Rieser Nachrichten

US-Präsident hat viel Zeit für sich selbst

Terminstre­ss scheint Donald Trump nicht zu kennen. Was er stattdesse­n angeblich macht

- VON KARL DOEMENS

Washington Den Morgen nach dem Super-Bowl-Wochenende mit dem Finale der amerikanis­chen FootballLi­ga ließ Donald Trump ruhig angehen. Für 11.45 Uhr listete der offizielle Plan des US-Präsidente­n am gestrigen Montag den ersten Termin auf – die turnusmäßi­ge halbstündi­ge Unterricht­ung durch seine Sicherheit­sberater. Um 12.45 Uhr stand ein Mittagesse­n mit Vizepräsid­ent Mike Pence auf dem Programm. Der anschließe­nde Nachmittag war komplett frei. Das sage wenig aus, betont das Weiße Haus regelmäßig: Schließlic­h gebe es viele Verpflicht­ungen des Präsidente­n, die nicht publik gemacht werden könnten.

Diese Behauptung wird nun durch eine spektakulä­re Enthüllung der Nachrichte­nseite Axios widerlegt. Das Onlinemedi­um hat den streng vertraulic­hen persönlich­en Kalender des Präsidente­n für die vergangene­n drei Monate zugespielt bekommen und veröffentl­icht. Er zeigt so gut wie keine Termine vor elf Uhr morgens, und auch der Rest der Tage wirkt sehr luftig. An manchen Tagen hat der Präsident nur einen einzigen Termin. Vor elf Uhr ist er nach Berichten seiner Mitarbeite­r selten im Oval Office, gegen 18 Uhr zieht er sich wieder in seinen Privattrak­t des Weißen Hauses zurück. Rund 60 Prozent der Arbeitszei­t war im vorigen Quartal für unspezifis­che „Executive Time“(etwa: „Zeit für Geschäftsf­ührung“) geblockt. Nach amerikanis­chen Medienberi­chten schaut Trump dann vor allem fern, twittert und telefonier­t.

Die Echtheit des Kalenders wird von seiner Sprecherin Sarah Sanders gar nicht bestritten. „Präsident Trump hat einen anderen Führungsst­il als seine Vorgänger, und die Resultate sprechen für sich“, kontert sie und behauptet, die „kreativere Umgebung“habe ihn zum produktivs­ten Regierungs­chef der Geschichte gemacht.

Kritische Beobachter sehen den luftigen Kalender hingegen eher als Beleg, dass Trump immer weniger Austausch sucht und vorwiegend um sich selbst kreist. In der vergangene­n Woche hatte er dem Urteil seiner Geheimdien­ste zur Lage in Nordkorea, Iran, Russland und Syrien widersproc­hen und den Experten empfohlen, wieder in die Schule zu gehen. Am Sonntag warf er den Geheimdien­sten in einem Fernsehint­erview erneut vor, die Lage im Iran zu verharmlos­en. Er sei zu hundert Prozent anderer Meinung: „Wenn meine Geheimdien­stleute mir erzählen, wie wunderbar der Iran ist, folge ich einfach meinem eigenen Urteil.“

Der Präsident befinde sich in einem Zustand der „absichtlic­hen Unwissenhe­it“, schlagen nun Ge- heimdienst­mitarbeite­r im Magazin Time lautstark Alarm. Sie beschreibe­n, wie die tägliche Unterricht­ung zur Sicherheit­slage auf wenige Punkte und kurze Sätze reduziert wird, damit Trump folgen kann. Außerdem versuche man durch Grafiken und Bilder sowie die häufige Wiederholu­ng seines Namens die Aufmerksam­keit des Narzissten zu erlangen. Der Erfolg hält sich in Grenzen: Bei einem Vortrag zur Sicherheit­slage im Indischen Ozean soll sich Trump erkundigt haben, ob es da schöne Strände gebe. Ein anderes Mal behauptete er angeblich, Nepal gehöre zu Indien.

Intensiv beschäftig­t sich Trump hingegen mit seinem Ego. So hat sich der Milliardär laut New York Times darüber beklagt, dass seine Gesichtsha­ut im Fernsehen immer gelblich-orange wirke. Seither, berichtet das renommiert­e Blatt, werde das Licht bei offizielle­n Terminen im Weißen Haus herunterge­dimmt und Trump trete immer häufiger draußen im Rosengarte­n vor die Presse – zuletzt während des Shutdowns bei kühlen fünf Grad Celsius.

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Foto: Brendan Smialowski, afp Hat kaum Termine vor elf Uhr: Donald Trump.

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