„Ich habe geliefert“
Interview Landtagsabgeordneter Wolfgang Fackler (CSU) über die Verluste seiner Partei und sein stabiles persönliches Ergebnis
Donauwörth Die Landtagswahlen sind vorbei. Und damit die Zeit des Werbens um den Wähler. Der hat sich entschieden – diesmal für gleich drei Abgeordnete aus dem Landkreis Donau-Ries: Wolfgang Fackler (CSU), Ulrich Singer (AfD) und Eva Lettenbauer (Grüne). Unsere Zeitung bittet sie gleich zu Beginn der Legislaturperiode zum Gespräch. Den Anfang macht Wolfgang Fackler von der CSU. Er hatte mit 46,1 Prozent das beste Ergebnis in Schwaben.
Herr Fackler, Sie selbst weisen ein stabiles persönliches Ergebnis auf – mit das stabilste für die CSU in Bayern. Sind Sie damit zufrieden – trotz der klaren Verluste Ihrer Partei? Fackler: Das bayernweite Ergebnis für die CSU hatte sich im Vorfeld abgezeichnet. Damit bin ich nicht zufrieden. Das Ergebnis wird aufgearbeitet werden. Im Landkreis konnten wir den Trend abmildern.
Bekamen Sie in München unter den Parteikollegen Zuspruch für Ihr persönliches Resultat?
Fackler: Es wird durchaus positiv wahrgenommen. Mit dem besten Ergebnis in Schwaben darf man auch mal selbstbewusst sagen: Ich habe geliefert. Aber das ist eben nicht mein Verdienst alleine, sondern auch des starken Teams der Kreis-CSU. Und wir sind ein eher konservativ geprägter Landkreis: Die Stärken der CSU werden hier deutlicher anerkannt, zudem ist die CSU in der Fläche präsent mit Ansprechpartnern und Ortsverbänden. Die Aktivität der Partei ist wahrnehmbar, viele Bürger wissen, dass sie bei der CSU in guten Händen sind.
Offenbar haben die Grünen einen recht erfolgreichen Wahlkampf gemacht. Gibt es da etwas, was Sie sich abschauen möchten?
Fackler: Der Erfolg der Grünen ist im Kontext mit dem Einbruch bei der SPD zu sehen. Zwischen beiden haben sich die Kräfteverhältnisse umgekehrt. Insofern haben sich die Zahlen links der Mitte nicht verändert. Und grün, das scheint ein gewisses Lebensgefühl zu sein, das einige dabei gewählt haben. Wir hin- gegen wollen bei allen gesellschaftlichen Gruppen punkten. Wir haben den Anspruch, eine Volkspartei zu sein – wir wollen die bürgerlichkonservativen Wähler abholen ebenso wie die christsozialen, die liberal-modernen und den sogenannten „kleinen Mann“. Das ist und bleibt unser Anspruch.
Wo sehen Sie Ihre hauptsächliche Tätigkeit in den kommenden fünf Jahren im Landtag?
Fackler: Ich habe mich in meiner ersten Periode im Landtag in die Bereiche Steuern, Finanzen, Haushalt und öffentlicher Dienst eingearbeitet. Dort weiterzumachen, das spräche für Effizienz und Kontinuität. Andererseits muss ein Abgeordneter in seinem Stimmkreis auch Generalist sein, er muss sich auf vielen Feldern auskennen. Als Haushaltspolitiker kommt mir das zupass – sämtliche Politikfelder sind vom Haushalt abhängig.
Was werden die inhaltlichen Schwerpunkte für den Landkreis sein, auf die Sie setzen?
Fackler: Das Thema „Innere Sicherheit“und Polizei muss vor Ort forciert werden. Wichtige Bereiche sind auch der Hochwasserschutz, die Infrastruktur in der Region und die Bildung. Die neuen TechnologieTransfer-Zentren machen Donauwörth und Nördlingen jetzt zu Wissenschaftsstandorten. Innovationen sind relevant für die Wirtschaft hier und muss ebenfalls gefördert werden. Und dann stellt sich immer die Frage, wo die einzelnen Kommunen noch mehr Unterstützung des Landes brauchen – beispielsweise im Bereich der Kinderbetreuung/Kitas, aber auch bei den Hallenbädern oder im Tourismus. Meine Idee wäre eine kleine Landesgartenschau im Landkreis.
Sie haben fortan zwei Konkurrenten aus dem Landkreis Donau-Ries als Kollegen im Landtag. Inwiefern verändert das Ihre Arbeit?
Fackler: Ich gehöre der Regierungspartei an. Ich werde meine Arbeit weiter ordentlich machen. Aber ich bin gespannt, ob und welche zielführenden Impulse von den anderen kommen – es gibt kaum Bereiche, die wir nicht selbst schon abdecken. Wie werden Sie sich untereinander begegnen?
Fackler: Für den politischen Austausch sind die Gremien da. Darüber hinaus werde ich zu jedem einen ganz normalen professionell-sachlichen Umgang pflegen. Da scheue ich keine Auseinandersetzung.
Die Freien Wähler werden ja wahrscheinlich Ihr Koalitionspartner. In der Region haben die FW mitunter Seit an Seit mit den Bürgerinitiativen zur Stromtrasse oder zum geplanten Flutpolder Politik gemacht. Wird es in dieser Hinsicht Veränderungen in der Politik der Staatsregierung geben? Fackler: Das hängt vom Koalitionsvertrag ab. Wir müssen immer kritisch betrachten, was eher Populismus ist und was wichtige Realpolitik. Die FW hatten als Opposition etwa in der Frage der Biber-Problematik eine populistische Sichtweise. Einfach gegen etwas zu sein, reicht in der Regierungsverantwortung nicht mehr aus. Jetzt geht es um praktikable Lösungen. Bisher war das Prinzip der FW denkbar einfach: Ich nehme eine ursprünglich kommunale Aufgabe und mache diese zum staatlichen Auftrag. Das kommt zwar vor Ort super an, kostet aber richtig viel Geld und wir dürfen die verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten nicht komplett ausblenden.
Die CSU will an der 10-H-Regelung bei der Windkraft festhalten, die Freien Wähler jedoch nicht. Birgt das Konfliktstoff?
Fackler: Die Energiewende muss im Einklang mit Mensch und Umwelt geschehen. Auch die 10-H-Regelung erlaubt geringere Abstände – aber eben nur, wenn die Kommune das will. Wir haben bewusst gesagt: Die jeweilige Kommune soll das entscheiden, die Kommunalpolitiker sind näher dran. Egal, um was es sich handelt in der Politik – man kann strikt ideologisch vorgehen oder mit Augenmaß. Ich stehe für das Augenmaß.
Ministerpräsident Söder hat jüngst angekündigt, nach den Gesprächen mit den Grünen, die ja auch im Landkreis stark waren, fortan mehr ökologische Themen einzubringen – werden nun klassisch „grüne“Themen eine tragendere Rolle spielen?
Fackler: Hinsichtlich der Grünen als Partei gab und gibt es viele trennende Punkte wie Innere Sicherheit, Migration und mehr. Größere Schnittmengen konnte ich nicht erkennen. Übergeordnet ist es aber doch unzweifelhaft, dass auch wir uns für eine gute Umweltpolitik einsetzen – wir stehen für eine intakte Umwelt und tun einiges dafür.
Wie will die CSU wieder die breite Basis der Wähler ansprechen? Fackler: Dazu müssen wir die Menschen, die mitten im Leben stehen, abholen und Kopf, Herz und Bauch ansprechen. Es bleibt immer eine große Herausforderung für uns als Volkspartei, möglichst viele Menschen aus unterschiedlichen Milieus zu erreichen, gerade heutzutage in Zeiten einer enormen Informationsflut, mit der auch sogenannte „alternative Fakten“einhergehen. Wir müssen sämtliche Informationskanäle bedienen, aber auch nach wie vor den Menschen persönlich zur Seite stehen. Jedes Problem, das in meinem Büro von einem Bürger gemeldet wird, hat eine Bedeutung. Und Politik ist eben, den Menschen eine Antwort auf die Themen der Zeit zu geben. Wir müssen uns vom Populismus abgrenzen, der den Menschen einfache Lösungen bietet. Ein verantwortungsvoller Politiker muss ab und zu auch unbequeme Dinge aussprechen oder „Nein“sagen. Aber schlechte Nachrichten verkaufen sich eben auch schlechter.
Wir leben in einem Landkreis mit vielen Arbeitsplätzen und demnach vielen Einpendlern. Es herrscht auch bei uns ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Was sind hier die wichtigen Maßnahmen?
Fackler: Da muss zunächst einmal differenziert werden. Bezahlbarer Wohnraum betrifft vor allem das Thema Sozialwohnungen. Hierzu gibt es staatliche Anreize für kommunale als auch private Träger über den Wohnungspakt Bayern. Die Mittel können und sollen abgerufen werden. Ein Beispiel aus der Region ist das Wohnungsprojekt der Lebenshilfe in Bäumenheim. Wohnen ist ein absolutes Grundbedürfnis, es ist ein für den sozialen Frieden unabdingbares Thema. Deswegen ist die Bayerische Staatsregierung bemüht darum, weiter diesbezügliche Förderungen zur Verfügung zu stellen. Aber das Wohnen wird vor allem wegen steigender Grundpreise und hohen Baustandards teurer. Einerseits soll Energie eingespart werden, andererseits braucht man dafür höhere Auflagen. Beides muss unter einen Hut gebracht werden, das ist die Kunst der Politik. Hinsichtlich der Auflagen muss jedoch sicherlich einiges hinterfragt werden.
Wie stehen Sie zu Parteichef Horst Seehofer, der nach den Landtagswahlen verstärkt in die Schusslinie geraten ist?
Fackler: Horst Seehofer hat zahlreiche Verdienste. Das ist unbestritten. Ich höre aber auch Unzufriedenheit in den Reihen unserer Partei und von der Basis. Die Partei muss einen professionellen und fairen Umgang mit ihm pflegen. Er hat zahlreiche Verdienste. Die CSU muss das souverän bewerkstelligen. Es geht für mich bei allen Meinungsverschiedenheiten auch immer um Anstand und Stil.