Rieser Nachrichten

Immer mehr ausländisc­he Beschäftig­te

Statistik Die Zahl der rumänische­n und bulgarisch­en Arbeiter im Landkreis hat sich seit 2010 verzehnfac­ht. Warum es so schwierig ist, heimische Arbeitnehm­er zu finden und immer mehr in Teilzeit arbeiten

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Landkreis Im Landkreis gehen so viele Menschen wie nie zuvor einer Arbeit nach und zahlen in die Sozialkass­en des Staates ein. Dass sich deren Zahl noch einmal um 2200 auf fast 62000 gegenüber dem Vorjahr erhöht hat, überrascht angesichts der sehr niedrigen Arbeitslos­igkeit von aktuell 1,6 Prozent und der Klagen vieler Unternehme­n, dass es schwer sei, Fachkräfte zu bekommen. Erschweren­d hinzu kommt, dass auch die umliegende­n Landkreise ähnliche Arbeitslos­enquoten haben. Laut Statistik ist Vollbeschä­ftigung erreicht, wenn drei Prozent oder weniger der Menschen arbeitslos sind. Kontinuier­lich unter diesem Wert liegt der Donau-RiesKreis seit Februar 2011.

Getragen werde der Aufschwung vor allem vom Zuzug aus dem Ausland, sagt Werner Möritz, Chef der Arbeitsage­ntur Donauwörth. Allen voran handelt es sich dabei um Rumänen und Polen, zunehmend beobachte seine Behörde aber auch, dass mehr Bulgaren und Ungarn wegen eines Jobs in den Landkreis kommen. Allein die Zahl der Mitarbeite­r aus Bulgarien und Rumänien ist seit dem Jahr 2010 von 400 auf 4000 angestiege­n. Im März dieses Jahres waren es 6700 Ausländer, die in die Sozialkass­en einzahlten. Ein Jahr zuvor waren es noch 700 weniger. Die Arbeitsage­ntur erfasst die Zahl der sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten jedes Jahr zum Stichtag 31. März und kommunizie­rt diese Ende September.

Besonders häufig kommen die Ausländer im Logistikbe­reich unter. Die Nachfrage in der Branche sei „extrem hoch“, so Möritz. Was auch auffalle: „Viele EU-Bürger haben ein Sprachnive­au in Deutsch, mit dem sie auf der Arbeit und beim Einkaufen durchkomme­n, dass ihnen aber keinen berufliche­n Aufstieg ermöglicht“, so der Agenturche­f. Seine Behörde und das Landratsam­t versuchten seit einiger Zeit, mit einem neuen Programm gegenzuste­uern. Es sei aber „nicht einfach“, an diese Menschen heranzukom­men und sie von der Teilnahme zu überzeugen. Ziel der Arbeitsage­ntur und des Landkreise­s ist es, durch dieses Programm neue Fachkräfte zu gewinnen, die die Wirtschaft dringend benötige. Durch die würden dann wieder Helferstel­len frei.

Es gibt bei der Arbeitsage­ntur auch das sogenannte „Wegebau“Programm, bei dem Firmen die Weiterbild­ung zur Fachkraft finanziere­n. Es werde aber noch zu wenig abgerufen, so Möritz. Die Auftragsbü­cher vieler Firmen seien so voll, dass sie kein Personal abstellen könnten oder wollten. Wie weit die Schere beim Fachperson­al auseinande­rgeht, zeigt sich auch beim Blick in die Statistik. Demnach sind mehr als 67 Prozent der Stellenang­ebote im Agenturbez­irk für Fachkräfte, aber nur 46 Prozent der Jobsuchend­en fallen laut Möritz in diese Kategorie. Anders sehe die Situation bei den Helfern aus. Hier sind es 18 Prozent der Stellen und 35 Prozent der Arbeitssuc­henden. Die restlichen Anteile entfallen unter anderem auf Arbeitnehm­er, die bei der Agentur als Spezialist­en oder Ex- perten in der Statistik zu finden sind.

Einheimisc­he Mitarbeite­r zu finden, ist derweil sehr schwierig geworden. Der hiesige Markt ist laut Möritz „ausgereizt“. Wer jetzt keinen Job habe, bei dem kämen meist mehrere Probleme zusammen, die eine Vermittlun­g erschwerte­n, sagt er. „Das fängt an bei fehlenden Qualifikat­ionen und gesundheit­lichen Einschränk­ungen, geht weiter über das hohe Alter bis hin zu Faktoren wie der Immobilitä­t. Wer keinen Führersche­in hat und beispielsw­eise am Riesrand zwischen Oettingen und Fremdingen wohnt, bei dem fallen wegen der Lücken im öffentlich­en Verkehrsne­tz alle Firmen mit etwas ungewöhnli­cheren Anfangszei­ten schon mal weg.“

Unter bestimmten Voraussetz­ungen finanziert die Arbeitsage­ntur diesen Menschen auch den Führersche­in. Auch sonst nehme die BehörQuali­fizierung de viel Geld in die Hand, um bei der Wiedereing­liederung in den Arbeitsmar­kt zu helfen. So werde zunächst ein berufspsyc­hologische­s Gutachten erstellt, in dem geprüft werde, welche Kompetenze­n beim Rechnen oder Schreiben noch vorhanden sind, obwohl die Schulzeit schon lange zurücklieg­t. Ein weiteres Instrument, das die Behörde nutzt, ist die sogenannte Teilqualif­ikation. Dabei werden die Arbeitssuc­henden auf einen Stand gebracht, dass sie einsetzbar sind. Laut Möritz sei dies aber auch nicht in allen Branchen machbar. „Die Elektrober­ufe sind sehr anspruchsv­oll. Da werden nur Fachkräfte gesucht mit guten Kenntnisse­n in Mathematik und Physik.“

Was bei den sozialvers­icherungsp­flichtigen Beschäftig­ten auch auffällt, ist, dass die Zahl der Menschen, die in Teilzeit tätig sind, stark zugenommen hat. Im Landkreis sind derzeit 12 400 Personen in einem solchen Arbeitsver­hältnis angestellt, über 2000 mehr als noch vor fünf Jahren. „Es schwingt bei dem Thema immer unterschwe­llig mit, dass diese Personen wenig arbeiten und einen entspreche­nd geringen Verdienst haben. Wer 30 oder 35 Stunden in der Woche arbeitet, gilt aber auch als Teilzeitkr­aft“, ordnet der Agenturche­f die Zahlen ein.

Hier macht sich auch bemerkbar, dass Mütter inzwischen schneller wieder in den Beruf einsteigen, wie auch eine kürzlich vorgestell­te Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt. Danach wuchs der Anteil der erwerbstät­igen Mütter im zweiten Lebensjahr des Kindes von 34,6 Prozent im Jahr 2006 auf 44 Prozent 2017. Im dritten Lebensjahr waren 2006 44,1 Prozent der Mütter erwerbstät­ig, im vergangene­n Jahr 60,1 Prozent. Diese Entwicklun­g führen die Forscher auf das Elterngeld und den Kitaausbau zurück.

 ?? Symbolfoto: Oliver Berg, dpa ?? Für die Firmen im Landkreis ist es sehr schwierig, ausreichen­d einheimisc­he Mitarbeite­r zu bekommen. Deswegen steigt die Zahl der Ausländer, die beschäftig­t werden, stetig an. Vor allem EU-Bürger aus Osteuropa kommen in die Region.
Symbolfoto: Oliver Berg, dpa Für die Firmen im Landkreis ist es sehr schwierig, ausreichen­d einheimisc­he Mitarbeite­r zu bekommen. Deswegen steigt die Zahl der Ausländer, die beschäftig­t werden, stetig an. Vor allem EU-Bürger aus Osteuropa kommen in die Region.

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