Weltbild schreibt wieder schwarze Zahlen
Handel Wie Firmen-Chef Sailer den Augsburger Versandhändler umbaut. Der Stellenabbau ist noch nicht abgeschlossen
Augsburg Weltbild-Chef Christian Sailer fährt etwa alle zwei Wochen in das neue Logistik-Zentrum des Augsburger Versandhandels-Unternehmens nach Tschechien. Dort ist er am Freitag für ein Telefon-Gespräch zu erreichen. Nach der Insolvenz im Jahr 2014 und dem Start mit dem neuen Eigentümer, der Düsseldorfer Droege-Gruppe, war die Logistik von Augsburg nach Tschechien in die Nähe von Pilsen, nicht zu weit von der Grenze zu Deutschland verlagert worden. An dem Standort arbeiten nun in Spitzenzeiten vor Weihnachten bis zu 400 Beschäftigte, neben Frauen und Männern aus Tschechien auch viele aus Rumänien. Wie die Logistik wurde das Callcenter, an das sich Kunden telefonisch wenden können, in einem anderen Land installiert: Es ist jetzt in der Türkei angesiedelt.
Sailer findet, dass die Mannschaft in Tschechien „einen ausgezeichneten Job“macht. Von Augsburg aus fährt er mit dem Auto rund drei Stunden in das neue Logistik-Zentrum, gegen dessen Umsiedlung die Gewerkschaft Verdi Widerstand geleistet hatte. Heute werden aus dem tschechischen Standort fast alle bei Weltbild bestellten Waren versandt. Das Logistik-Zentrum hat das Unternehmen angemietet. „Einer un- serer Nachbarn in diesem LogistikPark ist die Lufthansa“, sagt Sailer. Inzwischen macht Weltbild rund drei Viertel des Jahresumsatzes von zuletzt etwa 440 Millionen Euro online. „Der Onlineanteil ist sehr stark gestiegen“, berichtet Sailer und fügt hinzu: „Wir steuern auf 80 Prozent zu.“Dennoch bleibe der stationäre Handel wichtig. Damit sind die Filialen gemeint. Noch gibt es 126 solcher Läden. „Insgesamt wird die Zahl weiter leicht zurückgehen. Die Konsolidierung ist nicht abgeschlossen“, räumt der Weltbild-Chef ein.
Während defizitäre Filialen geschlossen werden, eröffnet Weltbild aber auch immer wieder neue: In diesem Jahr kamen fünf solcher Läden hinzu. „Die neuen Filialen sind dann wesentlich profitabler als diejenigen, die wir abgegeben haben“, erklärt Sailer seine Strategie. Der 46-Jährige ist seit Anfang 2017 bei dem Augsburger Unternehmen. Im März dieses Jahres wurde er zum CEO, also zum Vorsitzenden der Geschäftsführung, auserkoren. Zuvor war der gebürtige Amberger für das Versandhaus Walz und ATU jeweils als Vorstand tätig.
Sailer kann zum Auftakt des für das Unternehmen extrem wichtigen Weihnachtsgeschäfts vermelden: „Die Trendwende ist gelungen. Wir sind, was den Jahresüberschuss betrifft, nach der Insolvenz wieder im Plus.“So ist er überzeugt: „Wir kriegen die Weltbild-Wende hin. Der Umbau- und Konsolidierungs-Prozess ist weit fortgeschritten.“Das Unternehmen wolle 2019 kräftig investieren. Insgesamt könnte der Umsatz in etwa bei 440 Millionen Euro bleiben. Doch noch geht die Zahl der Mitarbeiter bei Weltbild trotz neu eingestellter Spezialisten etwa für Marketing insgesamt weiter zurück. „Die WeltbildGruppe kommt von 1350 Mitarbeitern nach der Insolvenz und geht jetzt auf 1100 bis 1200 zu, was vor allem durch den Rückgang der Filialen begründet ist“, räumte Sailer ein. Und von den früher rund 350 Mitarbeitern in Augsburg blieben dann noch über 300 übrig. „In der Summe werden wir etwas kleiner“, sagt der Weltbild-Chef. Doch er ist optimistisch, dass sich der Prozess durch die Eroberung zusätzlicher Umsatzanteile stoppen lässt.
Dabei legt der Weltbild-CEO seine Strategie offen: Demnach will das Unternehmen als Nummer zwei im deutschen Online-Buch-Versandhandel hinter Amazon diesen Beknapp reich weiter ausbauen. Sailer: „Dabei hilft uns entscheidend der Katalog, an dem wir festhalten wollen, aber auch ein starkes Neukundenmarketing im Onlinebereich.“So sollen Marktanteile durch neue Sortimente und Kombinationsangebote von Buch und Nicht-Medien-Produkten gewonnen werden. Sailer nennt ein Beispiel: „Ein Kunde mit Rückenschmerzen bestellt bei uns eine Bandage. Wir bieten ihm gleich
Unternehmen eröffnet inzwischen neue Filialen
ein Buch mit Gymnastik-Übungen für den Rücken dazu an.“Das laufe gut. Gerade von den Bereichen „Fit & Gesund“, „Küche“, „Haushalt“und „Wohnen & Leben“verspricht sich das Management Zuwächse. Dabei soll die Nicht-Medien-Sparte mit Eigenproduktionen, die es nur bei Weltbild gibt, also etwa Kerzen mit Glitzereffekt oder Grußkarten mit einem Engelchen, von rund 40 auf 50 Prozent am Umsatz wachsen.
Die Strategie wird durch die Eröffnung neuer Filialen an TopStandorten, also etwa Filialen an Marktplätzen von Städten zwischen 50000 und 100000 Einwohnern ergänzt. Sailer glaubt deshalb: „Es geht aufwärts. Wir haben die Talsohle durchschritten.“