Rieser Nachrichten

Streit unter Eisenmänne­rn

Sebastian Kienle und Patrick Lange gehören auf Hawaii zu den Favoriten – und sind sich spinnefein­d. Der Zwist wird kurz vor dem legendären Ironman in aller Öffentlich­keit gepflegt

- VON ANDREAS KORNES

Augsburg Kurz vor dem größten Rennen, dass es im Triathlon gibt, zoffen sich die beiden besten Deutschen in aller Öffentlich­keit. Am Samstagabe­nd unserer Zeit springen die besten Triathlete­n der Welt in den Pazifik vor der Küste von Big Island. Das ist die größte Insel des hawaiianis­chen Archipels und jedes Jahr Schauplatz einer der härtesten sportliche­n Herausford­erungen. Wer den Ironman dort gewinnt, darf sich Weltmeiste­r nennen, vor allem aber ist er Hawaii-sieger.

Patrick Lange und Sebastian Kienle haben schon auf Hawaii gewonnen – der eine im vergangene­n Jahr, der andere 2014. Ansonsten verbindet die beiden wenig. Das hat damit zu tun, dass sie eine ziemlich gegensätzl­iche Auffassung davon haben, wie eine Renntaktik aussehen soll. Es geht um Grundsätzl­iches. Kienle, ein guter Radfahrer, greift in einem Interview mit der

seinen Kontrahent­en frontal an. „Ich kann guten Gewissens behaupten, dass ich mit allen Profis gut auskomme, nur Doper und Leute, die ständig probieren, die Regeln maximal zu dehnen und oft auch

FAZ

überschrei­ten, bilden da die Ausnahme“, sagte er. Lange sei einer, der die Regeln maximal dehne. Stein des Anstoßes ist der Abstand, den die Triathlete­n beim Radfahren einhalten müssen. Zwölf Meter sind vorgeschri­eben, um den Effekt des Windschatt­enfahrens zu minimieren. Klebt ein Radler nur wenige Zentimeter hinter dem Rückrad seines Vordermann­s, spart das bis zu 25 Prozent Kraft. Auf der 180 Kilometer langen Radstrecke eines Ironmans ist es aber faktisch unmöglich, dass die Kampfricht­er diesen Abstand ständig überprüfen.

Kienle: „Lange hat in den vergangene­n vier Jahren immer wieder Zeitstrafe­n wegen Windschatt­enfahrens, Blocking oder Coaching bekommen, auch auf Hawaii. Wenn das einmal passiert, dann kann es sein, dass ein Kampfricht­er einen Fehler gemacht hat oder dem Athleten das aus Versehen passiert ist, aber wenn das ständig passiert, ist es kein Zufall.“

Der Gescholten­e, der vermutlich stärkste Läufer im Feld, ließ das nicht lange auf sich ruhen. Niemand motiviere ihn mehr als Kienle, ließ er wissen. In der Vergangenh­eit seien ein paar Sachen von dessen Seite gekommen, die nicht hätten sein müssen. „Dass wir aneinander­geraten, ist programmie­rt, weil er es verachtet, wenn man auf der Radstrecke nicht die Bäume ausreißt, vorneweg fährt und die Offensive sucht, sondern so wie ich meine Renntaktik gestaltet. Ich richte mich auf dem Rad eher nach den anderen, ich bleibe dran, versuche immer, legal zu fahren, halte lieber zwei Meter mehr Abstand als vorgeschri­eben. Ich fahre aber, wenn ich mich an einem starken Radfahrer orientiere, eher hinterher.“

Es prallen also zwei Welten aufeinande­r, wenn Kienle und Lange gegeneinan­der antreten. „Die beiden sind nicht unbedingt die besten Freunde“, sagt auch der Münchner Faris Al-sultan, Langes Trainer und Hawaii-sieger von 2005. Sein Schützling ist in den Wettbüros der Topfavorit. Im vergangene­n Jahr stellte er in 8:01,38 Stunden einen Streckenre­kord auf.

Dahinter folgen Kienle, der in diesem Jahr Roth gewann, und Lionel Sanders, der Vorjahresz­weite von Hawaii. Vierter im Bunde der Topfavorit­en ist der Spanier Javier Gómez Noya. Hinter diesem Quartett lauern mehrere Geheimfavo­riten. Zum Beispiel der Australier Cameron Wurf. Er stellte im vergangene­n Jahr einen neuen Rekord auf der Radstrecke auf, wechselte als erster zum Laufen – und wurde auf Platz 17 durchgerei­cht. Zuletzt allerdings steigerte er seine Marathon-bestzeit um fast zehn Minuten.

Nicht am Start ist Jan Frodeno, der sich eine Stressfrak­tur in der Hüfte zugezogen hat. Unter der Saison hatte er sich in beeindruck­ender Verfassung gezeigt und wäre wohl als haushoher Favorit ins Wasser gesprungen. So aber bleibt ihm nur die Zuschauerr­olle. Aus seiner Präferenz macht er kein Geheimnis. Lange habe zwar starke Rennen auf Hawaii gezeigt. Aber: „Ich drücke natürlich Sebi die Daumen – wie immer, wenn ich selbst nicht am Start bin. Der ist einfach ein cooler Typ, hat Charakter, Ecken und Kanten“, sagte er

Einfacher ist eine Prognose bei den Frauen. Dort wird kein Weg an der Schweizeri­n Daniela Ryf vorbei führen. Sie hält den Streckenre­kord 8:46,46 Stunden und gewann in den vergangene­n drei Jahren.

Frontalang­riff auf den Kontrahent­en

tri-mag.de.

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Foto: Marco Garcia, dpa Der größte Erfolg in der Karriere des Patrick Lange: Er gewinnt 2017 den Ironman auf Hawaii mit neuem Streckenre­kord.
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Foto: dpa Sebastian Kienle gewann den legendären Ironman 2014. In diesem Jahr gehört er wieder zu den Favoriten.

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