Und wer pfeift jetzt?
Im Kreis Augsburg können zwei B-Klassen nicht mehr mit Unparteiischen besetzt werden. Wie der betroffene TSV Ellgau damit umgeht und wie die Situation im Kreis Donau aussieht
Landkreis Der Umstand selbst ist für Michael Dollinger, Fußball-Abteilungsleiter des TSV Ellgau, nichts Neues. Die Reservemannschaft des Vereins muss in ihren Spielen ohne neutralen Schiedsrichter auskommen. Doch seit Beginn der Saison muss nun auch die erste Mannschaft in der B-Klasse Augsburg Nordwest ihre Partien ohne Unparteiischen austragen. Grund dafür ist der massive Schiedsrichtermangel im Kreis Augsburg. Obmann Thomas Färber erklärt: „Wir bedauern sehr, diesen Schritt gehen zu müssen. Aber die Umstände lassen uns keine andere Wahl.“
Gemeint sind zwei Entwicklungen: Weniger Unparteiische wollen mehr als eine Partie pro Wochenende pfeifen. Zudem wollen sich immer weniger junge Menschen zum Schiedsrichter ausbilden lassen. Den Neulingskurs im Frühjahr besuchten nur 15 Teilnehmer – zu wenig für den Fußball-Kreis Augsburg mit seinen vielen Mannschaften. Deshalb können nun die B-Klasse Augsburg Nordwest und die B-Klasse Augsburg Mitte nicht mehr mit geprüften Unparteiischen besetzt werden, die Vereine müssen selbst Schiedsrichter für ihre Partien abstellen.
Der TSV Ellgau etwa hätte laut Verbands-Bestimmungen zwei Unparteiische stellen müssen, hat aber nur eineinhalb. Ein Problem, das viele Vereine betrifft. „Für andere Posten im Verein findet man genauso schwer Leute“, gibt Spartenleiter Dollinger zu bedenken, bei den Schiedsrichtern sei das nicht anders. „Wir wollen unseren Schiri jetzt aber auch nicht abmelden, nur damit er unsere Heimspiele pfeift. Das würde die ganze Situation nur noch weiter verschärfen“, erklärt er. Bisher klappe es ohne VerbandsSchiedsrichter ganz gut, sagt Dollinger. Probleme sieht er aber in der Rückrunde, wenn es um den Aufstieg geht und sich die Gemüter noch schneller erhitzen.
Im Kreis Donau hat sich die Situation laut Obmann Tobias Heuberger in letzter Zeit wieder etwas
Zuletzt einige starke Neulingslehrgänge
entspannt. „Aktuell sieht die Lage bei uns vergleichsweise gut aus. Wir hatten in den vergangenen Jahren starke Neulingslehrgänge mit jeweils zwischen 15 und 18 neuen Schiedsrichtern. Wenn man be- denkt, dass uns jedes Jahr ungefähr zehn Schiedsrichter aus unterschiedlichsten Gründen verloren gehen, hilft das natürlich sehr“, erklärt er.
Ähnlich wie in der Gruppe Augsburg konnten vor einigen Jahren auch im Kreis Donau für die Reserveteams der A- und B-Klassen keine Schiedsrichter mehr gestellt werden. Noch sind nicht konstant genügend Unparteiische frei, um wieder eine dauerhafte Besetzung für die A-Klassen Reserve zu ermöglichen. Doch Heuberger ist optimistisch, dass dies in den nächsten Jahren klappt. Der Obmann der Gruppe Nordschwaben gibt bei aller Euphorie über die besucherstarken Lehrgänge jedoch auch zu bedenken: „Es kostet Zeit, bis die meisten Teilnehmer im Herrenbereich eingesetzt werden können. Die Neulinge sind mehrheitlich Jugendliche, die man langsam an diese Aufgabe heranführen muss.“Deshalb brauche es für jeden älteren Schiedsrichter, der seine Laufbahn beendet, auch mehrere junge, die diese Lücke schließen.
Aufgrund der Lage wurde auch an mancher Stelle aus den Vereinen die Frage in den Raum geworfen, warum in der Kreisliga Schiedsrichtergespanne auflaufen, während in der B-Klasse gar keine Unparteiischen gestellt werden können. Für Heuberger ist dies nichts Neues,
Mit Assistenten Einsätzen Erfahrungen sammeln
er hält es allerdings für den falschen Weg: „Das wäre für das Schiedsrichterwesen ein enormer Rückschritt, denn die Schiedsrichter-Assistenten in den Kreisligen sind meist junge Kameraden, die durch derartige Einsätze an den Herrenbereich herangeführt werden können.“Die meisten Kreisliga-Assistenten kämen deshalb für die unteren Klassen als neutraler Schiedsrichter nicht infrage.
Für Heuberger ist klar: „Wir brauchen weiterhin gut besuchte Neulingslehrgänge und stetigen Personalzuwachs. Ich denke, der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, dass man unser Hobby für Interessierte positiv darstellt.“Man müsse den Neulingen den Spaß an der Schiedsrichterei vermitteln. „Das geht am besten, wenn man nicht nur alleine auf dem Platz steht und Kritik einstecken muss, sondern auch mal im Gespann mitfährt und den Teamgedanken kennenlernt“, sagt der Obmann. Ein Schiedsrichter, der sein Hobby gerne ausübe und das auch so kommuniziere, sei die beste Werbung.