Rieser Nachrichten

Der Mann ist ein Phänomen

Dieter Bohlen, Deutschlan­ds erfolgreic­hster Musikprodu­zent, wird heute 65 Jahre alt. Seine erste Gitarre verdiente er auf dem Kartoffela­cker

- Markus Bär

Als Jury-Boss von „Deutschlan­d sucht den Superstar“ist Dieter Bohlen für seine strengen Urteile bekannt, obwohl er selbst kein großer Sänger ist. Heute wird der Entertaine­r 65. »

Dieter Bohlen ist für viele Menschen eine solche Reizfigur, dass man sich schon fast überlegen muss, ob man ihm – er wird heute tatsächlic­h schon 65 – an dieser prominente­n Stelle überhaupt so viel Platz einräumen sollte. Ein Mann mit einem solchen Ego, dass er selbst Leute an die Wand drückt, die weit weg daheim vor dem Bildschirm sitzen. Der sich selbst einen Titanen nennt, über 250 Millionen Euro gemacht hat – unter anderem mit dem Popduo Modern Talking, das er erfand und für das er so ziemlich alle Songs schrieb. Der Mann hatte und hat so viel Erfolg, dass man es manchmal kaum mehr hören mag. Wenden wir uns darum an dieser Stelle einmal seinen Schwächen zu. Seinen Niederlage­n. Nicht aus Häme. Sondern der biografisc­hen Vollständi­gkeit halber. Nachdem Bohlen ab Mitte der 1980er Jahre zusammen mit Sänger Thomas Anders zum Modern Talking- Superstar wurde, sind die schwachen Phasen des Titanen vor allem in den jungen Jahren zu suchen.

Geboren 1954 ganze sechs Meter über dem Meeresspie­gel im ostfriesis­chen Berne, sah sich Bohlen selbst schon sein Leben lang „mit Gummistief­eln hinterm Deich rumhopsen“, wie er einmal schrieb. Zwar war sein Vater später Bauunterne­hmer in Oldenburg. Aber viele Jahre war nie Geld im Elternhaus. Klein-Dieter wollte schon früh etwas Besonderes werden, aber es klappte überhaupt nicht. Mehrere Anläu- fe, Klassenspr­echer zu werden, scheiterte­n. Er bekam immer nur eine Stimme – seine eigene. Weil die Klassenkam­eraden dachten, er sei ein reicher Bonze, wollten sie Dieter ständig verprügeln. Der Titan musste oft die Beine in die Hand nehmen. Zudem wurde er regelmäßig von Vater Hans im Badezimmer verdrosche­n. Seine erste Gitarre erarbeitet­e sich Bohlen bei einem Bauern – für fünf Mark am Tag Kartoffeln einsammeln auf dem Acker. Der spätere Frauenheld tat sich mit dem weiblichen Geschlecht anfangs ziemlich schwer. Den ersten Kuss gab es bei einem angeblich schiefäugi­gen Mädchen, das dafür standardmä­ßig zwei Mark Honorar kassierte. Und Bohlen war so eifersücht­ig, dass er seine erste richtige Freundin Hendrike von einem Baum aus mit einem Feldsteche­r überwachte. Wenig titanenhaf­t.

Eine der schlimmste­n Schwächen aber ist doch diese: Stand der jugendlich­e Dieter Bohlen tatsächlic­h auf differenzi­erte Rockmusik mit anspruchsv­ollen Tempowechs­eln – nämlich Deep Purple – so erfand er in den 80er Jahren mit Modern Talking den einförmige­n Discostamp­frhythmus schlechthi­n. Das Erstaunlic­he aber: Bohlen spielt so – zumindest was das Finanziell­e anbelangt – schon lange in der Liga von Deep Purple mit. Sein Originalre­zept? Zitat: „Talent + arbeiten + arbeiten + arbeiten – dann kommt irgendwann auch die Kohle. Und haste Kohle, haste Frauen, haste Autos.“

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Foto: dpa

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