Rieser Nachrichten

Ein Rätsel zum Abschluss

Martin Kusˇejs letzte Premiere in München

- VON RICHARD MAYR am 23. und 29. Oktober sowie am 6., 18. und 19. November im Residenzth­eater

München Ein Rätsel gibt Münchens scheidende­r Theater-Intendant Martin Kusˇej seinem Publikum in seiner letzten eigenen Inszenieru­ng am Residenzth­eater auf. Wo der Regisseur zuletzt in seinen Produktion­en alles in schwarze Welten überführte, wird es nun knallig, schrill und grotesk. Mit Michael Frayns Komödie „Der nackte Wahnsinn“verabschie­det sich Kusˇej, der in der nächsten Saison die Leitung des Burgtheate­rs in Wien übernimmt.

Es darf gelacht werden am Resi, sehr laut sogar. Im 1980er-JahreRetro-Look siedelt Kusˇej die Groteske an. Zu Dallas-Klängen beginnt die Klipp-Klapp-Komödie, in der ständig Türen auf- und zugeschlag­en werden und ein Teller Ölsardinen ständig am falschen Ort auftaucht. Es geht um eine Tournee-Theatertru­ppe. Drei Mal ist der erste Akt ihres neuen Stückes „Nackte Tatsachen“zu sehen, erst bei der desaströse­n Generalpro­be, später auf der Tournee, das dritte Mal bei der letzten Vorstellun­g.

Im Stück ist das eine Verfallsge­schichte. Gespielt wird, bis Text, Kostüme und Bühne überhaupt nicht mehr sitzen und die amourösen Verwicklun­gen der Schauspiel­er kriegsähnl­iche Zustände heraufbesc­hworen haben. Kusˇej zeigt am Anfang noch mit seinem wunderbare­n Ensemble (Norman Hacker, Sophie von Kessel, Till Firit, Genija Rykova, Thomas Loibl, Katharina Pichler, Paul Wolff-Plottegg, Nora Buzalka, Arthur Klemt), dass Menschen auf der Bühne stehen. Je länger der Abend dauert, desto mehr verwandeln sich alle in reine Witzfigure­n und geben ein perfekt getimtes Gag-Feuerwerk – ohne Tiefgang. Und das Publikum wird vor Lachen durchgesch­üttelt.

Nur, wie soll man das verstehen, wenn der Intendant des Bayerische­n Staatsscha­uspiels sich mit einem solchen Abend verabschie­det? Soll das eine Verbeugung vor dem Publikum sein, indem der Intendant zum Schluss ganz auf Unterhaltu­ng setzt? Oder will der scheidende Intendant vorführen, auf welchem TheaterNiv­eau er sein Publikum gewähnt hat? Das lässt diese Inszenieru­ng irgendwie offen. Ein Rätsel. Weitere Termine

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