Die Rente treibt Bürger um
Im Infomobil des Deutschen Bundestages reden Besucher über ihre Sorgen, sagen ihre Meinung und gewinnen Einblicke in die Arbeit des Parlaments
Nördlingen 17 Meter lang, neun Meter breit und 24 Tonnen schwer – mit einem gewichtigen Info-Truck informiert der Deutsche Bundestag über seine Arbeit. Das BundestagsMobil tourt durch ganz Deutschland und machte auch drei Tage in Nördlingen Station. Heinz Lackmann ist einer von drei Mitarbeitern im Truck und hat mit vielen Riesern über die Arbeit des Bundestages gesprochen. „Manche hatten Aha-Erlebnisse“, erzählt er. Und so manche Vorurteile konnte er ausräumen. Warum es bei TV-Übertragungen aus dem Parlament oft so leer aussehe, haben nicht nur in Nördlingen viele Leute gefragt. Lackmann klärt auf: Ein großer Teil der parlamentarischen Arbeit findet in den Ausschüssen statt, „das sind richtige Kleinparlamente“. Gerade dort sei Fachwissen und Kompetenz wichtig. Außerdem könne jeder Abgeordnete die Sitzungen des Bundestages in seinem Büro live verfolgen und bei Bedarf binnen Minuten zu einer Abstimmung kommen. Im Truck gibt es viel Infomaterial in gedruckter Form, aber auch DVDs für Kinder und Schüler, kostenlos zum Mitnehmen. Lehrer informieren sich gerne und decken sich mit Lernmaterial ein.
Was hat denn die Rieser besonders interessiert? Welche Themen treiben sie um? „Ganz zentral ist das Thema Rente und Altersversorgung“, sagt Lackmann im Rückblick auf seine Gespräche in Nördlingen. Das sei ein bundesweiter Trend. Ältere Bürger, aber auch Eltern mit Kindern machten sich Sorgen, wie sie im Alter finanziell auskommen sollen. Umweltthemen wie Plastikmüll in den Weltmeeren seien auch oft als wichtig genannt worden. Grundsätzlich geben die Truck-Mitarbeiter Kritik und Anregungen an die zuständigen Stellen in Berlin weiter.
Sina Kocourek aus Nördlingen und Alisa Uhl aus Fessenheim sind zufällig am Truck vorbeigekommen und arbeiten sich am großen TouchScreen durch ein Quiz mit Fragen rund um den Bundestag. „Das meiste habe ich schon mal gehört“, sagt die 19-jährige Sina, die gerade ihr Fachabitur in der Tasche hat. In der Schule habe sie im vergangenen Jahr viel zum Thema Wahlen erfahren und sich als Erstwählerin auch gezielt informiert. Ihrer Meinung nach ist das wichtigste Thema für den Bundestag momentan die Zuwanderung. Persönlich verfolgt sie die Debatten um neue Polizeigesetze, Cannabis-Legalisierung und Themen rund um Technologie und Fortschritt. Gerade die Ausstattung von staatlichen Schulen sollte die Regierung verbessern, meint Sina Kocourek. Ihre gleichaltrige Freundin hat ein Bufdi-Jahr im Krankenhaus gemacht, das Thema Pflege ist ihr sehr wichtig, genauso wie Umweltschutz.
Eine Rentnerin aus München ist als Touristin in Nördlingen zu Gast. Die Info-Tafeln und das Lesematerial im Infomobil beurteilt sie sehr interessant. Über den aktuellen Bundestag ärgert sie sich: „Da geht nichts vorwärts, weil nur gestritten wird“, meint die 69-Jährige. Das Thema Migration und Asylanten müsse man endlich in den Griff bekommen. „Das meine ich ganz neutral“, sagt sie. Dass man Flüchtlinge, die eine Lehre angefangen haben, abschiebt, und dagegen Straftäter bleiben dürfen, könne sie nicht verstehen.
Laura Schwetz aus Nördlingen hat ein ganz persönliches Anliegen. Sie würde gerne ein Praktikum im Bundestag machen. Gerade hat sich die 20-Jährige für ein Studium der Sozialwissenschaften eingeschrieben – mit dem Ziel, selbst einmal in die Politik zu gehen. Momentan ist sie bei den Jusos aktiv, Helmut Schmidt sei für sie ein Vorbild. „Politiker wie Gysi, die Profil haben, finde ich gut“, sagt Schwetz. Auch sie sagt: Die Rente ist das zentrale Thema der nächsten Jahre. Ihre Mutter Renate Schwetz nickt dazu. „Als ich so jung war, hat uns das nicht interessiert. Für die junge Generation ist das leider anders.“
Bundestagsabgeordneter Ulrich Lange war am Dienstag für zwei Stunden zu einer offenen Bürgersprechstunde im Infomobil. Auch er berichtet, dass in den Gesprächen klar wurde, dass das Thema Rente die Leute sehr bewege. Er habe sich gefreut, dass so viele Menschen sich für die parlamentarische Arbeit generell interessierten. Und speziell, dass er mehrfach auf verbesserte Bahnverbindungen in der Region angesprochen wurde. Das sei für ihn eine Bestätigung gewesen.