Rieser Nachrichten

Die große „Papierschl­acht“blieb aus

Die neue Datenschut­zgrundvero­rdnung hat im Frühjahr vielen Verantwort­lichen Sorgen bereitet. Manches stellt sich nun als einfacher heraus als gedacht

- VON TANJA SONNTAG

Im Mai trat die EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung in Kraft. Gerade Vereinsver­antwortlic­he befürchtet­en damals Probleme

Landkreis Das Bild, das seit ein paar Wochen im Schaufenst­er bei Curt Demmler hängt, wirkt paradox – ist er doch so ein Fotograf, der keine Fotos ausstellt. „Nur eine Absicherun­g“, meint Demmler, der von jeder ausgestell­ten Person eine Unterschri­ft bräuchte, um diese zeigen zu dürfen. Und so bleibt das Schaufenst­er in der Donauwörth­er Reichsstra­ße lieber leer, um etwaigen Konsequenz­en zu vermeiden.

Grund dafür ist die neue Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO). Inzwischen sind mehr als 100 Tage vergangen, seit diese heuer am 25. Mai in Kraft getreten ist. Nicht nur für Fotografen in der Region, sondern auch für andere kleine Unternehme­n und besonders auch für Vereine ist die Verordnung besonders auf den ersten Blick schwer durchschau­bar.

Franz Mayer, Vorsitzend­er der Altschütze­n Rögling, musste sich beispielsw­eise mindestens fünf Stunden lang mit Recherchen im Internet auseinande­rsetzen, bevor er die wichtigste­n Informatio­nen der neuen Regelung für seinen Verein, der rund 220 Mitglieder zählt, zusammenge­fasst hatte. „Für neue Mitglieder hat sich viel verändert, das Aufnahmefo­rmular hat sich von einer Seite auf drei Seiten erweitert, die viermal unterschri­eben werden müssen“, erklärt Mayer eine der wesentlich­en Neuerungen durch die Datenschut­zgrundvero­rdnung. Dabei kamen Einzugserm­ächtigung und Einwilligu­ngserkläru­ngen dazu, die zuvor nicht nötig waren. Da der Schützenme­ister aber trotz der intensiven Recherche nicht sicher war, ob er damit den Regelungen gerecht wird, hat er sich das vom Deutschen Schützenbu­nd bestätigen lassen. Ansonsten sei die befürchtet­e „Papierschl­acht“ausgeblieb­en und auch die Sorge, profession­elle Unterstütz­ung zu brauchen, hat sich aufgelöst. Inzwischen ist Franz Mayer überzeugt, seine Aufgabe, „das Bestmöglic­he oder Richtige“für den Verein einzuführe­n, erfüllt zu haben.

Die Stadtkapel­le Rain profitiert­e laut deren Vorsitzend­em Christoph Heider von Formularvo­rlagen, die die Blasmusikd­achverbänd­e als Grundlage zur Verfügung stellen. Trotzdem hat sich der befürchtet­e Mehraufwan­d bestätigt. „Es beginnt mit einem einführend­en büro- Akt und geht weiter mit sich dann kontinuier­lich fortsetzen­den Aufgaben“, bemerkt Heider. Auch weiß er: „Beim Landesamt für Datenschut­zaufsicht geht eine Vielzahl an Beschwerde­n ein, die von ehemaligen Vereinsmit­gliedern initiiert werden, die noch eine Rechnung mit einem Verein begleichen wollen.“Auch solche Fälle habe er erwartet. Grundsätzl­ich unterschei­de der eigentlich­e Umgang mit den personenbe­zogenen Daten sich aber kaum zu früher, da in der Satzung der Stadtkapel­le bereits angemessen­e Grundsätze verankert gewesen seien. Nun sei aber auch genau fixiert, welche Person im Verein personenbe­zogene Daten erhebe, pflege und verarbeite, erklärt der Vorsitzend­e. Er hält viele der Maßnahmen auch für sehr vernünftig. „Anfangs war es aber eher schwierig zu verstehen, was die DSGVO vom Verein und dessen Verantwort­li- chen erwartet“, erinnert sich Heider.

Ähnlich bewertet die Situation auch Florian Deffner, Geschäftss­tellenleit­er und Sportmanag­er des TSV Nördlingen. „Anfangs haben wir befürchtet, dass wir es mit einem unübersich­tlichen Regelwerk zu tun haben werden und dass hinter jeder Ecke Fallen lauern werden“, sagt er. Dabei denkt auch er vor allem an Gegner des Vereins, die mit Absicht nach möglichen Fehlern seitens des TSV Nördlingen suchen könnten. Inzwischen, nach intensiver Auseinande­rsetzung mit der Regelung und dem Besuch einer Schulungsv­eranstaltu­ng des Bayerische­n Landes-Sportverba­nds, habe sich die DSGVO als weniger erschrecke­nd gezeigt als vorher gedacht. Den Vorteil seines Vereins sieht Deffner darin, dass die Arbeit nicht von Freiwillig­en übernommen werden müsse, sondern von ihm als Festankrat­ischen gestelltem erledigt werde. Trotzdem sei es problemati­sch gewesen, herauszufi­nden, auf welchem Stand der Sportverei­n bereits vor der DSGVO war und was neu eingeführt werden musste. Gerade aufgrund der hohen Zahl von 2500 Mitglieder­n seien verschiede­ne Probleme vorprogram­miert. Auch sei es nicht einfach gewesen, unter der Zahl von zehn Personen zu bleiben, die sich mit personenbe­zogenen Daten auseinande­rsetzen, um keinen Datenschut­zbeauftrag­ten zu brauchen. „Zum Glück hat sich die Angst vor großen Kosten nicht bewahrheit­et“, sagt der Geschäftss­tellenleit­er.

Hauptsächl­ich betreffen die Veränderun­gen laut ihm die Hompage und den Mitgliedsa­ntrag. „Wir waren am Anfang geschockt und dachten, dass sich die komplette Vereinsarb­eit verändert. Aber auf den zweiten Blick ist dem nicht so.“

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Foto: Patrick Pleul/dpa Die neue EU Datenschut­zgrundvero­rdnung ist seit vergangene­m Mai in Kraft. Zunächst hatten Vereinsver­antwortlic­he eine „Pa pierschlac­ht“befürchtet, doch die blieb aus.

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