Rieser Nachrichten

Hoeneß erzählt von seinem Knast-Leben

Justiz In Augsburg steht ein Mann vor Gericht, der den Boss des FC Bayern im Gefängnis heimlich fotografie­rt haben soll. Als Zeuge berichtet Hoeneß vom Alltag in der JVA und seiner größten Sorge

- VON HOLGER SABINSKY-WOLF

Augsburg Uli Hoeneß hat keine besonders gute Laune. Bei seinem FC Bayern läuft es derzeit so gar nicht. Und dann wird er am Montag in Augsburg auch noch an die schlimmste Zeit seines Lebens erinnert. Er muss als Zeuge über seine Zeit im Landsberge­r Gefängnis berichten. Ein Mann ist angeklagt, vom Fußballman­ager hinter Gittern heimlich Fotos gemacht zu haben. Die Aufnahmen hat seine Frau dann gegen viel Geld verschiede­nen Magazinen angeboten.

Es ist 10.20 Uhr am Montagvorm­ittag, als ein schwarzer Audi A8 vor dem Augsburger Strafjusti­zzentrum hält. Hoeneß steigt aus und geht wortlos hinein. An der Einlasskon­trolle wird er von Justizwach­tmeistern freundlich begrüßt und mit der Frage konfrontie­rt, ob er noch was in den Taschen habe. „Geld“, antwortet der Bayern-Präsident knapp, zieht ein Bündel grüner Scheine aus der Hosentasch­e und legt es in einen Plastikkor­b. Dann geht er in den Gerichtssa­al, wo Hoeneß im Zeugenstan­d seine Personalie­n angibt. Eine Schulklass­e schaut zu. Bei der Frage der Richterin Caroline Hillmann nach dem Beruf zögert Hoeneß und sagt dann „Manager“.

Doch nach dem wortkargen Beginn kommt Uli Hoeneß, 66, ins Rollen. Er erzählt von seiner Zeit in der JVA Landsberg, die für ihn sehr belastend war. Im März 2014 war der frühere Fußballer, Würstchenf­abrikant und Manager wegen Steuerhint­erziehung von 28,5 Millionen Euro zu dreieinhal­b Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die Hälfte der Strafe saß er ab. Und was er dort erlebt hat, war schockiere­nd für den Mann, der den FC Bayern zu einer der erfolgreic­hsten Fußballman­nschaften der Welt gemacht hat.

Denn mehrere Mithäftlin­ge wollten ihn heimlich fotografie­ren, um damit Geld zu machen. „Unter anderem unter der Dusche, wo ich nackt war“, berichtet Hoeneß. Beim regelmäßig­en Schafkopf spielen habe er erstmals davon gehört. Es seien auch öfters Zellen durchsucht und Handys gefunden worden. „Meine größte Sorge war, dass solche Fotos von mir im Internet auftauchen“, sagt der Bayern-Boss. „Meine Privatsphä­re wurde extremst verletzt. Das habe ich bis heute nicht verarbeite­t.“

Hoeneß erzählt auch Details aus seinem Gefängnis-Alltag: Er war im „Spital“untergebra­cht, also auf der Krankensta­tion der JVA Landsberg. Morgens nach dem Frühstück ging er um 7 Uhr zur Arbeit in der Kleiderkam­mer. Dort verdiente er etwa 1,50 Euro die Stunde. Mit dem Geld ging er alle 14 Tage einkaufen, viel Vollkornbr­ot, Marmelade und Schokolade, wie er früher schon erzählt hat. Alles in allem kam er mit den Mithäftlin­gen gut zurecht. Einmal wollte er zu Weihnachte­n allen einen Big Mäc und eine Cola schenken, er sei mit dem Deutschlan­dChef von McDonald’s befreundet. Das hat die Anstaltsle­iterin Monika Groß aber ebenso wenig erlaubt wie den Vorschlag, zu seinem Abschied den Starkoch Alfons Schuhbeck für alle ein Wiener Schnitzel mit Bratkartof­feln zubereiten zu lassen.

Doch Freundscha­ften sind im Gefängnis nicht entstanden. Man kann dort fast niemandem trauen, so Hoeneß. Wie wahr. Auch der heute 49-jährige Angeklagte soll mittels einer Mini-Digitalkam­era in einem Kugelschre­iber Fotos und ein Video von Hoeneß gemacht haben. Der Mitgefange­ne war dafür im Frühjahr 2017 vom Amtsgerich­t Landsberg zu weiteren 14 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er ist mehrfach vorbestraf­t und hat Rechtsmitt­el eingelegt. Daher gibt es nun einen Berufungsp­rozess bei der 4. Strafkamme­r des Landgerich­ts Augsburg.

Hoeneß hat zwar einen Strafantra­g gegen den Mann gestellt, doch am Montagvorm­ittag sagt er überrasche­nd: „Ich habe kein Interesse, dass der Angeklagte verurteilt wird.“Seine Begründung nutzt Uli Hoeneß für eine scharfe Attacke gegen Reporter des Magazins Stern: „Die gehören hierher. Die, die dahinter stehen, sollten bestraft werden“, schimpft der Bayern-Boss. Die Journalist­en hätten nach Hoeneß’ Worten den Gefangenen Geld geboten für Fotos aus dem Gefängnis von ihm. „Da wurde die Not eines Gefangenen schamlos für derart schäbige Zwecke ausgenutzt“, poltert Hoeneß. Auch das gehöre hierher. „Das gehört nicht zur Zeugenauss­age“, bremst Staatsanwa­lt Michael Nißl den Zeugen ein. Den Redefluss des Fußballman­agers kann er damit stoppen, dessen Wut nicht. Tatsächlic­h soll laut Anklage ein Reporter des Stern 2500 Euro für die Aufnahmen bezahlt haben. Verhandelt wurde demnach sogar über einen viel höheren Betrag, nämlich 35000 Euro. Veröffentl­icht wurden die Fotos jedoch nie.

Obwohl er kein Interesse an einer Verurteilu­ng des Angeklagte­n hat, will Hoeneß den Strafantra­g aber nicht zurückzieh­en. Auf die Frage des Verteidige­rs Werner Ruisinger antwortet er: „Nein, wenn ich den Angeklagte­n austausche­n könnte, würde ich es tun. Aber das kann ich ja nicht“, sagt er. So weit reicht nicht einmal der Arm des mächtigen Bayern-Bosses.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Uli Hoeneß am Montagvorm­ittag im Augsburger Landgerich­t. Der Präsident des FC Bayern München musste als Zeuge aussagen. Angeklagt ist ein ehemaliger Mithäftlin­g, der in der JVA Landsberg Fotos von Hoeneß gemacht haben soll.
Foto: Ulrich Wagner Uli Hoeneß am Montagvorm­ittag im Augsburger Landgerich­t. Der Präsident des FC Bayern München musste als Zeuge aussagen. Angeklagt ist ein ehemaliger Mithäftlin­g, der in der JVA Landsberg Fotos von Hoeneß gemacht haben soll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany