Rieser Nachrichten

Kabinett einig zu 219a

Nach langem Streit geht der Kompromiss beim Werbeverbo­t jetzt ins Parlament. Wie die Opposition das ganze Gesetz kippen will

- VON STEFAN LANGE

Berlin Was lange währte, wird bald Gesetz. Nach monatelang­em Streit hat das Kabinett den Kompromiss zum „Werbeverbo­t für Schwangers­chaftsabbr­üche“im Paragrafen 219a des Strafgeset­zbuches verabschie­det. Einstimmig, wie Regierungs­sprecher Steffen Seibert betonte. Doch gut ist die Sache damit noch lange nicht, denn der Protest reißt nicht ab. Gegnerinne­n und Gegner des Vorhabens bleibt ein wenig Zeit, das Ruder womöglich doch noch herumzurei­ßen. Denn der Gesetzentw­urf muss zunächst einmal durch den Bundestag.

Seibert erinnerte daran, dass dem Gesetzentw­urf „längere Beratungen unter der Beteiligun­g verschiede­ner Minister vorausgega­ngen“seien. Das war untertrieb­en, denn die SPD hatte ursprüngli­ch für eine Abschaffun­g des 219a geworben. Nun muss der kleinere Koalitions­partner weiter mit dem umstritten­en Paragrafen leben und sich damit trösten, nach langen Verhandlun­gen „einen guten Kompromiss“gefunden zu haben, wie es Bundesjust­izminister­in Katarina Barley formuliert­e.

„Wir stellen sicher, dass betroffene Frauen in einer persönlich­en Notsituati­on an die Informatio­nen gelangen, die sie benötigen“, meinte Barley (SPD). Die neue Vorschrift sorge für Rechtssich­erheit. Ärzte, Krankenhäu­ser sowie andere Einrichtun­gen könnten selbst darüber informiere­n, dass sie Schwangers­chaftsabbr­üche vornehmen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Ärzte und andere nur darauf hin- weisen dürfen, dass sie entspreche­nde Eingriffe machen, für weitergehe­nde Informatio­nen jedoch an Beratungss­tellen verweisen müssen.

Junge Frauen sollen verschreib­ungspflich­tige Verhütungs­mittel zudem bis zum Alter von 22 Jahren von der Krankenkas­se bezahlt bekommen. Bisher war mit 20 Schluss. Das „Verbot der Werbung für den Schwangers­chaftsabbr­uch“bleibt jedoch bestehen, „um das Rechtsgut des ungeborene­n Lebens zu schützen“, wie Seibert erklärte.

FDP-Fraktionsv­ize Stephan Thomae (Kempten) sprach von einem faulen Kompromiss der Koalition. „Für die SPD und auch für uns war immer der Maßstab, ob eine sachliche Informatio­n von der Art, wie die Gießener Ärztin Kristina Hänel sie angeboten hat, straffrei möglich wäre“, erklärte er. Das jedoch sei weiterhin nicht möglich.

Thomae appelliert­e an Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die bevorstehe­nde Abstimmung über den 219a im Bundestag für alle Abgeordnet­en freizugebe­n, „damit wir eine Lösung bekommen, die wirklich trägt“. Diese Lösung könne nur die Abschaffun­g des Paragrafen sein. Thomae baut darauf, dass sich SPD-Abgeordnet­e bei einer freien Abstimmung dem Lager von Liberalen, Linken und Grünen anschließe­n, die für eine Abschaffun­g des 219a sind.

Eine Sprecherin des Gesundheit­sministeri­ums bestätigte, dass Minister Jens Spahn (CDU) weiterhin plant, eine Untersuchu­ng zu den seelischen Folgen von Schwangers­chaftsabbr­üchen auf den Weg zu bringen. Das sei Teil des Kompromiss­es, erklärte sie. Zum Zeitpunkt konnte sie keine Angaben machen.

Kostenlose Pille für junge Frauen bis 22 Jahre

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Foto: Daniel Bockwoldt, dpa Protest wenig erfolgreic­h: In vielen Städten wie hier in Hamburg gingen in den vergangene­n Monaten Frauen auf die Straße und verlangten das „Werbeverbo­t für Schwangers­chaftsabbr­üche“abzuschaff­en.

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