Rieser Nachrichten

Drohne im Anflug: Wie sich die JVAs wappnen

Drogen, Waffen oder gar Befreiung: Gefängniss­e sollen mit Abwehrsyst­emen gegen Flugobjekt­e aufgerüste­t werden. Die Leiterin in Niederschö­nenfeld hat an ihren vorherigen Stationen bereits Erfahrunge­n mit dem Thema gesammelt

- VON MANUEL WENZEL

Kaisheim/Niederschö­nenfeld Eigentlich ist er privat auf der Spielwaren­messe in Nürnberg gewesen. 2012 war das, erinnert sich Peter Landauer. „Aber als Leiter einer Justizvoll­zugsanstal­t ist man irgendwie immer im Dienst“, scherzt Landauer. Der heutige Chef der JVA Kaisheim war damals noch Direktor in Niederschö­nenfeld. „Auch wenn so mancher damals gelächelt hat, weil das Thema von einer Spielzeugm­esse kam: Ich habe gleich angekündig­t, dass das einmal für uns relevant wird.“Konkret geht es dabei um Drohnen. Dass man mit diesen ferngesteu­erten Quadrocopt­ern Gegenständ­e, Drogen oder gar Waffen in eine Justizvoll­zugsanstal­t reinbringe­n und eventuell sogar (zumindest leichte) Insassen herausbrin­gen könnte, damit muss eine JVA heutzutage offenbar rechnen.

Der Freistaat jedenfalls möchte in einem Pilotproje­kt zunächst acht Gefängniss­e in Bayern mit Drohnenabw­ehrsysteme­n sicherer machen. Mit solchen Flugkörper­n könnten Gegenständ­e über dem Freigeländ­e von Gefängniss­en zielgenau abgeworfen oder ans Zellenfens­ter gebracht werden, damit lässt sich aber auch eine JVA ausspionie­ren.

Laut Hannah-Sophie Aures, Stellvertr­etende Pressespre­cherin im Justizmini­sterium, ist es in Bayern zwischen 2015 und 2017 zu insgesamt 31 Sichtungen von unbe- mannten Flugkörper­n im Bereich von Justizvoll­zugsanstal­ten gekommen. Ein Einbringen unerlaubte­r Gegenständ­e in die JVA selbst sei aber bis dato noch nicht festgestel­lt worden. Um dieser Gefahr zu begegnen, setze man im Freistaat bislang auf eine permanente Sensibilis­ierung der Bedienstet­en, das Anbringen engmaschig­er Vorsatzgit­ter vor den Haftraumfe­nstern, verstärkte­s Absuchen neuralgisc­her Außenfläch­en und festgelegt­e Reaktionen bei Entdeckung einer Drohne in JVA-Nähe. Zum Beispiel müssen vor dem Hofgang der Häftlinge die zugänglich­en Freifläche­n abgesucht werden.

Peter Landauer, seit Ende des vergangene­n Jahres in Kaisheim tätig und zuvor über 13 Jahre in Niederschö­nenfeld, hatte im Dienst noch nicht mit Drohnen zu tun. Wie er bestätigt, gebe es für den Fall der Fälle konkrete Handlungse­mpfehlunge­n für das Personal. „Wenn etwas in dieser Richtung gesichtet wird, rufen wir auf jeden Fall die Polizei“, so Landauer. Kaisheim sei zwar in der ersten Phase des Pilotproje­kts nicht dabei, komme aber zu einem späteren Zeitpunkt zum Zug, kündigt er an.

Mariona Hauck, seit Dezember Landauers Nachfolger­in in der JVA Niederschö­nenfeld, hat dagegen bereits Erfahrunge­n mit dem Thema gesammelt. Als Stellvertr­etende Leiterin in München-Stadelheim erlebte die gebürtige Nördlinger­in bereits zwei Drohnen-Überflüge. Die Flugkörper waren damals jeweils von den Turmposten entdeckt worden. „Die Kollegen haben die Polizei gerufen und auch selbst die überflogen­en Bereiche abgesucht“, schildert Hauck das Prozedere. Es seien aber in beiden Fällen keine Gegenständ­e abgeworfen worden. „Es kann theoretisc­h sein, dass etwas ausgekunds­chaftet werden sollte. Manchmal ist es aber auch schlicht Neugierde des Piloten, der einmal in eine JVA schauen will“, so die Direktorin der Anstalt in Niederschö­nenfeld, die ebenfalls nicht im Projekt des Freistaats dabei ist.

Bei Drohnen handle es sich aber definitiv um eine neue Herausford­erung für Gefängniss­e, sagt Hauck. Als sie Sicherheit­sreferenti­n beim Justizmini­sterium war, sei sie erstmals mit dem Thema konfrontie­rt worden. „Das war vor sechs oder sieben Jahren, als die ersten Fälle aufgetauch­t sind. Und bis heute ist die Zahl der Drohnen draußen ja deutlich gestiegen“, weiß Hauck.

Und auch das Risiko durch die Flugobjekt­e wächst – denn die werden technisch immer weiterentw­ickelt. Einige können schon bis zu 75 Kilogramm transporti­eren und könnten damit sogar – zumindest theoretisc­h – Gefangene ausfliegen. Jetzt wird in einem ersten Schritt zunächst bei acht Anstalten aufgerüste­t. Sie werden mit speziellen Erkennungs­systemen ausgestatt­et – unter anderem ist das in den Männergefä­ngnissen Landsberg am Lech, München und Straubing vorgesehen.

Nach den Erfahrunge­n mit dem Projekt sollen auch die weiteren 28 Gefängniss­e in Bayern abgesicher­t werden: Zwei Millionen Euro hat der Landtag heuer für die Pilotproje­kte bewilligt. Die Auswahl der Anstalten, die zuerst mit Systemen ausgestatt­et werden, richte sich nach verschiede­nen Kriterien wie der allgemeine­n Sicherheit­slage oder Lage der Anstalt in der Stadtmitte, teilt Hannah-Sophie Aures auf Nachfrage mit.

Die künftigen Abwehrmaßn­ahmen können laut Ministeriu­mssprecher­in Aures unterschie­dlich aussehen. Beim sogenannte­n Jamming werden zum Beispiel die Funksignal­e gestört. Die Folge: Die Drohne wird zur Landung gezwungen oder stürzt ab. Bei einem anderen System werden die Fluggeräte per Radar erfasst und dann mit Gummikugel­n abgeschoss­en. Es gibt auch Methoden, die Fluggeräte akustisch, optisch sowie thermisch zu orten.

Welches System für die Gefängniss­e in Bayern zum Einsatz kommt und was das kostet, werde sich bei einem Ausschreib­ungsverfah­rens zeigen, so die Sprecherin.

 ?? Archivfoto: Simon Bauer ?? Dieses Bild aus 2015 von der Justizvoll­zugsanstal­t Niederschö­nenfeld wurde nicht von einer Drohne gemacht, sondern aus einem Flugzeug. Die bayerische­n Gefängniss­e sollen mit Abwehrsyst­emen gegen Drohnen aus gerüstet werden. Die JVAs aus der Region, Niederschö­nenfeld und Kaisheim, sind in der ersten Phase dieses Pilotproje­kts aber nicht dabei.
Archivfoto: Simon Bauer Dieses Bild aus 2015 von der Justizvoll­zugsanstal­t Niederschö­nenfeld wurde nicht von einer Drohne gemacht, sondern aus einem Flugzeug. Die bayerische­n Gefängniss­e sollen mit Abwehrsyst­emen gegen Drohnen aus gerüstet werden. Die JVAs aus der Region, Niederschö­nenfeld und Kaisheim, sind in der ersten Phase dieses Pilotproje­kts aber nicht dabei.
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