Natürliche Neugier der Kinder nutzen
Es gibt ein Projekt an Bayerns Schulen, in dem Kinder aus verschiedenen Ländern miteinander lernen und ihren Mitschülern gezielt von ihrem Land und ihrer Familie erzählen. Einmal hat an einem Augsburger Gymnasium ein indischer Schüler über seine Religion gesprochen. Er ist ein Sikh, trägt im Unterricht einen Turban mit einem großen Knoten auf der Stirn. Erst seit seinem Referat wissen seine Mitschüler, was die Kopfbedeckung bedeutet.
Wenn heute das neue Schuljahr beginnt, kommt in Deutschland jeder dritte Schüler aus einem anderen Land. Es ist deshalb wichtiger denn je, schon den Jüngsten beizubringen, dass eine Gesellschaft aus vielen Einzelnen besteht, die einen Konsens für ihr Zusammenleben finden müssen. Die Kinder müssen lernen, wo Unterschiede liegen, wie man miteinander umgeht, dass man auf seine Mitmenschen Rücksicht nehmen muss. Ressentiments werden außerhalb der Schulmauern schon genug geschürt.
Wenn Markus Söder davon spricht, junge Asylbewerber in Deutschklassen zu schicken und ihnen „kulturelle Bildung und Werte“zu vermitteln, sollte man sich auf keinen Fall zu der Annahme verleiten lassen, dass diese Kinder eine Werte-Erziehung nötiger haben als deutsche. Es kommt darauf an, dass alle Schüler in einer Klasse einander respektieren lernen. Und das lässt sich nie besser vermitteln als in ganz jungen Jahren. Die Ausgangssituation könnte günstiger nicht sein. Denn Kinder kennen keine Voreingenommenheit. Sie sind wissbegierig, interessieren sich dafür, warum ihr Sitznachbar eine andere Hautfarbe hat – oder eben eine komische Kopfbedeckung. Dieses Interesse muss man nutzen.