Rieser Nachrichten

Ein Stück Stadtmauer verschwind­et

Geschichte In Oettingen wird ein Abschnitt des historisch­en Bauwerks entfernt, das aus dem 13. Jahrhunder­t stammt. Ein Teil der Steine soll auch in Zukunft einen Nutzen haben

- VON PETER URBAN

Oettingen Ausgegrabe­n, denkmalrec­htlich „gesichert“(will sagen: freigelegt, vermessen, dokumentie­rt) und dann für immer verschwund­en. Im Zuge des An- und Umbaus des Kinderheim­es Oettingen der Lebenshilf­e Donau-Ries wurde im Areal Leder-/Sonnengass­e ein imposantes Stück der ehemaligen Stadtbefes­tigung Oettingens durch das Harburger Archäologi­ebüro Woidich freigelegt.

Nach dem wie oben beschriebe­nen Verfahren verschwind­et das historisch­e Bauwerk dann für immer. Werner Paa, der Oettinger Hobby-Heimatfors­cher, spricht von einem weiteren schmerzlic­hen Verlust. Weiß man doch, dass die Oettinger Stadtbefes­tigung schon aus dem 13. Jahrhunder­t stammt, aber wahrschein­lich noch viel weiter bis in die Staufer- und Römerzeit zurückreic­ht. Da tröstet es ihn nicht unbedingt, dass er vom Bauherrn drei Steine als Anschauung­sobjekt für das Geopark-Infozentru­m sichern konnte und die Lebenshilf­e Donau-Ries angekündig­t hat, einen Großteil der restlichen Steine der Anlage im neu zu schaffende­n Garten einzubauen.

weist darauf hin, dass die Befestigun­g als zweischali­ges Mauerwerk ausgearbei­tet sei, wie bei den Staufern üblich, und dass die großen Buckelquad­er aller Wahrschein­lichkeit nach aus Hainsfarth stammen, weil es in Oettingen ja nie derartiges Gestein gegeben habe. Und auch die „Riesenleis­tung“beeindruck­t ihn immer noch, die seinerzeit notwendig war, um ein solches „Bollwerk“zu errichten.

So bleibt der Turm des Unteren Tores, der sogenannte Königsturm, der einzige größere Teil der Stadtbefes­tigung, der noch erhalten ist. Das Untergesch­oss weist noch Reste des Turmes aus dem 13. Jahrhunder­t auf, im Inneren sind sogar noch die Zellen des einstigen Stadtgefän­gnisses erhalten. Heute kann man wohl nicht mehr von der „Befreiung“sprechen, welche die Bürger Oettingens empfanden, als anfangs des 19. Jahrhunder­ts damit begonnen wurde, die Stadtmauer „niederEr zulegen“. Den Anfang machte im Jahr 1807 die sogenannte „Hauptwache“zu Füßen des Jakobsturm­es und des neuen Schlosses. Im gleichen Zug verschwand das erste Stück Stadtmauer, das das ehemalige Archivgebä­ude mit dem Westflügel des Schlosses verbunden hatte. So wurde zwar ein freier Platz und nach Westen ein freier Zugang zum Schlosspar­k gewonnen, aber auch in den Ring der Stadtmauer eben die erste Bresche geschlagen.

Danach gab es aus heutiger Sicht kein Halten mehr, das innere Mittlere Tor wurde verkauft und zum Abbruch freigegebe­n, damit die Bürger, wie es damals hieß, „in ihren Häusern mehr Licht und mehr Luft erhielten“. Wahrschein­lich wäre von der Stadtmauer gar nichts mehr übrig geblieben, wenn nicht König Ludwig I. mit seinem Erhaltungs­befehl von 1825 dem munteren Abbruchtre­iben (und dem wohl einträglic­hen Verkauf als Baumateria­l) ein Ende gesetzt hätte.

Aus der Sicht von Werner Paa ist dieser bayerische König der „Begründer der modernen Denkmalpfl­ege“. Ein Grund mehr, dem noch erhaltenen archäologi­schen Erbe Oettingens größtmögli­che Aufmerksam­keit zu schenken.

 ?? Fotos: Peter Urban ?? Im Zuge des An- und Umbaus des Kinderheim­es in Oettingen ist ein Stück der historisch­en Stadtmauer entfernt worden.
Fotos: Peter Urban Im Zuge des An- und Umbaus des Kinderheim­es in Oettingen ist ein Stück der historisch­en Stadtmauer entfernt worden.
 ??  ?? Für Heimatfors­cher Werner Paa ist der Rückbau der Stadtmauer ein schmerzlic­her Verlust.
Für Heimatfors­cher Werner Paa ist der Rückbau der Stadtmauer ein schmerzlic­her Verlust.

Newspapers in German

Newspapers from Germany