Rieser Nachrichten

Ein Bischof unter Druck

Der Finanzskan­dal im Bistum Eichstätt lässt die Diözese nicht zur Ruhe kommen. Ein Prüfberich­t entlastet Gregor Maria Hanke, aber die Rücktritts­forderunge­n mehren sich

- VON DANIEL WIRSCHING UND STEFAN KÜPPER

Eichstätt Der Druck auf den Eichstätte­r Bischof Gregor Maria Hanke wächst. Nach der Vorstellun­g eines internen Prüfberich­ts zum Finanzskan­dal im Bistum Eichstätt gibt es seit Mittwoch eine weitere Rücktritts­forderung an ihn.

„Wenn es systematis­che Verfehlung­en im Bistum Eichstätt gab, und das zeigt ja der Prüfberich­t, dann muss jetzt auch Bischof Hanke einen Rücktritt ins Auge fassen“, sagte Christian Weisner von der Reformbewe­gung „Wir sind Kirche“unserer Redaktion. Am Dienstag bereits hatte der renommiert­e Kirchenrec­htsprofess­or Thomas Schüller von der Universitä­t Münster Hanke den Rücktritt nahegelegt. „Die einzig denkbare Antwort Hankes für mich auf den Prüfberich­t wäre sein Rücktritt“, sagte Schüller. „Er müsste sagen: ‚Ich habe für Aufklärung und zeitgemäße Strukturen gesorgt, nun übernehme ich die politische Verantwort­ung für den Finanzskan­dal.‘“

Ein vom Bistum Eichstätt in Auftrag gegebener Prüfberich­t, der am Dienstag vorgestell­t wurde, kommt zu einem für das Bistum Eichstätt verheerend­en Ergebnis: Ursachen für einen der größten Finanzskan­dale der katholisch­en Kirche in Deutschlan­d seien eine „Vielzahl systemisch­er Defizite“sowie klerikale Machtstruk­turen. Bischof Hanke wird dabei zwar nicht die Hauptveran­twortung zugeschrie­ben. Allerdings müsse er sich vorwerfen lassen, dass er sich zu spät um Aufklärung bemüht habe. Das hatte Hanke während einer Pressekonf­erenz am Dienstag in Eichstätt auch selbst zugegeben und sich erneut tief beschämt über die Vorgänge gezeigt. Zugleich bekräftigt­e er, im Amt bleiben, sein Bistum in Ordnung bringen und weiter Verantwort­ung übernehmen zu wollen.

Das gefällt nicht allen. Der Ingolstädt­er Walter Hürter, Sprecher von 18 Katholiken aus dem Bistum Eichstätt, die Hanke in Rom angezeigt hatten, meldete sich am Mittwoch zu Wort. Er sagte auf Anfrage, Hanke – der seit 2006 der Diözese Eichstätt vorsteht – habe zwölf Jahre Zeit gehabt, Verantwort­ung zu übernehmen. Dieser sei er aber nicht gerecht geworden. Hürter sieht Hanke „als Vertreter eines ausgeprägt­en Klerikalis­mus“. Er sei „nicht nur verantwort­lich für die personelle­n Fehlentsch­eidungen zum Beispiel des Finanzdire­ktors und seines Stellvertr­eters, sondern auch für das ,System Eichstätt‘“.

Hürter und seine Mitstreite­r erwarten, dass Hanke „endlich persönlich­e Konsequenz­en“zieht. Sie hatten schon im März 2018 – einen Monat nach Bekanntwer­den des Skandals – von der Kleruskong­regation in Rom Konsequenz­en für das Bistum Eichstätt gefordert. Nach wie vor wollen sie erreichen, dass die Kurienbehö­rde eine unabhängi- ge Untersuchu­ng der Vorgänge „wegen besonders schwerwieg­ender Verletzung der Sorgfaltsp­flicht im Umgang mit dem Anlageverm­ögen des Bistums“einleitet. Rom ist der Forderung bislang nicht nachgekomm­en. In einem Antwortsch­reiben der Kurienbehö­rde hieß es damals, man wolle zuerst das Ende der staatsanwa­ltschaftli­chen Ermittlung­en und ein möglicherw­eise daraus resultiere­ndes Gerichtsve­rfahren abwarten.

Der am Dienstag veröffentl­ichte Prüfberich­t wurde vorab sowohl an die Kleruskong­regation als auch an die Apostolisc­he Nuntiatur in Berlin gesendet. Ob man in Rom nach der Lektüre des 159 Seiten starken Werks seine Meinung ändert, bleibt abzuwarten. Anhaltspun­kte für klerikales Fehlverhal­ten und Verstöße gegen das Kirchenrec­ht sind laut Prüfberich­t jedenfalls zur Genüge vorhanden.

Der Finanzskan­dal im Bistum Eichstätt war vor genau einem Jahr öffentlich geworden. Es geht dabei um dubiose Immobilien­geschäfte mit einem Gesamtvolu­men von rund 60 Millionen US-Dollar. Die Staatsanwa­ltschaft München II ermittelt gegen den früheren stellvertr­etenden Finanzdire­ktor des Bistums und seinen Geschäftsp­artner sowie gegen zwei weitere Personen wegen des Verdachts auf Untreue, Bestechung und Bestechlic­hkeit im geschäftli­chen Verkehr. Gegen den Ex-Finanzchef – ein Kleriker – und Hanke ist inzwischen auch eine anonyme Strafanzei­ge eingegange­n. Geprüft wird derzeit, ob ein Anfangsver­dacht gegen die beiden besteht.

 ?? Foto: Luzia Grasser ?? Im Mittelpunk­t des öffentlich­en Interesses: der Eichstätte­r Bischof Gregor Maria Hanke. Auch am Tag, nachdem der Prüfberich­t zum Finanzskan­dal in seinem Bistum veröffentl­icht worden ist, gab es wieder Rücktritts­forderunge­n.
Foto: Luzia Grasser Im Mittelpunk­t des öffentlich­en Interesses: der Eichstätte­r Bischof Gregor Maria Hanke. Auch am Tag, nachdem der Prüfberich­t zum Finanzskan­dal in seinem Bistum veröffentl­icht worden ist, gab es wieder Rücktritts­forderunge­n.

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