Verschwindet Bayern unter Asphalt und Beton?
Die Landtagskandidaten äußern zu sieben verschiedenen Themen ihre Meinungen, und wir stellen diese einander gegenüber – als Entscheidungshilfe für den 14. Oktober. Heute geht es um Flächenfraß und Umweltschutz
Landkreis Zehn Parteien schicken für die Landtagswahlen am 14. Oktober ihre Kandidaten im Landkreis Donau-ries ins Rennen. Wofür stehen sie? Welche Werte liegen ihnen besonders am Herzen? Wofür wollen sie sich in der Landespolitik starkmachen? – Wir haben diesen Kandidaten sieben Lebensbereiche genannt, die im Alltag eine Rolle spielen, und sie um ihre grundsätzliche Meinung dazu gebeten. Günter Höpfinger von der Bayernpartei macht auf eigenen Wunsch nicht mit.
Die heutige siebte und letzte Folge dreht sich um das Thema Flächenfraß und Bewahrung der Natur. Baugebiete sind einerseits dringend notwendig, weil die Nachfrage steigt. Auf der anderen Seite verschwinden in Bayern täglich große Mengen unbebauter Flächen. Die geschätzten Zahlen schwanken hier zwischen 10 und 20 Hektar. Rund die Hälfte dieser Flächen werden für Wohngebiete genutzt, ein Viertel für Straßen- und Verkehrswege sowie ein weiteres Viertel für Gewerbe- und Industrieflächen. Wie sehen unsere Landtagskandidaten die Problematik? Hier sind ihre Meinungen:
Wolfgang Fackler (CSU)
Leben in einer intakten Umwelt und die Bewahrung unserer Heimat sind schon immer zentrale Themen der CSU. Fakt ist: 88 Prozent der Flächen in Bayern sind Natur und Landschaft. Der Anteil von Siedlungsund Verkehrsflächen liegt bei 12 Prozent. Wirklich versiegelt sind aber nur 6 Prozent, da auch Gärten, Parks oder Sport- und Spielplätze als bebaute Fläche gelten. Dennoch sehen wir die Verpflichtung, den Flächenverbrauch zu minimieren. Mit Verboten kommen wir hier aber nicht weiter. Besser sind Anreize: Der Freistaat unterstützt die Kommunen mit den Initiativen „Innen statt Außen“und „Flächenentsiegelung“. Sicher ist: Bodenverknappung führt zu noch höheren Preisen, denn Bayern wächst.
Georg Wiedemann (SPD)
Ich möchte den Flächenverbrauch in Bayern begrenzen. Pro Tag werden in Bayern rund 10 Hektar Flä- zubetoniert. Das muss sich ändern. Bayern könnte in Deutschland eine Vorreiterrolle für geringen Flächenverbrauch einnehmen. Als wichtiger Grundsatz gilt dabei: Innenentwicklung muss Vorrang vor der Erweiterung nach Außen haben. Mir gefällt auch nicht, dass die Staatsregierung das Anbindegebot für Gewerbegebiete aufgeweicht hat. Gewerbeflächen sollten nur angrenzend an Städte und Gemeinden gebaut werden. Fach- und Supermärkte auf der grünen Wiese sollten unterirdische Parkplätze schaffen. Das spart auch Fläche. Stephan Stieglauer (FW) Nachhaltiger Umgang mit Rohstoffen und Flächen ist enorm wichtig. Hier muss Zukunftsfähigkeit vor kurzfristiger Rendite stehen. Wir setzen uns ein für mehr Grün in Städten, weniger Nachverdichtung, sorgsameren Umgang mit Baugrund, den Erhalt der Artenvielfalt und den Schutz des Waldes. Der Flächenverbrauch durch Stromtrassen oder Straßen muss der Notwendigkeit angepasst werden. Deshalb sind wir Großprojekte wie Stromtrassen und eine dritte Startbahn in München. Und: Klimaschutz muss in der Verfassung verankert, der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und die Entwicklung von Alternativen schnell vorangetrieben werden.
Eva Lettenbauer (Grüne)
Bayern ist trauriger Spitzenreiter, was das Versiegeln von wertvoller Natur angeht. Wir wollen den Flächenverbrauch auf ein verträgliches Maß eindämmen. Ich fordere eine Deckelung der Flächenversiegelung auf 5 Hektar je
Tag bayernweit.
Das sorgt für den dringend notwendigen Umweltschutz und den Erhalt landwirtschaftlich genutzter Flächen. Und es ermöglicht weiterhin die Entwicklung von Infrastruktur als auch das Bauen von Wohnraum. Es hat sich gezeigt, dass freiwilliges Flächensparen nicht passiert.
Dr. Mark Tanner (FDP)
Ich wende mich gegen vermeidbare Zersiedelung, unnötigen Flächenverbrauch, Zerstörung von Ökosystemen und Landschaftsverschandelung. In bestehenden Siedlungsgebieten muss Nachverdichtung Vorrang vor Neubau haben. Rückbauvereinbarungen bei öffentlicher Gewerbeflächenvergabe sollten verpflichtend werden. Ich will eine verche besserte Umnutzung brachliegender Bestandsflächen. Flurerhalt und ökologische Vielfalt schaffen wir nicht durch sinnlose Verbote, sondern durch gezielten Umweltschutz.
Tobias Himpenmacher (Linke) Bayern hat eine einzigartige Naturund Kulturlandschaft, die durch Flächenversiegelung und Intensivlandwirtschaft bedroht wird. Daher fordert die Linke eine Flächenversiegelungsabgabe, um den zusätzlichen Flächenverbrauch für Verkehrsund Siedlungsflächen in Höhe von rund 20 Hektar pro Tag zu reduzieren. In der Landwirtschaft müssen die Düngemittelverordnung besser überwacht und der ökologische
Landbau gefördert werden. Außerdem ist eine dezentrale und umweltverträgliche Energieversorgung zu fördern. Als weiterer Schwerpunkt muss ein kostenloser ÖVPN geschaffen werden, um mehr Menschen vom Auto zu Bus und Bahn zu bewegen.
Eva-marie Springer (V-partei³) Trotz des demografischen Wandels ist Bayern Spitzenreiter der Flächenversiegelung (täglich 25 Fußgegen ballfelder!). Diese wirkt sehr negativ auf den natürlichen Wasserhaushalt, weil der oberflächliche Abfluss gesteigert und die Grundwasserspende verringert wird. Dadurch können Trinkwassermangel, vermehrte Dürreschäden und stärkere Hochwasser entstehen.
Wir fordern ein
Nutzen bestehender Bauten in den Innenstädten durch Umgestaltung/aufstocken.
Johannes Thum (ÖDP)
Wir achten die Natur und stehen zum Erhalt der natürlichen Artenvielfalt sowie zum Schutz der Lebensräume von Mensch, Tier- und Pflanzenwelt. Der rigorose Flächenverbrauch für Siedlung, Gewerbe und Verkehr zulasten aller Geschöpfe und der Pflanzen muss gestoppt werden. Wir sind wachstumskritisch und plädieren für einen bescheideneren Lebensstil. Wir verstehen unter „Wohlstand“das gute Leben ohne Zwang zu immer mehr und nie genug! Wir verschweigen nicht, dass Abstriche am materiellen Konsum unvermeidlich sind. Ohne die Haltung der „Suffizienz“(Genügsamkeit) wird der Planet nicht stabilisiert werden können und sich überhitzen.
Ulrich Singer (AFD)
Ich setze mich für nachhaltigen Umweltschutz ein. Die Bewahrung natürlicher Lebensräume für Tiere und Pflanzen, die Reduzierung schädlicher Emissionen und die Einsparung von Primärenergie sind mir wichtig. Eingriffe in die Natur sind möglichst zu minimieren. Flächenversiegelung soll durch die Entwicklung, Sanierung und Verdichtung bereits bebauter Flächen und Innenstadtgebiete, durch Flächenreaktivierung, Flächenentsiegelung und die Schließung von Baulücken vermieden werden. Leerstände sind durch Beratung und Förderung gezielt zu reduzieren. Enteignungen zulasten der Landwirtschaft müssen wieder erschwert werden..