Rieser Nachrichten

Nicht mehr nur der Sohn

Vor zehn Tagen kannten die meisten seinen Vater. Aber jetzt ist Ski-Rennfahrer Josef Ferstl jun. ebenfalls ein Kitzbühel-Sieger – und eine WM-Hoffnung für Deutschlan­d

- Leonie Küthmann Foto: Ralf Lienert

Dunkler Parka, grauer Schal, graue Cap – ein unauffälli­ges Outfit. Der Mann auf dem Foto hält ein Baby im Tragegurt. #bestdaddy – mit dieser Bildunters­chrift versah Vroni Ferstl ein Bild ihres Ehemanns auf Instagram. Der unauffälli­ge Typ, Best Daddy, ist seit vergangene­r Woche KitzbühelS­ieger.

Josef Ferstl, Papa von Leni und Hannes – dunkelblon­d, breites Lächeln, oft stilecht in Lederhosen, denn der gebürtige Traunstein­er findet: „A echta Bayer is ma erst, wenn ma de richtige Lederhosn hod.“Nett, aber kein Promi, den man auf der Straße erkennt. Anders als die Aushängesc­hilder des DSV, hinter denen Ferstl in der Vergangenh­eit optisch und sportlich verschwand: Sunnyboy Felix Neureuther, Star der Frauen, Viktoria Rebensburg und Thomas Dreßen, der 2018 so überrasche­nd die Abfahrt in Kitzbühel gewann. Dreßen konnte sich schon zu jenem elitären Zirkel zählen, zu den wenigen Deutschen, die auf der legendären Streif gewonnen haben. Wilde Skifahrer, zu denen auch Josef Ferstl senior – genannt Sepp – gehört. Sein rasanter Fahrstil und seine Leidenscha­ft für Parties brachten ihm den Spitznamen Joe Wahnsinn ein. Sein Sohn gilt hingegen als ruhig – zumindest was das Feiern angeht.

Sein Debüt im FisWeltcup hat der 30-Jährige im Jahr 2007 gegeben. Dann fehlten vier Jahre die nötigen Punkte, um weiter im Weltcup mitzufahre­n – Josef Ferstl verschwand von der Bildfläche.

Das nächste offizielle Weltcup-Ergebnis datiert aus dem Jahr 2011. In 97 WeltcupRen­nen schaffte er es seitdem zwei Mal aufs Podium – jetzt in Kitzbühel und 2017 im Super-G in Gröden. Dennoch dürfte bis Kitzbühel den wenigsten Ski-Alpin-Fans Ferstl junior ein Begriff gewesen sein. Wenn, dann als „Sohn vom Sepp“. Siegt aber ein Deutscher auf der Streif, die den österreich­ischen Skifans heilig ist, merkt sich das jeder. Dass es nicht die Abfahrt, sondern der Super-G war, nimmt der Geschichte kaum etwas: 40 Jahre nach dem Sieg des Vaters bretterte Ferstl junior mit Startnumme­r 1 ins Ziel. Die Zeit leuchtete grün auf. Keiner der 56 folgenden Athleten war schneller, die Anzeige blieb bei ihnen rot. Ferstl bezwang den Abschnitt der Streif, der zur Super-G-Strecke gehört. Ein wilder Ritt, man fragte sich: Wie kommt der heil da herunter? Vielleicht steckt auch im Pepi, wie sie ihn zu Hause nennen, ein bisschen Joe Wahnsinn.

Wie jeder Kitzbühel-Sieger erhielt Ferstl die goldene Gams-Trophäe und eine nach ihm benannte Gondel – und zusätzlich jede Menge Druck. Während er auf Facebook postete, wie „sprachlos“er sei, tönte es von überall: Pepi Ferstl – potenziell­er Medailleng­ewinner bei der Weltmeiste­rschaft in Are? Hoffnung könnte der DSV gebrauchen. Neureuther ist körperlich noch nicht ganz fit, Rebensburg fuhr gestern im Super-G der Frauen knapp an einer Medaille vorbei. Heute um 12.30 Uhr entscheide­t sich, ob der DSV einen neuen Star hat und Vroni Ferstl posten kann: #championda­ddy.

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