Wenn die Gesellschaft bunter wird
Integration In Kindergärten im Landkreis hat fast jedes fünfte Kind einen Migrationshintergrund. Das erfordert Umdenken
Landkreis Nach monatelanger Vorbereitung hat der Landkreis DonauRies erstmals eine „Bildungs- und Integrationskonferenz“in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Donauwörth veranstaltet, die auf eine breite Resonanz stieß, was an einem voll besetzten Sitzungssaal des Donauwörther Landratsamtes abzulesen war.
Letztlich ging es bei der Veranstaltung aber weniger um Bildung als vielmehr um die Themen Migration und Integration. Dazu trug in erster Linie der Referent des Nachmittags, der Berliner Migrationsexperte Dr. Mark Terkessidis mit einem kurzweiligen Vortrag bei. Er lud die Zuhörer zu einem „Perspektivwechsel“ein, um dadurch zu neuen, kreativen und zukunftsfähigen Sichtweisen für gesellschaftliche Veränderungsprozesse zu kommen. Statt um eine einheitliche Gesellschaft, wie es sie vor der Migrationsbewegung gegeben habe, gehe es mittlerweile um die Akzeptanz einer offenen Gesellschaft mit Menschen unterschiedlicher kultureller Prägung, auch in ländlichen Regionen wie Nordschwaben.
In seinem Referat stellte Terkessidis einen „Vielheitsplan“vor, in dem die Vielheit als Bereicherung für die kontinuierlichen Prozesse der gesellschaftlichen Veränderungen gesehen wird. Dazu gehöre auch ein Umdenken in den staatlichen Organisationen.
Wie vielfältig mittlerweile auch der Landkreis Donau-Ries ist, machte Landrat Stefan Rößle zuvor in seinem Eingangsstatement deutlich. Für rund 12000 Menschen mit Zuwanderungshintergrund sei er zur neuen Heimat geworden. Der Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung liege derzeit bei neun Prozent. In den Kindertagesstätten betrage er bei den Kindern zwischen drei und sechs Jahren sogar 19 Prozent.
Rößle sprach von einer „Zuwanderungsgesellschaft“, in der es gelte, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Alle Akteure müssten dabei Verantwortung übernehmen und nicht über Kompetenzen streiten, was leider häufig der Fall sei.
Mark Terkessidis bedauerte, dass in Deutschland immer noch zu viele veraltete Vorstellungen von Integration vorherrschten. Ein Beispiel hierfür biete der Bildungsbereich. Inzwischen seien in den alten Bundesländern in manchen Bildungseinrichtungen Kinder aus Migrantenfamilien durchweg in der Mehrheit. „Das Lehrerzimmer ist dort oft eine Parallelgesellschaft“. Müsse man daraus nicht endlich Konsequenzen ziehen, und den Schulbetrieb auf die aktuellen Gegebenheiten umstellen? Pädagogische Herangehensweisen gebe es bereits, um die individuellen Voraussetzungen bei den einzelnen Kindern beim Lernen zu berücksichtigen. Man müsse sie nur anwenden. Bedauerlicherweise gebe es in Deutschland kaum Konzepte für den frühkindlichen Spracherwerb, von dem Kinder mit ausländischen Wurzeln profitieren würden.
Gleiches wie für den Bildungsbereich gelte für den Arbeitsmarkt. Dieser biete gute Chancen, Migranten zu integrieren. Viele Firmen verhielten sich auf diesem Gebiet bereits vorbildlich und böten Ausbildungsund Arbeitsstellen an.
Der Experte lobte auch die Integrationsbemühungen der Polizeibehörden, die verstärkt auf Kollegen mit Migrationshintergrund setzen würden.
Auch Vereine und Organisationen rief Mark Terkessidis auf, offen zu sein für die Mitgliedschaften von Geflüchteten, um damit einen Beitrag zu deren Integration in die Gesellschaft zu leisten. „Dazu gehört, in den Vereinen eine Atmosphäre herzustellen, damit sich die Leute auch willkommen fühlen.“
Eine Handlungsempfehlung des Experten lautete: In einer sich wandelnden Gesellschaft so viel Austausch wie möglich pflegen - mit Migrantenorganisationen, aber auch mit Menschen, die sich in diesem Bereich engagierten. Auch in den Behörden müsse ein entsprechender Perspektivwechsel eingeleitet werden. Den Abschluss der Veranstaltung bildeten Workshops, die allein aus Zeitgründen nicht sehr effektiv sein konnten.