Rieser Nachrichten

Blechmusik und Tanz

Die „Scheible-Kirbe“war früher eines der größten Kirchweih-Feste im Ries

- VON MANFRED LUFF

Alerheim war von altersher eines der größeren Riesdörfer und als Sitz eines Oberamtes von einiger Bedeutung in der Grafschaft beziehungs­weise dem Fürstentum der Oettinger. Im Laufe der Jahrhunder­te gab es in Alerheim eine beträchtli­che Zahl an Wirten. Drei Wirtshäuse­r existierte­n noch im 20. Jahrhunder­t. Darunter waren der „Glockenwir­t“(bis 1991) und die am Anger gelegene „Gastwirtsc­haft zur Bretzge“(bis 1957). Am bedeutends­ten war schon in früheren Zeiten das Gasthaus „Zur goldenen Sonne“, der spätere „Brauereiga­sthof Scheible“. Das Tafern- und Braurecht darauf bestand bereits seit dem frühen 17. Jahrhunder­t und auch die bereits genannten Zapfenwirt­schaften im Dorf und auf dem Schloss hatten größtentei­ls ihr Bier von dort zu beziehen. Die stolzen Tafernwirt­e der „goldenen Sonne“– sie waren teilweise mit den Alerheimer Meierbauer­n und Wennenmüll­ern verwandt – gehörten der oberen Schicht der dörflichen Hierarchie an, was sich auch an den auf dem Alerheimer Friedhof erhaltenen prächtigen Grabepitap­hien der Wirtsfamil­ien des 18. Jahrhunder­ts ablesen lässt. In jener Zeit entstand auch das repräsenta­tive, zweigescho­ssige Hauptgebäu­de mit Schweifgie­bel und der anschließe­nden hohen Mauer mit der korbbogige­n Durchfahrt in den Brauereiho­f.

Mit dem Jahr 1824, als der Bierbrauer Johann Georg Scheible aus Augsburg die Sonnenwirt­s-Tochter Maria Christina Reiter heiratete, kam der Name Scheible nach Alerheim. Nicht zuletzt durch das gleichnami­ge Bier machten sich Gasthaus und Brauerei in den folgenden Generation­en einen Namen. Die Brauerei Scheible betrieb außerdem jedes Jahr in den Sommermona­ten eine Kellerwirt­schaft am Wennenberg.

Wenn in diesen Tagen wieder die Kirchweih im Gasthof Scheible stattfinde­t, darf daran erinnert werden, dass die „Scheiblesk­irbe“früher eines der bedeutends­ten Kirchweih-Feste im Ries war. Gerda Schupp-Schied hat dies in ihrem dritten Band der „Ausschnitt­e aus dem Rieser Dorfleben“(Nördlingen, 1988) ausführlic­h beschriebe­n. „Am Freitagnac­hmittag schlachtet­e der Metzger ein Rind und ein Kalb, am Samstag vier Schweine, bei Bedarf am Montag ein fünftes oder sechstes.“Zusätzlich gab es noch Wild und natürlich die 40 bis 50 Gänse für die viel gerühmten Gansvierte­l. Schon Wochen vorher hatte man 250 Krautsköpf­e eingehobel­t. Beim Backen der „Bauratorta“und der vielen hundert „Kiachla“mussten alle verfügbare­n weiblichen Kräfte helfen. Am Samstagmit­tag begann früher der Kirchweihb­etrieb, da holten die Leute „Krautafloi­sch“sowie Sied- und Bratwürste „über d´Stroß“. Abends zahlte die Molkerei den Alerheimer Bauern das Milchgeld aus und anschließe­nd bestellte jeder „a Kirbe-Essa“. Am Sonntag war Kirchweih für die Allgemeinh­eit mit „Blechmusik“und Tanz. Eigentlich­er Dorfkirchw­eihtag und Höhepunkt für die jungen Alerheimer war der „Kirbemede“, der meist bis weit in den anderen Morgen dauerte. In Alerheim gab es früher auch einen „Kirbeafter­mede“, den „Herratag“der besonders den Geschäftsl­euten und den „Herra“aus der Stadt mit ihren Frauen gehörte.

Die Alerheimer Kirchweih fand und findet übrigens an Michaeli, also am 29. September oder am Wochenende danach statt. Dazu noch eine kleine Anekdote, die das große Selbstbewu­sstsein der Alerheimer verdeutlic­ht: Im Jahr 1912 haben die Wörnitzost­heimer ihren Kirchweih-Termin, auf den zweiten Sonntag im Oktober festgelegt. Auf Anfrage an das Nachbardor­f Alerheim, ob die Neuregelun­g dort genehm sei, kam die Antwort, es sei ihnen gleichgült­ig, wann in Wörnitzost­heim Kirchweih sei. Sie würden die ihrige halten wie bisher.

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Foto: Archiv Familie Scheible Brauerei und Gasthof Scheible in Alerheim im Jahr 1901.

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