Wo Skifahrer um Kirchtürme düsen
Am Reschenpass warten auf Grenzgänger zwischen Österreich und Italien viele Genusspisten, hippe Restaurants in historischen Gemäuern und andere Überraschungen
Villa der einstigen Fabrikantenfamilie Jörges erzählen, die später vom Dorfpfarrer vermietet wurde. Im alten Treppenhaus mit rosa Marmor und Mosaiken spürt man noch immer den Charme der Belle Époque. 2007 haben die heutigen Hoteliers das Gebäude saniert und mit einem Neubau ergänzt.
Skifahren, das kann man hier auch ganz anders. Wenn der Reschensee und der kleinere Haidersee zufrieren, tummeln sich dort die Snowkiter. Ich treffe Urlauber Gerhard aus Augsburg, einen Pionier dieses Sports. Er hat seinen Lenkdrachen ausgepackt und sortiert die langen Schnüre. Sobald die Skier angeschnallt sind und der Kite im Wind steht, lässt er sich über den verschneiten See ziehen. Lautlos, rasant und in langen Bahnen. Manchmal sieht es aus wie Fliegen. Die Seen am Reschenpass seien ein richtig gutes Revier für Snowkiter, erzählt Gerhard. „Die Winde im Tal sind so zuverlässig wie am Gardasee.“Für Anfänger gibt es Schnupperkurse und jedes Jahr eine Meisterschaft, bei der sich die SnowkiteElite Wettkämpfe liefert.
Das Vinschgau taugt aber nicht nur zum Wintersporteln. Es ist die Feinkostabteilung Südtirols. Im mediterranen Klima wachsen Birnen und Marillen. Die kann man in heimischen Obstbränden verkosten, am besten nach einem feinen Essen. Eine gute Adresse finde ich im mittelalterlichen Städtchen Glurns. Mit nur 900 Einwohnern ist es die kleinste Stadt Südtirols. Zwischen komplett erhaltenen Stadtmauern, malerischen Laubengängen und Tortürmen gibt es jede Menge zu entdecken, etwa das Lokal „Flurins Turm“. Thomas Ortler hat das angesagte Restaurant mit Bar in einem alten Gefängnisbau eingerichtet. Dort serviert er innovative, regionale und bezahlbare Gerichte auf Sterne-Niveau – etwa Gebirgsforelle mit Sepia-Crumble und fermentierte Karotte oder Kaffee-Mandel-Dulce mit Kresse.
Nach so viel Genuss wird es nun aber höchste Zeit, den Skipass wieder auszunützen. Er gilt von Nauders bis Sulden am Ortler. Top gepflegte, ultrabreite Pisten in allen Schwierigkeiten sind auf der österreichischen Seite geboten. Carven bis zum Abwinken in NaudersBergkastel. Und am Abend? Da kann ich mich wieder wie im Traum fühlen. Mit dem Pistenbully geht es zum Dinner hinauf in die neu gestylte historische Stieralm. Bullyfahrer „Pager“hat Sinn für Romantik. Er schaltet gerne mal das Licht aus. So scheint der silberne Mond über den Bergen besonders hell.