Vom Virus Modellbau infiziert
Auf der Rieser Modellbörse steht die Liebe zum Detail im Vordergrund
Harburg Wie ein rohes Ei hebt Christopher Kleemann sein Modell von einem Fendt Traktor an. Dass der Oettinger mit seinen Ausstellungsstücken so behutsam umgeht, hat gute Gründe: er hat viel Zeit und Leidenschaft geopfert, aber auch gehörig Geld investiert. „Das ist kein billiges Hobby“, erzählt Kleemann, der seit fünf Jahren handelsübliche Modelle nach seinen Vorstellungen umbaut. Kleemann ist einer, der dem Zauber der Miniaturen verfallen ist.
Die „Rieser Modellbaubörse“in Harburg gibt es seit Jahren. Ein wenig scheint es, als ob sich Aussteller wie auch Besucher gerne an die Kindheit erinnerten. Eine riesige Auswahl an Modellen reiht sich bunt gemischt in den Regalen und auf Tischen. Da fallen einem Miniaturautos, -flugzeuge und -schiffe ins Auge. Dazwischen Bastler, Abenteurer und Ästheten. Die Leidenschaft der Modellbauer, ihre Liebe zum Detail und ihre kreativen Ideen machen den Reiz aus.
Max Knoll und seine Söhne sind immer dabei. Der Modellbau lässt die Huisheimer nicht mehr los. Der Vater ist mit einer Schau-Modelleisenbahn nach Harburg gekommen. Seit fast 30 Jahren ist die Eisenbahn sein Ein und Alles. Endlich fertig, erzählt er stolz, sei der Weinberg unterhalb des Schienenstrangs. Am Markt hat er nichts Passendes gefunden und so hat er den „Weinberg“mit seinen Söhnen in Eigenbau erstellt.
Sohn Thomas hat sich eigentlich Mini-Militärfahrzeugen verschrieben, zwischenzeitlich aber ein neues Faible entwickelt: als Mitglied der Werksfeuerwehr von Airbus Helicopters in Donauwörth für Feuerwehrhäuser. Neben der „Mannheimer Wache“, die Stammbesucher der Modellbörse schon kennen, prangt eine neue Errungenschaft: die Wache aus Oberndorf am Neckar. Ein halbes Jahr hat er sich Zeit genommen, um den Modellsatz in vielen Details zu verändern. Benjamin Knoll hat sich unterdessen landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Maschinen verschrieben.
Es geht um mehr als nur den Kauf, Verkauf und Austausch von Modellen. „Ich bin dabei, weil ich die Gespräche mit Gleichgesinnten schätze“, erzählt ein Mann, der mehrere hundert Kilometer aus Baden-Württemberg gekommen ist. „So viele Ausstellungen dieser Art gibt es nicht“, erzählt er und hält vieles mit dem Handy als Foto fest. Er ist selbst Modellbauer. „Selbst ausstellen?“Nein, das sei für ihn kein Thema.
An Höhepunkten mangelt es nicht. Conny Beck, die zusammen mit ihrem Mann Walter die Veranstaltung auf die Beine stellt, ist zufrieden. „Für Sammler, Interessierte und Kinder, einfach für jeden ist etwas dabei.“Die „Rieser Modellbaubörse“, die Conny Beck mit ihrem Spielwarengeschäft einst initiiert hat, ist den Kinderschuhen entwachsen. Inzwischen ist sie vermutlich zu einer der größten Ausstellungen dieser Art in Bayern geworden. Ihr Mann Walter wartet am Stand wie in jedem Jahr mit einer Eigenkreation auf: einem landwirtschaftlichen „Abschiebewagen mit Überladeband“. Die Becks wissen um die Nachfrage für Nachbauten von Maschinen und Fahrzeugen, die von kleinen Landwirten im Alltag verwendet werden.
Dem großen Thema „Lego“widmet sich Frank Felten aus Donauwörth – allerdings auf einem ungewöhnlichen Weg. Der 48-Jährige bestellt bei Lego Einzelteile und baut diese dann beispielsweise zu Traktoren oder Geländewagen um. So entstehen Unikate, die er nicht verkaufen und für die er keine Anleitungen erstellen will. Die „Gefährte“hat der Elektriker mit Lichtern ausgestattet und über eine App im Pad kann er sie bequem steuern. „Franky’s Lego-Technic Schmiede“gibt es erst seit zwei Jahren. Im Nu drängen sich die Menschen an seinem Stand, als er ein Kommunalfahrzeug (versehen mit dem Donauwörther Wappen) fahren lässt. Kinder können nicht nur schauen, sondern auch mitmachen: In einem „Road-Runner-Parcours“lässt sich mit Lkw-Modellen der Führerschein machen, während in einer anderen Ecke per Fernsteuerung Erntefahrzeuge manövriert und zu einer Silage-Anlage dirigiert werden können. Und nicht selten schnappt sich dann „Papi“die Fernbedienung, um dem Sohn zu zeigen, was er drauf hat ...