Künstler fordern Unterstützung
Ausstellung In der Alten Schranne zeigen acht Rieser ihre Sicht auf die Stadt Nördlingen. Bei der Vernissage bezieht Professor Wolfgang Mussgnug klar Stellung
Nördlingen Vorweg: Es ist eine schöne Ausstellung, es ist eine bedeutende Ausstellung und es ist der Blick von acht Rieser Künstlern. Erwachsen aus der Idee des Künstlerstammtisches, haben sich die Kunstschaffenden des Begriffes Heimat angenommen. Freilich distanziert, reflektiert. Sie nähern sich der Stadt eher auf Umwegen. Umwege, die Professor Wolfgang Mussgnug, bei dieser Vernissage der Sprecher unter ihnen, in seiner Begrüßungsrede auch sofort aufgriff: „Wir interpretieren die Geschichte und die Gegenwart unserer Stadt neu, wir stellen aktuelle Beziehungen her, verknüpfen bisher fremde Teile. Das sollte auch für die Verantwortlichen der Stadt gelten.“
Damit sprach er Nördlingens Oberbürgermeister Hermann Faul direkt an und forderte, Künstler genauso wert zu schätzen wie die Banken, die Landwirtschaft oder, aktuell, die Autoindustrie. Und er rief den Paragrafen 140 der Bayerischen Verfassung in Erinnerung, in dem steht, dass Kunst und Wissenschaft von Staat und Gemeinde zu fördern seien. Um dann zum Punkt zu kom- men: „Wir brauchen im Umgang mit Kunst und Kultur einen Wechsel, eine Veränderung. Ich darf Sie, Herr Oberbürgermeister, auffordern, den angestoßenen Dialog weiterzuführen, die kulturellen Ressourcen der Stadt zu nutzen. Es geht um eine Wahrnehmung und Akzeptanz der kreativ tätigen Bewohner der Stadt.“
Deutliche Worte, die Faul dazu veranlassten, vom Manuskript seiner Grußrede abzuweichen und et- was indigniert aufzuzählen, was die Stadt „ja schon tut“. Ohne allerdings über die Tatsache hinaus zu gehen, dass die Stadt die Alte Schranne samt Stellwänden und Helfer zur Verfügung gestellt und den Ausstellungskatalog (mit-)finanziert hat. Und dass es seit jeher ein großes kulturelles Erbe in der Stadt gebe und sich sehr wohl viel und stetig zum Besseren wende. Auch dankte er der Initiative der Künstler ausdrücklich.
Fast wäre unter dem Hin und Her zwischen Künstlerprovokation und Politikerreplik die Vernissage selbst aus dem Fokus gerückt. Was allerdings doch noch gelang, auch weil die Kunsthistorikerin Dr. Sabine Heilig klug, informativ und unterhaltsam in die Ausstellung einführte. Sie stellte alle acht Künstler einzeln vor und konstatierte, wer Postkartenidylle und hübsche Stadtansichten erwartet habe, werde hier sicherlich enttäuscht werden. Denn Kunst, so Heilig, bedeute immer Transformation, Übersetzung. „Bildende Kunst ist ein Medium der Mitteilung, in dem sich Gegenwart und Vergangenheit begegnen. Und zeitgenössisches Kunstschaffen heißt immer Mehrdeutigkeit statt Eindeutigkeit.“
So gesehen, ist die kleine Auseinandersetzung zu Beginn hoffentlich auch der Beginn eines neuen Dialoges, der neue Perspektiven eröffnet. Perspektiven, die die zahlreichen Besucher der Vernissage schon genießen konnten. Es lohnt sich sehr, Nördlingen in der Alten Schranne im „Fokus einer Ausstellung“zu betrachten. Die Möglichkeit dazu besteht noch an den beiden kommenden Wochenenden.