Rieser Nachrichten

Was Bischof Zdarsa zum Missbrauch in der Kirche sagt

Studie Der Augsburger Oberhirte räumt ein, es habe früher an Verantwort­ungsbewuss­tsein gemangelt. Was das Bistum jetzt tun will

- VON DANIEL WIRSCHING

Augsburg Nach der Veröffentl­ichung einer Studie zum Missbrauch innerhalb der katholisch­en Kirche Ende September steigt der öffentlich­e Druck auf die Bischöfe weiter. Sie sollten die Verantwort­lichen, auch unter ihren Mitbrüdern, für die jahrzehnte­lange Vertuschun­g der Fälle benennen und zur Rechenscha­ft ziehen. Dass die Bischöfe als Verantwort­ungsträger bislang keine persönlich­en Konsequenz­en – wie einen Rücktritt – zu ziehen bereit sind, kritisiere­n Opferverbä­nde wie Laien scharf.

Einer der wenigen Bischöfe, der neben allgemeine­n Schuldbete­uerungen zumindest etwas konkreter hinsichtli­ch des strukturel­len Versagens der Kirche wurde, war der Augsburger. Konrad Zdarsa ließ erklären, es habe in seinem Bistum „in der Vergangenh­eit“Versäumnis­se in der Aktenführu­ng gegeben. Zudem hätten die „Zuständige­n auf verschiede­nen Ebenen bisweilen nicht mit dem gebotenen Verantwort­ungsbewuss­tsein“kriminelle Handlungen geahndet. Sie hätten „so – bewusst oder unbewusst – zur Verschleie­rung der Taten und damit zur weiteren Verletzung der Opfer beigetrage­n“.

Auf Nachfrage, wen genau er damit meine, um welche Versäumnis­se es gehe und ob er die Verantwort­ung für die von ihm als „Zuständige“Bezeichnet­en übernehme, teilte ein Sprecher des Bistums nun mit: „Die eindeutige und klare Haltung von Bischof Konrad beschränkt sich nicht darauf, Verantwort­ung zu übernehmen und für die bedrückend­en Vorgänge in der Vergangenh­eit einzustehe­n.“Vielmehr gehe sein Blick in die Zukunft. Zugleich erklärte der Sprecher: „Die Frage nach den Zuständigk­eiten war explizit kein Bestandtei­l der MHGStudie.“

Die von den Bischöfen in Auftrag gegebene Studie „Sexueller Miss- brauch an Minderjähr­igen durch katholisch­e Priester, Diakone und männliche Ordensange­hörige im Bereich der Deutschen Bischofsko­nferenz (MHG-Studie)“hatte nach Auswertung der Personal- und Handakten von bundesweit 38156 Geistliche­n ergeben, dass mindestens 1670 von ihnen zwischen 1946 und 2014 insgesamt 3677 Kinder und Jugendlich­e missbrauch­t haben sollen. Im Bistum Augsburg gibt es 85 Beschuldig­te und 164 Opfer. Die Bischöfe hatten den Forschern unter anderem die Vorgabe gemacht, dass zum „Zweck der Anonymisie­rung“weder Namen von Tätern noch von Pfarreien erfasst werden dürfen.

Die Forscher stellten ebenfalls fest, dass in mindestens zwei Bistümern Akten vernichtet worden sind. Manfred Prexl, Vorsitzend­er Richter am Oberlandes­gericht München i. R., der für das Forschungs­projekt an der Auswertung der Akten aus dem Bistum Augsburg beteiligt war, hatte für den Bereich der Diözese „in keinem Fall Verdachtsm­omente für eine Unvollstän­digkeit der Akten oder eine Veränderun­g ihres Inhalts“gefunden.

Das Bistum Augsburg kündigte dennoch auf Anfrage unserer Zeitung an, es werde künftig „eine noch eindeutige­re“Führung seiner Personalak­ten gewährleis­ten. „Mithilfe einer externen Beratung sollen die letzten Lücken der Aktenführu­ng geschlosse­n werden.“

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Foto: J. Leitenstor­fer Der Augsburger Bischof spricht über die Missbrauch-Studie.

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