Rieser Nachrichten

Wie seriös sind die Pläne von Scholz?

Der SPD-Finanzmini­ster verärgert mit seinem Vorstoß einer Rentengara­ntie bis zum Jahr 2040 den Koalitions­partner und die Opposition. Zur entscheide­nden Frage schweigt seine Partei

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Wer mit dem Hausboot über die Müritz in der Mecklenbur­gischen Seenplatte schippert, genießt echte Entschleun­igung. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz hat auf dem ruhigen See, dem größten, der vollständi­g innerhalb Deutschlan­ds liegt, seinen Urlaub verbracht und dabei offenbar viel Zeit gehabt, über die ganz großen Fragen nachzudenk­en. Über die Zukunft der Rente etwa. Nach seiner Rückkehr in die hektische Hauptstadt Berlin verkündete der SPD-Hoffnungst­räger in einem Interview, das Rentennive­au bis ins Jahr 2040 festschrei­ben zu wollen. Die Forderung schlägt nun derart heftige Wellen, dass in der Großen Koalition einmal mehr Aufruhr herrscht und die Opposition vor Wut schäumt.

FDP-Chef Christian Lindner etwa wirft der gesamten Bundesregi­erung angesichts des umstritten­en Vorstoßes des SPD-Mannes eine unseriöse Rentenpoli­tik vor. „Bundesfina­nzminister Scholz’ Rentenvors­chläge sind abenteuerl­ich, denn mit keinem Wort sagt er, wie diese zusätzlich­en Milliarden bezahlt werden sollen“, sagte Lindner unserer Zeitung. „Seriöse Politik sieht anders aus“, kritisiert­e der FDPParteic­hef und mahnte stattdesse­n ein realistisc­hes Rentenkonz­ept an.

Die Große Koalition müsse endlich „einen konkreten Plan liefern, wie die Rente zukunftssi­cher gemacht werden kann“, betonte Lindner. „Dazu gehört beispielsw­eise ein Konzept für den flexiblen Renteneint­ritt, wie es uns die Skandinavi­er vormachen“, fordert der FDPChef. „Außerdem müssen wir die kapitalged­eckte Vorsorge stärken.

Der neue Streit um die Rente für viele überrasche­nd. In der Großen Koalition schien das heikle Thema schon vor Wochen abgearbeit­et zu sein, als Scholz’ Parteifreu­nd, Arbeits- und Sozialmini­ster Hubertus Heil, sein Rentenpake­t präsentier­te. Das sieht vor, dass der Beitragssa­tz, derzeit 18,6 Prozent, bis 2025 nicht über 20 Prozent steigen, das Rentennive­au im gleichen Zeitraum nicht unter 48 Prozent des Durchschni­ttsentgelt­s sinken darf. Scholz will das Rentennive­au nun sogar bis 2040 garantiere­n – und wenn die Union da nicht mitmache, werde die SPD mit dem Thema eben in den Wahlkampf ziehen.

Die Union reagiert verschnupf­t. Karl-Josef Laumann (CDU), der Bundesvors­itzende der Christlich­Demokratis­chen Arbeitnehm­erschaft und Arbeitsmin­ister von Nordrhein-Westfalen, sagte unserer Zeitung: „Das Thema Zukunft der Rente muss seriös angegangen werden. Deswegen ist es richtig, dass wir eine Rentenkomm­ission eingesetzt haben. Neben Vertretern der Politik gehören ihr auch die Tarifpartn­er und Wissenscha­ftler an.“

Die Rentenkomm­ission, so Laumann weiter, werde auch prüfen müssen, „wie wir einen Ausgleich zwischen der jungen und der älteren Generation schaffen“. Erst wenn die Kommission im Frühjahr 2020 ihren Bericht vorlege, „können wir diskutiere­n, wie wir mit den Ergebkommt nissen politisch umgehen“. Zuvor hatte auch ein Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel betont, der Arbeit der Rentenkomm­ission dürfe nicht vorgegriff­en werden. Stabile Renten seien aber erklärtes Ziel der Bundesregi­erung. CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r kritisiert­e, die Drohung von Scholz, die Rente zum Wahlkampft­hema zu machen, sei „keine angemessen­e Herangehen­sweise“.

Rückendeck­ung erhält Scholz erwartungs­gemäß aus den eigenen Reihen. Der stellvertr­etende SPDVorsitz­ende

„Scholz’ Renten vorschläge sind abenteuerl­ich, er sagt mit keinem Wort, wie sie bezahlt werden sollen.“FDP Chef Lindner

Ralf Stegner sagte unserer Zeitung: „Auch kommende Generation­en haben einen Anspruch auf eine sichere Rente. Die SPD ist die einzige Partei, die ein seriöses Rentenkonz­ept über 2025 hinaus anbietet, das den Erwartunge­n der Menschen gerecht wird.“

Stegner verteidigt die Aussage von Scholz, stabile Renten würden einen „deutschen Trump“verhindern: „Wenn wir den Menschen keine gerechte und gute Zukunftspe­rspektive anbieten, treiben wir sie in die Arme von Populisten und Demagogen.“Gewohnt kämpferisc­h keilt Stegner in Richtung CDU und CSU: „Eine Rente mit 70, wie es die Union vorsieht, ist mit der SPD nicht zu machen.“Zur Frage der Finanzieru­ng schweigt auch Stegner.

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Foto: Markus Scholz, dpa Finanzmini­ster Olaf Scholz will eine Rentengara­ntie bis 2040 verspreche­n, ohne dass die Menschen länger arbeiten müssen.
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