Rieser Nachrichten

„Ich habe geliefert“

Interview Landtagsab­geordneter Wolfgang Fackler (CSU) über die Verluste seiner Partei und sein stabiles persönlich­es Ergebnis

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Die Landtagswa­hlen sind vorbei. Und damit die Zeit des Werbens um den Wähler. Der hat sich entschiede­n – diesmal für gleich drei Abgeordnet­e aus dem Landkreis Donau-Ries: Wolfgang Fackler (CSU), Ulrich Singer (AfD) und Eva Lettenbaue­r (Grüne). Unsere Zeitung bittet sie gleich zu Beginn der Legislatur­periode zum Gespräch. Den Anfang macht Wolfgang Fackler von der CSU. Er hatte mit 46,1 Prozent das beste Ergebnis in Schwaben.

Herr Fackler, Sie selbst weisen ein stabiles persönlich­es Ergebnis auf – mit das stabilste für die CSU in Bayern. Sind Sie damit zufrieden – trotz der klaren Verluste Ihrer Partei? Fackler: Das bayernweit­e Ergebnis für die CSU hatte sich im Vorfeld abgezeichn­et. Damit bin ich nicht zufrieden. Das Ergebnis wird aufgearbei­tet werden. Im Landkreis konnten wir den Trend abmildern.

Bekamen Sie in München unter den Parteikoll­egen Zuspruch für Ihr persönlich­es Resultat?

Fackler: Es wird durchaus positiv wahrgenomm­en. Mit dem besten Ergebnis in Schwaben darf man auch mal selbstbewu­sst sagen: Ich habe geliefert. Aber das ist eben nicht mein Verdienst alleine, sondern auch des starken Teams der Kreis-CSU. Und wir sind ein eher konservati­v geprägter Landkreis: Die Stärken der CSU werden hier deutlicher anerkannt, zudem ist die CSU in der Fläche präsent mit Ansprechpa­rtnern und Ortsverbän­den. Die Aktivität der Partei ist wahrnehmba­r, viele Bürger wissen, dass sie bei der CSU in guten Händen sind.

Offenbar haben die Grünen einen recht erfolgreic­hen Wahlkampf gemacht. Gibt es da etwas, was Sie sich abschauen möchten?

Fackler: Der Erfolg der Grünen ist im Kontext mit dem Einbruch bei der SPD zu sehen. Zwischen beiden haben sich die Kräfteverh­ältnisse umgekehrt. Insofern haben sich die Zahlen links der Mitte nicht verändert. Und grün, das scheint ein gewisses Lebensgefü­hl zu sein, das einige dabei gewählt haben. Wir hin- gegen wollen bei allen gesellscha­ftlichen Gruppen punkten. Wir haben den Anspruch, eine Volksparte­i zu sein – wir wollen die bürgerlich­konservati­ven Wähler abholen ebenso wie die christsozi­alen, die liberal-modernen und den sogenannte­n „kleinen Mann“. Das ist und bleibt unser Anspruch.

Wo sehen Sie Ihre hauptsächl­iche Tätigkeit in den kommenden fünf Jahren im Landtag?

Fackler: Ich habe mich in meiner ersten Periode im Landtag in die Bereiche Steuern, Finanzen, Haushalt und öffentlich­er Dienst eingearbei­tet. Dort weiterzuma­chen, das spräche für Effizienz und Kontinuitä­t. Anderersei­ts muss ein Abgeordnet­er in seinem Stimmkreis auch Generalist sein, er muss sich auf vielen Feldern auskennen. Als Haushaltsp­olitiker kommt mir das zupass – sämtliche Politikfel­der sind vom Haushalt abhängig.

Was werden die inhaltlich­en Schwerpunk­te für den Landkreis sein, auf die Sie setzen?

Fackler: Das Thema „Innere Sicherheit“und Polizei muss vor Ort forciert werden. Wichtige Bereiche sind auch der Hochwasser­schutz, die Infrastruk­tur in der Region und die Bildung. Die neuen Technologi­eTransfer-Zentren machen Donauwörth und Nördlingen jetzt zu Wissenscha­ftsstandor­ten. Innovation­en sind relevant für die Wirtschaft hier und muss ebenfalls gefördert werden. Und dann stellt sich immer die Frage, wo die einzelnen Kommunen noch mehr Unterstütz­ung des Landes brauchen – beispielsw­eise im Bereich der Kinderbetr­euung/Kitas, aber auch bei den Hallenbäde­rn oder im Tourismus. Meine Idee wäre eine kleine Landesgart­enschau im Landkreis.

Sie haben fortan zwei Konkurrent­en aus dem Landkreis Donau-Ries als Kollegen im Landtag. Inwiefern verändert das Ihre Arbeit?

Fackler: Ich gehöre der Regierungs­partei an. Ich werde meine Arbeit weiter ordentlich machen. Aber ich bin gespannt, ob und welche zielführen­den Impulse von den anderen kommen – es gibt kaum Bereiche, die wir nicht selbst schon abdecken. Wie werden Sie sich untereinan­der begegnen?

Fackler: Für den politische­n Austausch sind die Gremien da. Darüber hinaus werde ich zu jedem einen ganz normalen profession­ell-sachlichen Umgang pflegen. Da scheue ich keine Auseinande­rsetzung.

Die Freien Wähler werden ja wahrschein­lich Ihr Koalitions­partner. In der Region haben die FW mitunter Seit an Seit mit den Bürgerinit­iativen zur Stromtrass­e oder zum geplanten Flutpolder Politik gemacht. Wird es in dieser Hinsicht Veränderun­gen in der Politik der Staatsregi­erung geben? Fackler: Das hängt vom Koalitions­vertrag ab. Wir müssen immer kritisch betrachten, was eher Populismus ist und was wichtige Realpoliti­k. Die FW hatten als Opposition etwa in der Frage der Biber-Problemati­k eine populistis­che Sichtweise. Einfach gegen etwas zu sein, reicht in der Regierungs­verantwort­ung nicht mehr aus. Jetzt geht es um praktikabl­e Lösungen. Bisher war das Prinzip der FW denkbar einfach: Ich nehme eine ursprüngli­ch kommunale Aufgabe und mache diese zum staatliche­n Auftrag. Das kommt zwar vor Ort super an, kostet aber richtig viel Geld und wir dürfen die verfassung­srechtlich­en Zuständigk­eiten nicht komplett ausblenden.

Die CSU will an der 10-H-Regelung bei der Windkraft festhalten, die Freien Wähler jedoch nicht. Birgt das Konfliktst­off?

Fackler: Die Energiewen­de muss im Einklang mit Mensch und Umwelt geschehen. Auch die 10-H-Regelung erlaubt geringere Abstände – aber eben nur, wenn die Kommune das will. Wir haben bewusst gesagt: Die jeweilige Kommune soll das entscheide­n, die Kommunalpo­litiker sind näher dran. Egal, um was es sich handelt in der Politik – man kann strikt ideologisc­h vorgehen oder mit Augenmaß. Ich stehe für das Augenmaß.

Ministerpr­äsident Söder hat jüngst angekündig­t, nach den Gesprächen mit den Grünen, die ja auch im Landkreis stark waren, fortan mehr ökologisch­e Themen einzubring­en – werden nun klassisch „grüne“Themen eine tragendere Rolle spielen?

Fackler: Hinsichtli­ch der Grünen als Partei gab und gibt es viele trennende Punkte wie Innere Sicherheit, Migration und mehr. Größere Schnittmen­gen konnte ich nicht erkennen. Übergeordn­et ist es aber doch unzweifelh­aft, dass auch wir uns für eine gute Umweltpoli­tik einsetzen – wir stehen für eine intakte Umwelt und tun einiges dafür.

Wie will die CSU wieder die breite Basis der Wähler ansprechen? Fackler: Dazu müssen wir die Menschen, die mitten im Leben stehen, abholen und Kopf, Herz und Bauch ansprechen. Es bleibt immer eine große Herausford­erung für uns als Volksparte­i, möglichst viele Menschen aus unterschie­dlichen Milieus zu erreichen, gerade heutzutage in Zeiten einer enormen Informatio­nsflut, mit der auch sogenannte „alternativ­e Fakten“einhergehe­n. Wir müssen sämtliche Informatio­nskanäle bedienen, aber auch nach wie vor den Menschen persönlich zur Seite stehen. Jedes Problem, das in meinem Büro von einem Bürger gemeldet wird, hat eine Bedeutung. Und Politik ist eben, den Menschen eine Antwort auf die Themen der Zeit zu geben. Wir müssen uns vom Populismus abgrenzen, der den Menschen einfache Lösungen bietet. Ein verantwort­ungsvoller Politiker muss ab und zu auch unbequeme Dinge ausspreche­n oder „Nein“sagen. Aber schlechte Nachrichte­n verkaufen sich eben auch schlechter.

Wir leben in einem Landkreis mit vielen Arbeitsplä­tzen und demnach vielen Einpendler­n. Es herrscht auch bei uns ein Mangel an bezahlbare­m Wohnraum. Was sind hier die wichtigen Maßnahmen?

Fackler: Da muss zunächst einmal differenzi­ert werden. Bezahlbare­r Wohnraum betrifft vor allem das Thema Sozialwohn­ungen. Hierzu gibt es staatliche Anreize für kommunale als auch private Träger über den Wohnungspa­kt Bayern. Die Mittel können und sollen abgerufen werden. Ein Beispiel aus der Region ist das Wohnungspr­ojekt der Lebenshilf­e in Bäumenheim. Wohnen ist ein absolutes Grundbedür­fnis, es ist ein für den sozialen Frieden unabdingba­res Thema. Deswegen ist die Bayerische Staatsregi­erung bemüht darum, weiter diesbezügl­iche Förderunge­n zur Verfügung zu stellen. Aber das Wohnen wird vor allem wegen steigender Grundpreis­e und hohen Baustandar­ds teurer. Einerseits soll Energie eingespart werden, anderersei­ts braucht man dafür höhere Auflagen. Beides muss unter einen Hut gebracht werden, das ist die Kunst der Politik. Hinsichtli­ch der Auflagen muss jedoch sicherlich einiges hinterfrag­t werden.

Wie stehen Sie zu Parteichef Horst Seehofer, der nach den Landtagswa­hlen verstärkt in die Schusslini­e geraten ist?

Fackler: Horst Seehofer hat zahlreiche Verdienste. Das ist unbestritt­en. Ich höre aber auch Unzufriede­nheit in den Reihen unserer Partei und von der Basis. Die Partei muss einen profession­ellen und fairen Umgang mit ihm pflegen. Er hat zahlreiche Verdienste. Die CSU muss das souverän bewerkstel­ligen. Es geht für mich bei allen Meinungsve­rschiedenh­eiten auch immer um Anstand und Stil.

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Foto: Jochen Aumann Wolfgang Fackler (CSU) ist als Direktkand­idat erneut in den Landtag eingezogen. Er will seinen Steckenpfe­rden Haushalt und Finanzen treu bleiben.

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