Immer mehr ausländische Beschäftigte
Statistik Die Zahl der rumänischen und bulgarischen Arbeiter im Landkreis hat sich seit 2010 verzehnfacht. Warum es so schwierig ist, heimische Arbeitnehmer zu finden und immer mehr in Teilzeit arbeiten
Landkreis Im Landkreis gehen so viele Menschen wie nie zuvor einer Arbeit nach und zahlen in die Sozialkassen des Staates ein. Dass sich deren Zahl noch einmal um 2200 auf fast 62000 gegenüber dem Vorjahr erhöht hat, überrascht angesichts der sehr niedrigen Arbeitslosigkeit von aktuell 1,6 Prozent und der Klagen vieler Unternehmen, dass es schwer sei, Fachkräfte zu bekommen. Erschwerend hinzu kommt, dass auch die umliegenden Landkreise ähnliche Arbeitslosenquoten haben. Laut Statistik ist Vollbeschäftigung erreicht, wenn drei Prozent oder weniger der Menschen arbeitslos sind. Kontinuierlich unter diesem Wert liegt der Donau-RiesKreis seit Februar 2011.
Getragen werde der Aufschwung vor allem vom Zuzug aus dem Ausland, sagt Werner Möritz, Chef der Arbeitsagentur Donauwörth. Allen voran handelt es sich dabei um Rumänen und Polen, zunehmend beobachte seine Behörde aber auch, dass mehr Bulgaren und Ungarn wegen eines Jobs in den Landkreis kommen. Allein die Zahl der Mitarbeiter aus Bulgarien und Rumänien ist seit dem Jahr 2010 von 400 auf 4000 angestiegen. Im März dieses Jahres waren es 6700 Ausländer, die in die Sozialkassen einzahlten. Ein Jahr zuvor waren es noch 700 weniger. Die Arbeitsagentur erfasst die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten jedes Jahr zum Stichtag 31. März und kommuniziert diese Ende September.
Besonders häufig kommen die Ausländer im Logistikbereich unter. Die Nachfrage in der Branche sei „extrem hoch“, so Möritz. Was auch auffalle: „Viele EU-Bürger haben ein Sprachniveau in Deutsch, mit dem sie auf der Arbeit und beim Einkaufen durchkommen, dass ihnen aber keinen beruflichen Aufstieg ermöglicht“, so der Agenturchef. Seine Behörde und das Landratsamt versuchten seit einiger Zeit, mit einem neuen Programm gegenzusteuern. Es sei aber „nicht einfach“, an diese Menschen heranzukommen und sie von der Teilnahme zu überzeugen. Ziel der Arbeitsagentur und des Landkreises ist es, durch dieses Programm neue Fachkräfte zu gewinnen, die die Wirtschaft dringend benötige. Durch die würden dann wieder Helferstellen frei.
Es gibt bei der Arbeitsagentur auch das sogenannte „Wegebau“Programm, bei dem Firmen die Weiterbildung zur Fachkraft finanzieren. Es werde aber noch zu wenig abgerufen, so Möritz. Die Auftragsbücher vieler Firmen seien so voll, dass sie kein Personal abstellen könnten oder wollten. Wie weit die Schere beim Fachpersonal auseinandergeht, zeigt sich auch beim Blick in die Statistik. Demnach sind mehr als 67 Prozent der Stellenangebote im Agenturbezirk für Fachkräfte, aber nur 46 Prozent der Jobsuchenden fallen laut Möritz in diese Kategorie. Anders sehe die Situation bei den Helfern aus. Hier sind es 18 Prozent der Stellen und 35 Prozent der Arbeitssuchenden. Die restlichen Anteile entfallen unter anderem auf Arbeitnehmer, die bei der Agentur als Spezialisten oder Ex- perten in der Statistik zu finden sind.
Einheimische Mitarbeiter zu finden, ist derweil sehr schwierig geworden. Der hiesige Markt ist laut Möritz „ausgereizt“. Wer jetzt keinen Job habe, bei dem kämen meist mehrere Probleme zusammen, die eine Vermittlung erschwerten, sagt er. „Das fängt an bei fehlenden Qualifikationen und gesundheitlichen Einschränkungen, geht weiter über das hohe Alter bis hin zu Faktoren wie der Immobilität. Wer keinen Führerschein hat und beispielsweise am Riesrand zwischen Oettingen und Fremdingen wohnt, bei dem fallen wegen der Lücken im öffentlichen Verkehrsnetz alle Firmen mit etwas ungewöhnlicheren Anfangszeiten schon mal weg.“
Unter bestimmten Voraussetzungen finanziert die Arbeitsagentur diesen Menschen auch den Führerschein. Auch sonst nehme die BehörQualifizierung de viel Geld in die Hand, um bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu helfen. So werde zunächst ein berufspsychologisches Gutachten erstellt, in dem geprüft werde, welche Kompetenzen beim Rechnen oder Schreiben noch vorhanden sind, obwohl die Schulzeit schon lange zurückliegt. Ein weiteres Instrument, das die Behörde nutzt, ist die sogenannte Teilqualifikation. Dabei werden die Arbeitssuchenden auf einen Stand gebracht, dass sie einsetzbar sind. Laut Möritz sei dies aber auch nicht in allen Branchen machbar. „Die Elektroberufe sind sehr anspruchsvoll. Da werden nur Fachkräfte gesucht mit guten Kenntnissen in Mathematik und Physik.“
Was bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten auch auffällt, ist, dass die Zahl der Menschen, die in Teilzeit tätig sind, stark zugenommen hat. Im Landkreis sind derzeit 12 400 Personen in einem solchen Arbeitsverhältnis angestellt, über 2000 mehr als noch vor fünf Jahren. „Es schwingt bei dem Thema immer unterschwellig mit, dass diese Personen wenig arbeiten und einen entsprechend geringen Verdienst haben. Wer 30 oder 35 Stunden in der Woche arbeitet, gilt aber auch als Teilzeitkraft“, ordnet der Agenturchef die Zahlen ein.
Hier macht sich auch bemerkbar, dass Mütter inzwischen schneller wieder in den Beruf einsteigen, wie auch eine kürzlich vorgestellte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt. Danach wuchs der Anteil der erwerbstätigen Mütter im zweiten Lebensjahr des Kindes von 34,6 Prozent im Jahr 2006 auf 44 Prozent 2017. Im dritten Lebensjahr waren 2006 44,1 Prozent der Mütter erwerbstätig, im vergangenen Jahr 60,1 Prozent. Diese Entwicklung führen die Forscher auf das Elterngeld und den Kitaausbau zurück.