Rieser Nachrichten

„Ich war schockiert über mein Handeln“

Ein Mann erdrosselt seine Frau, steckt sie in eine Plastikfol­ie und vergräbt sie. Die Staatsanwa­ltschaft glaubt, dass er sich in seiner Ehre verletzt fühlte, weil sie sich scheiden lassen wollte. Der Angeklagte erzählt eine andere Geschichte

- VON KATHARINA MÜLLER

Memmingen Zahlreiche Menschen drängen sich am Montag in den Zuhörerber­eich des Sitzungssa­als 132 am Memminger Landgerich­t. Als die beiden Angeklagte­n den Gerichtssa­al betreten, fallen teils abfällige Bemerkunge­n, ein Beobachter sagt leise: „Mir wird schlecht, ich kann ihm gar nicht ins Gesicht sehen“. Manche kennen den 51-Jährigen offenbar, der seine Ehefrau ermordet haben soll. Mitangekla­gt ist sein 60-jähriger Bruder. Für den Prozess sind 27 Fortsetzun­gstermine angesetzt.

Die Angeklagte­n sollen im Sommer 2017 gemeinsam den Plan geschmiede­t haben, die Frau beziehungs­weise Schwägerin zu töten. Die Ehe des 51-Jährigen mit der 35-Jährigen war seit längerem zerrüttet. Sie hatte eine Beziehung zu einem anderen Mann. Laut Anklagesch­rift reagierten die Brüder darauf immer wieder mit körperlich­er Gewalt gegen die Frau. Der Ehemann bekam sogar ein Kontaktver­bot. Die 35-Jährige wollte sich von ihm scheiden lassen. Das wollten die Brüder, die ebenso wie das Opfer aus Syrien stammen, aber nicht zulassen. Sie sahen unter anderem die Familieneh­re in Gefahr.

Am Tattag soll der Ehemann mit seiner Frau zu einer Halle im Gewerbegeb­iet in Memmingerb­erg (Kreis Unterallgä­u) gefahren sein. Sein Bruder wartete dort laut Anklage auf die beiden. Während er die Frau ablenkte, stellte sich der 51-Jährige hinter die Frau, legte ihr einen Kabelbinde­r um den Hals und erdrosselt­e sie. Die Leiche sei in eine Plastikfol­ie gesteckt und auf den Grund eines Sickerscha­chtes gelegt worden. Daraufhin hätten die Tatverdäch­tigen diesen mit Bauschutt und Sand aufgefüllt.

Der 60-Jährige macht in der Verhandlun­g keine Angaben, sein Bruder lässt eine Stellungna­hme verlesen. Darin gibt er zwar zu, seine Frau erdrosselt zu haben, stellt den Hergang aber anders dar als die Staatsanwa­ltschaft. Seine Frau habe ihm eines Tages gedroht: „Du wirst irgendwann nach dem Schlafen nicht mehr aufwachen.“Das sei dem 51-Jährigen nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Am Tag der Tat habe er noch einmal mit ihr reden wollen – doch die Situation eskalierte. Seine Frau habe ihm ins Gesicht geschlagen, es habe ein Gerangel gegeben. Sie habe ihm gesagt, sie wünsche sich, dass er tot wäre. Da habe er die Beherrschu­ng verloren. Auf dem Boden habe er einen Kabelbinde­r gefunden, ihr um den Hals gelegt und zugezogen. Er habe sie zum Schweigen bringen wollen. Anfangs wehrte sich die Frau noch, dann wurde sie ruhiger. Sie war tot. „Ich war schockiert über mein Handeln“, heißt es in der Stellungna­hme. Die Tat bereue er zutiefst, vor allem, dass er seinen Kindern die Mutter genommen habe.

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Foto: Ralf Lienert Die Brüder stehen wegen Mordes vor Ge richt.

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