Rieser Nachrichten

Mord im Konsulat?

Türkei Saudi-Killerkomm­ando soll Journalist­en in Istanbul in Falle gelockt und zerstückel­t haben

- VON THOMAS SEIBERT

Istanbul Dschemal Kaschoggi war gewarnt, als er ins saudi-arabische Konsulat in Istanbul ging. Freunde rieten ihm ab, sich in den Machtberei­ch von Kronprinz Mohammed bin Salman zu begeben, vor dem er vergangene­s Jahr in die USA geflohen war. Der 59-jährige Journalist, der unter anderem für die Washington Post

schrieb und die Politik des Kronprinze­n kritisiert hatte, wollte sich im Konsulat die nötigen Papiere besorgen, um seine türkische Partnerin Hatice Cengiz heiraten zu können. Cengiz wartete vor den Toren des Konsulats vergeblich auf die Rückkehr ihres Verlobten.

Knapp eine Woche nach dem Verschwind­en des Journalist­en Dschemal Kaschoggi in Istanbul will die türkische Polizei sichere Hinweise darauf haben, dass Kaschoggi im saudischen Konsulat am Bosporus getötet wurde. Ein eigens für nur diesen Tag aus Saudi-Arabien eingereist­es Killerkomm­ando soll den prominente­n saudischen Regierungs­kritiker im Konsulat ermordet haben.

Kaschoggi habe das Konsulat am Dienstag um 13.12 Uhr Ortszeit betreten und sei danach nicht wieder gesehen werden, zitierte die amtliche Nachrichte­nagentur Anadolu türkische Polizeikre­ise. Während Kaschoggi im Konsulat war, traf laut Anadolu ein 15 Männer zählendes Team aus Saudi-Arabien in zwei Flugzeugen in Istanbul ein und besuchte die Vertretung. Kurz darauf hätten die Saudis die Türkei wieder verlassen. Die regierungs­nahe türkische Zeitung Sabah berichtete, Kaschoggi sei im Konsulat ermordet und seine Leiche dann aus dem Gebäude geschafft worden. Berichten zufolge könnte Kaschoggis Leiche zerteilt und auf mehrere Koffer verteilt worden sein, die dann als diplomatis­ches Gepäck außer Landes geschafft wurden.

Die Tatsache, dass die türkischen Behörden diese Meldungen unwiderspr­ochen durchsicke­rn ließen, weist darauf hin, dass auch die Regierung in Ankara von einem Mord ausgeht. Die türkisch-saudischen Beziehunge­n sind seit langem angespannt, unter anderem wegen der türkischen Unterstütz­ung für die Muslim-Bruderscha­ft, die von Riad als Terrorgrup­pe verfolgt wird.

Das saudische Konsulat wies die Vorwürfe zurück, und betonte, dass Kaschoggi das Gebäude verlassen habe. Es bot der türkischen Polizei eine Durchsuchu­ng der Räume an.

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Dschemal Kaschoggi

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