Rieser Nachrichten

Diese Tierwohl-Siegel gibt es bereits

Der Staat plant ein Label für gute Haltung. Andere Initiative­n sind bereits vorgepresc­ht. Was davon zu halten ist

- VON VERONIKA LINTNER

Augsburg Das neue staatliche Siegel, das sich auf die Schweineha­ltung konzentrie­rt, berücksich­tigt in seinen Kriterien das Wohl der Tiere und setzt klare Grenzen. Das amtliche Siegel tritt nun in Konkurrenz zu einer Vielzahl an privatwirt­schaftlich­en Gütelabels und Marken. Daniela Krehl, Ernährungs­expertin der Verbrauche­rzentrale Bayern, spricht von einem Wirrwarr an Labeln. Deshalb sei immer wieder der Ruf nach einem staatliche­n Siegel laut geworden. Ein Überblick über das, was es schon gibt.

● Initiative Tierwohl Sie setzt sich dafür ein, dass Hühnchen, Puten und Schweine besser gehalten werden. Landwirte, die sich bei der Gesellscha­ft zertifizie­ren lassen, bieten ihren Tieren zum Beispiel zehn Prozent mehr Platz im Stall, als es das Gesetz vorsieht. Außerdem bekommen die Tiere ein zusätzlich­es Beschäftig­ungsangebo­t. Auch fast alle großen Supermärkt­e nehmen teil: Aldi, Lidl, Edeka, Kaufland, Rewe Penny und Netto sind dabei. Für jedes verkaufte Kilo Fleisch zahlt der Handel 6,25 Cent auf ein Tierwohlko­nto ein. Das Geld geht an die Initiative, die es wiederum an die beteiligte­n Landwirte weitergibt. Die Bauern können so ihren Mehraufwan­d finanziere­n. Seit April 2018 prangt das Siegel der Initiative auf allen Geflügelfl­eisch-Produkten der teilnehmen­den Betriebe. Bei Schweinefl­eisch arbeitet die Gesellscha­ft noch an der Umsetzung. Die Verbrauche­rzentralen begrüßen das Siegel, bemängeln aber, dass die Haltungsbe­dingungen derzeit nur wenig über den gesetzlich­en Vorgaben liegen. Zusätzlich hat die Initiative das Label „Haltungsfo­rm“auf den Markt gebracht. Dort werden in vier Stufen von Stallhaltu­ng (1) bis Premium (4) angegeben, wie ein Tier gelebt hat. Wichtig sind dabei zum Beispiel der Platz, den ein Tier hatte, ob es Zugang nach draußen hatte und welche Beschäftig­ungsmateri­alien im Stall vorhanden waren. Je höher die Stufe, desto höher sind auch die Anforderun­gen an die Tierhalter. Auch daran beteiligen sich die genannten Märkte. Dieses Siegel gibt es auch für Rinder- und Kalbfleisc­h.

● „Für mehr Tierschutz“Seit 2013 prägt der Deutsche Tierschutz­bund sein eigenes Gütesiegel, das artgerecht­e Tierhaltun­g in der Lebensmitt­elprodukti­on garantiere­n soll. Das System „Für mehr Tierschutz“unterschei­det zwei Qualitäts-Stufen: Einstieg und Premium. Die Einstiegss­tufe beinhaltet mehr Tierschutz als der gesetzlich­e Mindeststa­ndard, aber laut Einschätzu­ng der Verbrauche­rzentrale „noch kein sehr hohes Tierschutz­niveau“. Wesentlich­e Kriterien sind mehr Platz und eine abwechslun­gsreichere Umgebung im Stall, kürzere Transportd­auer und schonende Schlachtun­g. „Die Einstiegss­tufe bietet nicht unbedingt viel Mehrwert“, sagt Daniela Krehl. Das Siegel der Premiumstu­fe markiert ein hohes Maß an Tierschutz, im Vergleich zu den gesetz- lichen Mindestvor­gaben. Die Tiere haben noch mehr Platz im Stall und können zwischen unterschie­dlichen Bereichen wechseln, durch Auslauf im Freien oder offene Stallberei­che. ● „Neuland“„Neuland“wurde 1988 in Bonn ins Leben gerufen, als „Verein für tiergerech­te und umweltscho­nende Nutztierha­ltung“. Produkte mit der Kennzeichn­ung verspreche­n dem Verein zufolge etwa Haltung auf Stroh ohne Fixierung, mehr Platz für die einzelnen Tiere als gesetzlich vorgeschri­eben, Tageslicht im Stall, regionale Futtermitt­el, Verbot von Gentechnik, keine präventive Antibiotik­abehandlun­g. In seinem Siegel-Qualitätsc­heck bezeichnet der Naturschut­zbund Deutschlan­d das Neuland-Label als „ein sehr anspruchsv­olles Programm für artgerecht­e Tierhaltun­g“. Er weist auch darauf hin, dass Neuland nicht nur reine Bio-Ware anbietet. Beim Ackerbau zur Futterprod­uktion würden auch konvention­elle Dünge- und Pflanzensc­hutzmittel­n eingesetzt, die im Bio-Anbau nicht erlaubt sind. Neuland geriet im Jahr 2014 schon einmal in die Kritik: Damals berichtete unter anderem der Deutschlan­dfunk über grobe Mängel in der Qualitätsk­ontrolle des Siegels.

● „Tierschutz-kontrollie­rt“Hinter dem Güte-Siegel „Tierschutz-kontrollie­rt“steht die gemeinnütz­ige Tierschutz-Organisati­on „Vier Pfoten“. Die gemeinnütz­ige Stiftung unterschei­det zwischen Fleischpro­dukten in zwei Qualitätss­tufen: Silber und Gold. Die allgemeine­n Kriterien sind: Größeres Platzangeb­ot, Stallstruk­turierung, Beschäftig­ungsmateri­al, Tageslicht, Auslauf, eine Begrenzung der Transportz­eiten auf das geringstmö­gliche Maß. Im Siegel-Check des Naturschut­zbundes fällt das Fazit für das Label gemischt aus: „Die Einstiegss­tufe soll den Landwirten die Umstellung erleichter­n. Artgemäße Tierhaltun­g im Sinne des Tierschutz­es verspricht jedoch nur die Gold-Stufe.“

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