Wie Bob der Baumeister
In kleinen Vereinen und mit dünnen Spielerkadern versuchen drei engagierte Trainer, den richtigen Weg zu finden. Dabei spielt auch ein Asylbewerber eine wichtige Rolle
Die „Elf der Woche“ist eine beliebte Online-Aktion unserer Fußball-Plattform fupa.net. Die Vereine stimmen dabei darüber ab, welche Amateurkicker ihrer Meinung nach am vorangegangenen Spieltag herausragende Leistungen gezeigt haben. In der A-Klasse Nord erfuhren im Laufe dieser Woche je drei Akteure des TSV Mönchsdeggingen (Joachim Ensslin, Stefan Maier, Christian Turzer) und des SC Nähermemmingen-Baldingen (Stefan Keller, Erik Faaß, Daniel Agyemang) diese ehrenvolle Nominierung. Sechs von elf, das ist schon eine Hausnummer.
So nett die Wertschätzung einzelner Spieler auch sein mag, so viel wichtiger ist aus der Sicht der verantwortlichen Übungsleiter ein funktionierendes Kollektiv. Das sieht auch Thorsten Vogelgsang, neuer Trainer des aktuellen A-Klassen-Primus’ TSV Mönchsdeggingen so. Seit er beruflich aus dem Münchner Kultusministerium in die Nördlinger Bauverwaltung zurückgekehrt ist, zeichnet das TSV-Urgestein (sämtliche Jugendmannschaften durchlaufen, 450 Seniorenspiele) als Nachfolger von Vater und Sohn Münnich für die beiden Aktiventeams verantwortlich. Und das durchaus mit Erfolg: Fünf der sieben Spiele wurden gewonnen, nur gegen den Ries-Rivalen SC Nähermemmingen-Baldingen gab es eine 0:4-Niederlage. „Das war allerdings auch der bislang stärkste Gegner“, räumt Vogelgsang ein und ärgert sich trotzdem über die gleich vier Gegentore (wie auch beim Remis gegen Wechingen). Folgerichtig sieht der 40-jährige Übungsleiter die wichtigsten Baustellen in der Defensive.
Vogelgsang hat früher die B-Junioren-Spielgemeinschaft aus Möttingen und Mönchsdeggingen betreut, ein Teil dieser Akteure ist jetzt auch in der ersten Mannschaft angekommen. Hier sieht der Trainer auch das wichtigste Potential, um einen kleinen Dorfverein wie den TSV Mönchsdeggingen weiterhin am Leben zu erhalten: „Ich möchte den Fokus auf eine nachhaltige Entwicklung mit Einbindung der Reserve und Jugend legen“, hat er vor der neuen Saison ein mittelfristiges Ziel genannt. Dabei sieht er den Verein bereits auf einem guten Weg: Frühere aktive Spieler wie zum Beispiel Manfred Ruf hätten sich als Jugendtrainer engagiert und den Nachwuchs gut ausgebildet. Trotzdem sei die Personaldecke nach wie vor dünn – für Vogelgsang ein Grund, trotz der derzeitigen guten Leistungen auf die Euphoriebremse zu treten: „Wir haben gerade mal 14 bis 15 Spieler, wenn da ein Stammspieler ausfällt, ist er kaum adäquat zu ersetzen.“
Seinem Kollegen Bernd Angerer vom SC Nähermemmingen-Baldingen geht es nicht anders, auch wenn er es ein wenig bildhafter formuliert. „Ich komme mir manchmal vor wie Bob der Baumeister, der aus immer neuen Teilen ein funktionierendes Ganzes zusammenfügen muss.“Junge Leute hätten heutzutage auch andere Interessen als nur Fußball, hinzu kämen Urlaub sowie die Belastungen durch Schule oder Beruf; darauf müsse man als Trainer halt Rücksicht nehmen.
Als Angerer im vergangenen Winter sich zum dritten Mal überreden ließ, den „Feuerwehrmann“zu spielen, war der Verein am Boden. Die Angst war groß, als schier aussichtslos zurückliegender Tabellenletzter in die unterste Liga abzusteigen. „Das hätte fatale Folgen gehabt“, glaubt Angerer, „denn ein Verein steht und fällt mit der ersten Mannschaft“. Vor allem für den großen Jugendapparat wäre der Abstieg eine große Enttäuschung gewesen. Aber unter der Regie des SCNB-Urgesteins glückte die Wende zum Guten, sprich der Klassenerhalt. „Wir sind zu einer verschworenen Einheit geworden, mit der sich die Fans wieder identifizieren“, sagt Angerer, dem das neu gewonnene „Wir-Gefühl“so sehr gefiel, dass er auch in der neuen Saison weitermachte, allerdings nicht mehr allein. Zur Unterstützung holte er sich Ayyoub Mohssin ins Boot, der schon früher in Nähermemmingen gespielt und gerade die Trainerlaufbahn eingeschlagen hatte. „Wir schwimmen auf einer Wellenlänge“, spricht Angerer von einer sehr guten Zusammenarbeit mit dem Marokkaner.
Ein weiterer Afrikaner bereitet dem Trainer-Duo gerade viel Freude. Daniel Agyemang, vor zwei Jahren als jugendlicher Asylbewerber aus Ghana zur B-Jugend des Vereins gestoßen, hat bereits zehn Saisontore erzielt. „Eine richtige Rakete“sagt Angerer zur Schnelligkeit seines erfolgreichsten Stürmers. Damit die Integration auch gelingt, helfe man dem inzwischen 19-Jährigen beim Deutschlernen und bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz.
Eine schöne Momentaufnahme ist, dass die ersten Vier der A-Klassen-Tabelle am Sonntag unter sich sind: Spitzenreiter Mönchsdeggingen (16 Punkte) erwartet den BC Huisheim (15), der Dritte SC Nähermemmingen-Baldingen (15 Punkte bei einem Spiel weniger) trifft auf den Tabellenzweiten FC Marxheim/Gansheim (16). Gute Gelegenheiten, sich erneut für die „Elf der Woche“zu empfehlen.