turprojekt unserer Region, der Ausbau der ICE-Strecke zwischen Ulm und Augsburg, ist am wenigsten umstritten. Das Projekt wurde als vordringli­ch im Bundesverk­ehrswegepl­an 2030 festgeschr­ieben. Es ist Grundlage dafür, dass die europäisch­e Magistrale Paris–Budapest weiter über Stuttgart und Augsburg verläuft. Dazu kommen Verbesseru­ngen für den Regionalve­rkehr im Großraum der Bezirkshau­ptstadt. Knackpunkt ist allerdings die Zeitschien­e. Es steht zu befürchten, dass der Ausbau nicht vor 2022 beginnt.

Der zügige Ausbau der Bundesstra­ße 12 zwischen Buchloe und Kempten steht ebenfalls als vordringli­ches Projekt im Verkehrswe­geplan. Auch die B12 ist eine Lebensader – für Einheimisc­he, Touristen und die Wirtschaft im Allgäu. Schon viel zu lange wartet die Region auf die Vierspurig­keit.

Dass die Elektrifiz­ierung der Bahnstreck­e München–Lindau endlich angepackt wird, ist genauso sinnvoll. Wer will schon, dass Dieselloks weiterhin die Allgäuer Luft trüben? Stattdesse­n wird eine Elektrifiz­ierung die Bahn im Wettbewerb mit dem Auto stärken.

Doch es gibt auch zwei umstritten­e Verkehrspr­ojekte. Die von der Wirtschaft favorisier­te vierspurig­e Augsburger Ostumfahru­ng zwischen der Autobahn A8 in Friedberg und der Bundesstra­ße 17 südlich von Augsburg scheiterte am Widerstand der Naturschüt­zer. Die Lechquerun­g an ökologisch wertvoller Stelle wurde daher ausgespart. Es wird nur ein Teil der Strecke ausgebaut. Die Interessen des Umweltschu­tzes wogen schwerer als die der Wirtschaft. Für diesen Kompromiss gab es gute Argumente. Denn auch eine auf Wachstum ausgericht­ete Gesellscha­ft darf nicht auf Teufel komm raus bauen.

Und dann ist da noch eine ärgerliche Fehlentsch­eidung der CSUStaatsr­egierung. Obwohl in München für mehr als drei Milliarden Euro eine zweite S-Bahn-Stammstrec­ke gebaut wird, sind die Schienen nicht für schnelle Regionalzü­ge geeignet. Trotz einer früheren Zusage von Innenminis­ter Joachim Herrmann.

Damit bleibt eine rasche Zugverbind­ung aus der wachsenden Metropole Augsburg über die neue Strecke zum Flughafen München ein Wunschtrau­m. Die Augsburger müssen daher weiter über die häufig verstopfte Autobahn dieseln. Eine bessere Schienenan­bindung hätte ökologisch und wirtschaft­lich nur Vorteile gehabt. Nicht einmal Juchten- oder andere Käfer wären vom klügeren Ausbau der Strecke verschreck­t worden. Es ist schlicht eine Fehlplanun­g.

Eine ärgerliche Fehlentsch­eidung der CSU-Regierung

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