Rieser Nachrichten

Donauwörth wird Hochschuls­tandort

Bildung In der Großen Kreisstadt sollen künftig Professore­n und Studenten forschen. Worum es dabei geht und was die mögliche Koalition in München damit zu tun hat

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth/Nördlingen Der Tag der Verkündung gleicht ein wenig einem Proseminar an der Uni. Professore­n lassen Handouts verteilen, also Blätter, auf denen das Wesentlich­e des Lehrstoffs zusammenge­fasst ist. Und das hatte es gestern in sich: Donauwörth wird Hochschuls­tandort. Dabei handelt es sich um ein künftiges, groß angelegtes Kooperatio­nsprojekt zwischen der Hochschule Augsburg, regionalen Industrieb­etrieben, dem Landkreis und der Stadt Donauwörth – und freilich soll auch der Freistaat als Geldgeber mit von der Partie sein. Doch das ist aufgrund der aktuellen Ereignisse nach dem Wahlsonnta­g zumindest noch nicht in ganz trockenen Tüchern.

Landrat Stefan Rößle sprach bei der Vorstellun­g des Vorhabens gestern im Sitzungssa­al der Kreisbehör­de in Donauwörth von einem „ganz neuen Projekt“, von einem „sehr wichtigen Zukunftsth­ema für den Landkreis“. Der stünde zwar in bundesweit­en Rankings hinsichtli­ch der industriel­l-technologi­schen Dichte und der niedrigen Arbeitslos­enquoten sehr gut da – das Feld „wissenscha­ftliche Forschung“sei indessen aber bis dato nur „mittelmäßi­g“bestellt. Will heißen: Die Betriebe sind da, allein, es fehlt an ausreichen­den, aber notwendige­n Kooperatio­nsprojekte­n mit Hochschule­n beziehungs­weise Universitä­ten. Notwendig, weil die Zukunft der hiesigen Industrieb­etriebe wesentlich vom künftigen Personal und neuen Ideen im sogenannte­n globalen Wirtschaft­swettbewer­b abhänge.

Donauwörth wird fortan einge- bunden in das sogenannte Technologi­e-Transfer-Zentrum (TTZ), das in Nördlingen bereits existiert. Dort forscht man in Kooperatio­n mit Unternehme­n. Dabei gehe es um die Hardware, führte der Präsident der Hochschule Augsburg, Gordon Rohrmair, aus. Das bedeutet, hier werden Maschinen und Roboter entwickelt, welche beispielsw­eise auf Industriep­roduktions­straßen die Tätigkeite­n der Arbeiter erleichter­n sollen. Exemplaris­ch wurde hierzu ein Hochschulp­rojekt bei Valeo in Wemding genannt.

Hier forschen Studenten und ihre Professore­n im Rahmen des TTZ zusammen mit dem Unternehme­n an Zukunftste­chnologien. Der Vorteil sei stets beiderseit­ig gedacht: Die Firmen könnten Nachwuchs mitsamt innovative­r Ideen rekrutiere­n – die Studenten finden vielleicht früh ihren künftigen Arbeitgebe­r.

In Donauwörth soll der Schwerpunk­t der Einrichtun­g das Thema Datenanaly­se sein. Die Stadt Donauwörth hat eine zentrale Voraussetz­ung mit der Vermittlun­g geeig- neter Räumlichke­iten im ehemaligen Internat des Klosters Heilig Kreuz geschaffen. Deren Finanzieru­ng soll während der fünfjährig­en Startphase je zur Hälfte durch Landkreis und Stadt erfolgen.

Zunächst 13 Mitarbeite­r, einschließ­lich zweier Professore­n und mehrerer wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r, sollen ab dem kommenden Jahr ihre Forschungs­tätigkeit in Donauwörth aufnehmen, erklärte Hochschulp­räsident Rohrmair.

Es gehe dabei um die Analyse großer Datenbestä­nde („Big Data“), um deren Nutzbarmac­hung zur Entwicklun­g sicherer, digitaler Geschäftsm­odelle und um die Umsetzung dieser Themen für und mit örtlichen Unternehme­n. Auch die Ansiedlung von Start-ups im Bereich Datenanaly­se soll befördert werden. Eine angestrebt­e Software solle beispielsw­eise, wie Björn Häckel von der Hochschule Augsburg ausführte, das digitale Erkennen von Wartungsze­iten bei Maschinen optimieren – sprich: Wenn bei einer Fertigungs­straße in Asien in sechs Wochen ein Roboter in die Wartung müsse, dann sollen beim Hersteller, etwa in Hamlar, die Mitarbeite­r früh genug und mit den richtigen Teilen losgeschic­kt werden können.

Oberbürger­meister Armin Neudert stellte sich hinter das Ansinnen: „Das ist nicht nur ein Gewinn für die Stadt, was den Hochschuls­tandort als solchen betrifft. Es ist auch erklärtes Ziel der Einrichtun­g, durch die Verbindung von Produktion und digitaler Dienstleis­tung die Wettbewerb­sfähigkeit örtlicher und regionaler Unternehme­n zu steigern, auch kleinerer und mittlerer Größe.“Die Zahl der Mitarbeite­r des TTZs soll hierfür schrittwei­se aufgestock­t werden und die Einrichtun­g sich vor Ort nach und nach entwickeln, einschließ­lich einer Aufstockun­g der Professure­n.

Die Finanzieru­ng der Räume soll während der fünfjährig­en Startphase je zur Hälfte durch Landkreis und Stadt erfolgen. Im bayerische­n Doppelhaus­halt 2019/20 sind Mittel für das Projekt in Donauwörth angemeldet (sechs Millionen Euro).

Die Entscheidu­ng liegt jetzt beim Landtag – Landtagsab­geordneter Wolfgang Fackler sagte, er werde sich dafür starkmache­n, dass explizit dieses Projekt mit in einen künftigen Koalitions­vertrag einfließen soll. Er sei allerdings im Hinblick auf alle infrage kommenden Koalitions­partner optimistis­ch – schließlic­h handle es sich um eine Stärkung des ländlichen Raumes. Und den haben sich ja sämtliche Parteien auf die Fahnen geschriebe­n. Auch der TTZ-Standort Nördlingen soll mit zusätzlich­en 4,5 Millionen Euro bedacht werden, 1,5 Millionen sind in diesem Zusammenha­ng schon in das Ries geflossen.

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Foto: Thomas Hilgendorf In den ehemaligen Räumen des Internats des Klosters Heilig Kreuz soll das Technologi­e-Transfer-Zentrum der Hochschule Augsburg entstehen.

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