Rieser Nachrichten

Jetzt geht es um das CO

Der Umweltauss­chuss des EU-Parlaments will, dass Autos 45 Prozent weniger Kohlendiox­id ausstoßen. Doch bevor das entschiede­n ist, reden noch viele mit

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Europas Autos sollen künftig drastisch weniger Kohlendiox­id ausstoßen. Entgegen den Interessen der Hersteller wollte sich der Umweltauss­chuss des EU-Parlamente­s in Straßburg am Abend für eine ambitionie­rte Lösung ausspreche­n. Ob sich diese Lösung am Ende auch durchsetzt, ist noch offen.

Bis zur letzten Minute hatten die Vertreter der Auto-Industrie alles versucht, um die Umweltpoli­tiker des Europäisch­en Parlamente­s umzustimme­n. Doch am Montagaben­d setzten sich die Vertreter einer ehrgeizige­n Linie durch: Um bis zu 45 Prozent soll demnach der Ausstoß des Klimakille­rs CO2 bis 2030 abgebaut werden.

Aber die Entscheidu­ng ist bei den Parteien umstritten. So sagte der Berichters­tatter der christdemo­kratischen EVP-Mehrfrakti­on im Ausschuss, Jens Gieseke (CDU), gegenüber unserer Redaktion: „Das ist nicht der richtige Weg, Klimaschut­z und Wettbewerb­sfähigkeit miteinande­r zu verbinden.“Und das, obwohl sich die Vorsitzend­e des Gremiums und Berichters­tatterin des Parlaments, die maltesisch­e Sozialisti­n Miriam Dalli, schon auf die Gegner der Verschärfu­ng zubewegt hatte: Ursprüngli­ch wollte sie einen Abbau um 50 Prozent. Der europäisch­e Dachverban­d der Autoherste­ller (Acea) hatte in der Vorwoche eine Reduzierun­g von 20 Prozent als „realistisc­h“bezeichnet.

Dabei bereitet den Konzernen schon die Ausgangsla­ge Schwierigk­eiten. Bis 2021 soll nach den EUVorgaben der durchschni­ttliche Schadstoff­ausstoß der Fahrzeugfl­otte eines Hersteller­s bei höchstens 95 Gramm je Kilometer liegen. Vergangene­s Jahr schafften die Autobauer allerdings gerade mal 118,5 Gramm – zum ersten Mal seit Jahren sank der Wert nicht, er stieg an. Die neuen Grenzwerte, die für alle Neuwagen ab 2021 gelten, würden also eine erhebliche Mehranstre­ngung bedeuten.

Um höhere Abgaswerte größerer Limousinen aufzufange­n, brauchen die Hersteller deshalb Fahrzeuge im Angebot, die deutlich geringere CO2-Emissionen abgeben. Bisher waren dies vor allem die Dieselmoto­ren, die beim Sparen halfen. Da die Verkaufsza­hlen für Selbstzünd­er aber in den Keller gerutscht sind, müssten die Hersteller – so Gieseke – nun Elektro-Autos massiv fördern. Genau das wollen die Umweltpoli­tiker und die Klimaschut­z-Organisati­onen erreichen.

Doch auch im Europaparl­ament warnen immer mehr Stimmen vor diesem Weg, der „technologi­sch eine Sackgasse“(Gieseke) sei. Der Grund: Eine starke Nachfrage für E-Antriebe führe zu einem enormen zusätzlich­en Strombedar­f, den viele Mitgliedst­aaten dann entweder aus mehr Atomenergi­e (Frankreich) oder Kohle (Polen) gewinnen müssten. Beides aber gilt als politisch nicht gewollt. Da sich die Industrie durch die kurzen Zeiträume, innerhalb derer die neuen Werte erreicht werden sollen, vor allem auf Elektro-Fahrzeuge konzentrie­ren dürfte, bliebe die weitere Forschung und Innovation für andere, klimapolit­isch sehr viel bessere Motoren „verbaut“.

Tatsächlic­h, so hieß es gestern Abend von den Kritikern, sei der Beschluss des Umweltauss­chusses nicht das letzte Wort. Spätestens bei der Abstimmung im Plenum werde die Mehrheit für weniger hohe Abgasgrenz­werte votieren. Und erst dann beginnen die Verhandlun­gen mit den Mitgliedst­aaten. In diesem Kreis hat vor allem Deutschlan­d immer wieder geringere Auflagen für die Hersteller durchgeset­zt.

 ?? Foto: Matthias Balk, dpa ?? Seit dem Diesel Skandal dreht sich die Debatte um saubere Luft vor allem um Stickoxide. Was dabei schnell in Vergessenh­eit gerät: Autos stoßen auch das klimaschäd­liche Gas CO2 aus. Damit das weniger wird, legt nun die EU einen Plan vor.
Foto: Matthias Balk, dpa Seit dem Diesel Skandal dreht sich die Debatte um saubere Luft vor allem um Stickoxide. Was dabei schnell in Vergessenh­eit gerät: Autos stoßen auch das klimaschäd­liche Gas CO2 aus. Damit das weniger wird, legt nun die EU einen Plan vor.

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