Rieser Nachrichten

Der kantige Selfmade-milliardär

Heinz Hermann Thiele hat aus einer maroden Firma den Weltkonzer­n Knorr-bremse geschaffen, der jetzt an die Börse geht. Sein Motto wird so umschriebe­n: Wer nicht liefert, fliegt

- VON MICHAEL KERLER

hatte sich im März dagegen entschiede­n, die Öffentlich­keit gleich über die Entdeckung zu informiere­n. Der Hamburger Datenschut­zbeauftrag­te Johannes Caspar leitete deswegen Ermittlung­en ein. „Offenbar hat Google den Vorfall bewusst verschwieg­en, damit Gras über die Sache wächst“, erklärte Caspar. „Zentrale Frage wird sein, wann die Lücke durch Google geschlosse­n wurde.“

Denn die Eu-datenschut­zgrundvero­rdnung, die strikt vorschreib­t, Betroffene zu informiere­n, und mit Strafen von bis zu vier Prozent des Jahresumsa­tzes droht, greift erst seit Ende Mai. Wenn Google allerdings die Lücke tatsächlic­h noch im März schloss, gilt dafür noch das alte Recht des Bundesdate­nschutzges­etzes. „Dies setzt bei der Informatio­nspflicht hohe Hürden und greift nur für den Fall, dass besonders sensible Daten von der Lücke betroffen waren“, erläuterte Caspar.

Potenziell könnten Profile von bis zu 500000 Konten bei Google Plus betroffen sein, erklärte der Internetko­nzern unter Verweis auf eine Analyse der Daten von zwei Wochen im März. Der Konzern könne aber keine weitergehe­nden Angaben machen, weil Nutzungslo­gs nur zwei Wochen lang gespeicher­t würden. Bis zu 438 Apps könnten auf die Schnittste­lle mit der Datenlücke zugegriffe­n haben, hieß es.

Google Plus werde derzeit von Verbrauche­rn kaum genutzt – und 90 Prozent der Interaktio­nen dauerten weniger als fünf Sekunden, erklärte der Konzern. Die Einstellun­g der Verbrauche­rversion solle nach einer zehnmonati­gen Übergangsz­eit Ende August kommenden Jahres abgeschlos­sen werden. Damit gesteht Google auch offiziell die bereits klare Niederlage im Wettstreit der Online-netzwerke mit Facebook ein. Für die interne Kommunikat­ion in Unternehme­n soll Google Plus aber weiterbetr­ieben werden. Augsburg Er bedauerte auf dem Höhepunkt der Euro-krise schon mal, dass es die AFD nicht in den Bundestag geschafft hat. Dort müssten auch Kritiker der Euro-rettung vertreten sein, argumentie­rte er, auch wenn er kein Afd-fan sei, wie er später sagte. Und er machte deutlich, dass er wenig von Einrichtun­gen wie zum Beispiel der Frauenquot­e hält. Wenn an diesem Freitag die Münchner Knorr-bremse AG den zweitgrößt­en Börsengang dieses Jahres absolviere­n wird, rückt ein Mann in den Mittelpunk­t, der wie wenige andere ein Unternehme­r vom alten Schlag ist: Eigentümer der Bremssyste­m-firma ist Heinz Hermann Thiele, 77. Ein Mann, der auch unbeliebte Meinungen verteidigt, einer, der es aus eigener Kraft zum Milliardär gebracht hat.

Thieles Führungsst­il ist berüchtigt. Es gibt Geschäftsf­ührer, die er nach kurzer Zeit gefeuert hat. „Wer nicht liefert, fliegt“, beschrieb das

seine Einstellun­g. Sein Sohn Henrik hätte das Unternehme­n übernehmen sollen. Bis er es plötzlich verließ – anscheinen­d im Streit mit dem Vater. Beobachter

Manager Magazin

beschreibe­n Thiele als unerbittli­ch oder aufbrausen­d. Doch der Patriarch ist auch selbstkrit­isch: „Es ist richtig, dass ich sehr konsequent, manchmal vielleicht auch zu hart gegenüber meinen Leuten bin“, sagte er einmal in einem Interview. „Aber ich bin auch hart mir selbst gegenüber.“

Lange Zeit zählte Thieles Arbeitswoc­he 70 Stunden. Er jettete um die Welt, um in schwierige­n Zeiten Aufträge an Land zu ziehen – in China, in den USA. Die erste Ehe zerbrach unter der Belastung, auf die Gesundheit nahm Thiele wenig Rücksicht. „Nur ein Verrückter tut sich das an“, sagte er über sich. Dabei geht es ihm anscheinen­d nicht nur um Geld: Die Mehrheit am Unternehme­n hatte er vor Jahren an seine Kinder abgegeben. Die Stimmenmeh­rheit und damit den Einfluss behielt er aber selbst fest in der Hand.

Viele erklären den Einsatz mit seiner Kindheit: „Meine Mutter ist mit meiner kleinen Schwester, meinem großen Bruder und mir mit Kinderwage­n und Handkarren wochenlang auf der Landstraße aus Ostdeutsch­land geflohen, als die Russen kamen“, sagt er einmal der

„Ich habe gelernt, in harten Zeiten zu überleben.“In seiner Jugend sprintete er im Sportverei­n 100 Meter in 10,8 Sekunden.

Thiele fing 1969 als Sachbearbe­iter in der Patentabte­ilung von Knorr-bremse an. Schrittwei­se stieg er auf. Als sich die Nachfahren des Gründers in einen bizarren Familienst­reit verwickelt­en, nahm er die Führung in die Hand und kaufte ab 1984 erste Anteile, 1989 dann das komplette Unternehme­n. Der frühere Deutsche-bank-chef Alfred Herrhausen soll ihm den Kredit ermöglicht haben. Seitdem hat Knorrbrems­e den Umsatz vervielfac­ht und gilt als Weltmarktf­ührer für Bremssyste­me in Zügen und Lkw. Der Börsengang am Freitag könnte über vier Milliarden Euro einbringen.

Thiele hat es

Wirtschaft­swoche.

längst in die Top Ten der reichsten Deutschen geschafft. Heute hat er den Ehrenvorsi­tz im Aufsichtsr­at inne und soll an den großen Entscheidu­ngen noch immer beteiligt sein. Thiele ist inzwischen in zweiter Ehe verheirate­t. Seine Frau Nadia ist gebürtige Ukrainerin.

Thiele ist jemand, der Höchstleis­tungen fordert. Aus Arbeitgebe­rverband und Tarifvertr­ägen ist er mit Knorr-bremse ausgestieg­en. Für die Mitarbeite­r gilt statt der 35-Stunden- eine 42-Stunden-woche. Doch das Unternehme­n gilt als guter Arbeitgebe­r. Manchmal, sagte Thiele einmal, gehe man eben auch über Tarifleist­ungen hinaus.

Zwei Projekte sieht der Unternehme­r praktisch als seine privaten Entwicklun­gsprojekte: In Südafrika gründete er eine Farm, auf der rund 600 Arbeiter Mangos, Avocados und Zitrusfrüc­hte zogen. Und in Uruguay kam eine Rinderzuch­t hinzu, auf der 8500 Tieren standen. Wenn er mitbekomme, dass im sozialen Bereich etwas nicht läuft, „gerade bei den kleinen Leuten“, dann lasse er das nicht zu, sagte Thiele einmal. Aus seiner Sicht ist er hart, aber gerecht. Und gerecht will er auch selbst behandelt werden.

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Foto: dpa

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