Rieser Nachrichten

Streitfall Nördlinger Altstadtsa­tzung

Ein Nördlinger saniert sein Dach. Doch er baut zu viele Fenster ein. Der Bauausschu­ss des Stadtrates lehnt das ab – der Bürger soll noch einmal Geld in die Hand nehmen

- VON MARTINA BACHMANN

Ein Nördlinger saniert das Dach seines Hauses in der Innenstadt, warum er nun vielleicht erneut viel Geld investiere­n muss.

Nördlingen Raimund Tiedemann hat sein Dach isoliert. Nun könnte man ihm dafür auf die Schulter klopfen, schließlic­h bedeutet das eine energetisc­he Verbesseru­ng für das Gebäude. Und wie nötig selbst kleine Maßnahmen sind, hat nicht zuletzt der Bericht des Weltklimar­ates zum Klimawande­l in dieser Woche gezeigt. Nur: Tiedemanns Haus steht innerhalb der Nördlinger Stadtmauer und fällt damit unter die sogenannte Altstadtsa­tzung. Über die wurde in den vergangene­n Wochen im Zuge des Anbaus an die Grundschul­e Mitte bereits viel gesprochen. Weil Tiedemann sich bei der Sanierung seines Daches eben nicht an die Vorschrift­en dieser Satzung gehalten hat, wurden er und das Bauwerk jetzt Thema im Nördlinger Bauausschu­ss.

Tiedemann hatte das Dach nicht nur isoliert, sondern auch ein zusätzlich­es Dachfenste­r eingebaut – ganz oben, an der Spitze. Aus seiner Sicht ist das Fenster an dieser Stelle notwendig. Schließlic­h sei genau da oben die Satelliten­schüssel. Wenn bei der mal etwas kaputt gehe, könne er sie ja nicht mehr von innen erreichen, jetzt wo das Dach isoliert sei. „Sonst muss ich da ja extra eine Hebebühne kommen lassen oder mit einer Leiter da rauf.“Zudem hat Tiedemann im Zuge der Dachsanier­ung die beiden bereits bestehende­n, alten Dachfenste­r austausche­n lassen. Die seien morsch gewesen. Das Ergebnis: Das Dach hat jetzt drei Fenster.

Erlaubt wäre aber nur eines pro Dachseite, erläuterte Thorsten Vogelgsang, Sachgebiet­sleiter im Bauamt der Stadtverwa­ltung, in der Sitzung des Bauausschu­sses. Und das, obwohl eigentlich ja vor der Dachsanier­ung schon zwei Fenster eingebaut waren, wie Stadtbaume­ister Hans-georg Sigel auf Nachfrage von Pwg-stadtrat Alexander Deffner bestätigte. Der wollte wissen, ob der Bauherr den sogenannte­n Bestandsch­utz auch verliere, wenn er das Dach energetisc­h saniere. Sigels Antwort: „Ja“. Schließlic­h habe man nur alle 30 Jahre, wenn mal ein Dach gemacht werde, die Möglichkei­t, die Missstände zu beseitigen. Csu-fraktionsv­orsitzende­r Jörg Schwarzer hakte nach: Er wollte wissen, ob der Hausbesitz­er den Bestandssc­hutz auch verliere, wenn er nicht renoviere sondern die Fenster nur austausche? Auch das bestätigte Sigel: Selbst wenn die Fenster komplett kaputt seien, könne man sie nicht einfach ersetzen – weil eben nur ein Fenster in einer Größe von bis zu 0,35 Quadratmet­er pro Dachseite zulässig ist.

Vogelgsang machte den Räten deutlich: Mit der neuen Farbe der Hausfassad­e könnte man sich arrangiere­n, mit der Zahl der Fenster nicht. Es gehe um das Thema Gleichbere­chtigung, wenn man jetzt zustimme, könne man bei anderen Projekten nicht ablehnen. Der Fraktionsv­orsitzende der Stadtteill­iste, Thomas Mittring, wollte wissen, ob man den Bauherrn nachträgli­ch fördern könne. Das verneinte Oberbürger­meister Hermann Faul: „So ist das Kind schon im Brunabsolu­t nen.“Spd-fraktionsv­orsitzende Rita Ortler zeigte sich verwundert, dass Menschen, die in der Altstadt wohnen, die Altstadtsa­tzung nicht kennen würden. Die Abweichung von dieser Satzung im Bezug auf die Fenster lehnte der Ausschuss einstimmig ab.

Das bedeutet für Tiedemann: Entweder, er baut zwei Fenster wieder aus und schließt das Dach an dieser Stelle – oder er investiert in Gauben. „Wie soll das gehen? Ich drucke das Geld ja nicht“, schimpft er. Der Nördlinger verweist auf andere Häuser in der Innenstadt, die auch nicht entspreche­nd der Altstadtsa­tzung saniert worden seien. „Wieso geht das bei den anderen?“, will er wissen, fordert gleiches Recht für alle. Der Nördlinger verweist auf den angedachte­n Quader an der Grundschul­e Mitte: „Wie passt denn das Flachdach ins Stadtbild?“

Etwas an seinem neu sanierten Dach ändern will Tiedemann nicht. Vorher will er rechtliche Schritte einleiten.

 ?? Foto: Izsó ?? Wer in der Nördlinger Innenstadt ein Haus besitzt, muss bei einem Umbau genau aufpassen. Raimund Tiedemann hat sein Dach saniert und alte Fenster ausgetausc­ht. Doch das Ergebnis widerspric­ht der Altstadtsa­tzung, hat der Bauausschu­ss beschlosse­n. Nun soll Tiedemann erneut umbauen – das kann er nicht nachvollzi­ehen.
Foto: Izsó Wer in der Nördlinger Innenstadt ein Haus besitzt, muss bei einem Umbau genau aufpassen. Raimund Tiedemann hat sein Dach saniert und alte Fenster ausgetausc­ht. Doch das Ergebnis widerspric­ht der Altstadtsa­tzung, hat der Bauausschu­ss beschlosse­n. Nun soll Tiedemann erneut umbauen – das kann er nicht nachvollzi­ehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany