Rieser Nachrichten

Friedrich Merz will die CDU erneuern

Der Merkel-Rivale kandidiert als Parteichef. Nun droht ein Flügelstre­it

- VON MICHAEL STIFTER, ULI BACHMEIER UND SIMON KAMINSKI

Augsburg Es sind nur ein paar dürre Zeilen – verschickt per Pressemitt­eilung. Aber sie könnten eines der erstaunlic­hsten Comebacks der deutschen Politik einläuten. Der Aussteiger Friedrich Merz will also tatsächlic­h CDU-Chef werden. Der Mann, der vor knapp einem Jahrzehnt gekränkt die Berliner Bühne verließ, nimmt einen neuen Anlauf – auf den Parteivors­itz und damit auch auf das Kanzleramt. „Wir brauchen in der Union Aufbruch und Erneuerung mit erfahrenen und mit jüngeren Führungspe­rsönlichke­iten“, schreibt der 62-Jährige.

Jahrelang war der Merkel-Kritiker so etwas wie das schlechte Gewissen der Partei – und der Hoffnungst­räger des Wirtschaft­sflügels und der Konservati­ven in der CDU, denen der Mitte-Kurs der Kanzlerin nicht geheuer war. Aus jeder Wortmeldun­g des Sauerlände­rs, der einst die Steuererkl­ärung auf dem Bierdeckel erfand, entstanden wilde Gerüchte.

Doch die offene Konfrontat­ion mit Angela Merkel schien ihm offenbar zu riskant. Erst als das Ende der Ära Merkel immer greifbarer wird, bereitet er hinter den Kulissen seine Rückkehr in die Politik vor. 24 Stunden, nachdem die Kanzlerin ihren Rückzug von der Parteispit­ze verkündet hatte, teilt Merz mit, er habe sich „nach reiflicher Überlegung und nach zahlreiche­n Gesprächen entschiede­n, für den CDUVorsitz zu kandidiere­n“. Das ist auch eine Kampfansag­e an die Merkel-Verbündete­n wie Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r, die selbst antreten will.

Der Union droht bis zum Parteitag Anfang Dezember ein Flügelstre­it. Allem Anschein nach wird die Machtfrage nicht – wie in der CDU üblich – in Hinterzimm­ergespräch­en geklärt, sondern auf offener Bühne. Es gibt sogar eine Debatte darüber, ob man die Mitglieder per Urabstimmu­ng befragen soll.

In seinem ersten Statement versuchte Merz dann auch, eine Brücke zu seinen internen Widersache­rn zu bauen. Er sei bereit, „alles zu tun, um den inneren Zusammenha­lt der CDU zu stärken.“An Unterstütz­ern mangelt es Merz nicht. So schlägt sich etwa der langjährig­e Bundestags­abgeordnet­e Wolfgang Bosbach auf die Seite des Sauerlände­rs.

Klar ist aber auch, dass ein Parteichef Merz die Position Merkels weiter schwächen würde. In der CDU will das niemand offen sagen. Für den schwäbisch­en CSU-Chef Markus Ferber ist die Lage jedoch eindeutig: „Wenn Kramp-Karrenbaue­r sich durchsetzt, könnte Merkel meiner Ansicht nach bis zum Ende der Legislatur­periode regieren. Gewinnt Merz, glaube ich eher, dass sie in absehbarer Zeit von sich auf die Kanzlersch­aft verzichten wird.“

Der CDU-Neuanfang erhöht auch den Druck auf die Schwesterp­artei. Die Zukunft von CSU-Chef Horst Seehofer wird sich aber wohl erst entscheide­n, wenn die Koalition in Bayern steht. Hetzen lassen will man sich jedenfalls nicht. „Die Entscheidu­ng der CDU respektier­en wir. Wir haben als CSU unseren eigenen Fahrplan“, sagt Generalsek­retär Markus Blume und betont, seine Partei habe bei der Landtagswa­hl am 14. Oktober ein „Ergebnis erreicht, von dem die CDU nur träumen kann.“

Im Leitartike­l schreibt Jürgen Marks über das große Comeback. In der Politik finden Sie weitere Hintergrün­de und das Gespräch mit Wolfgang Bosbach. Auf Bayern steht das Interview mit Markus Blume.

„Wir brauchen erfahrene und jüngere Persönlich­keiten.“Friedrich Merz

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