Kultureller Glücksgriff für Oettingen
Junge Oettinger Künstler eröffnen Atelier und Galerie namens Markise. Was hinter ihrer Idee steckt
Oettingen Alt-ehrwürdig ist ein Begriff, der für die Institution „FotoFischer“in Oettingen wie geschaffen ist. Dass sich, nachdem das Geschäft schon geraume Zeit geschlossen war, in den schmucken Räumen zwei junge Künstler selbstständig machen, ist so etwas wie ein kultureller Glückstreffer für Oettingen.
Sie sind beide in Oettingen geboren und aufgewachsen, kennen sich schon seit ihrer frühen Kindheit: Wolf J. Gruber und Stefan Seiler. Schon als Jugendliche schlossen sie sich zusammen, um gemeinsam auf einer bekannten Internetplattform ihre frühen Werke der Öffentlichkeit zu präsentieren. Erst durch ihre getrennten künstlerischen Ausbildungen trennten sich ihre Wege, den einen zog es nach Ulm, den anderen nach Augsburg. Während sich Wolf Jacob Gruber als Illustrator, Karikaturist, Linol- und Holzschneider einen Namen gemacht hat, beschäftigt sich Stefan Sailer vorwiegend mit Leinwand- und Aquarellarbeiten, mit Bildern, die er selbst als „geschlossene Vergnügungsparks“bezeichnet, in denen er dem Betrachter viel Interpretations- spielraum lässt, um seine fantasievollen, auch sozialkritischen Motive zu hinterfragen. Die beiden Freunde haben sich trotz räumlicher Trennung nie aus den Augen verloren. Als Wolf Gruber dann nach Oettingen zurückkehrte, entstand die Idee eines gemeinsamen Ateliers, ohne jedoch wirklich daran zu glauben, dass sich so ein Vorhaben finanziell würde stemmen lassen. Dass dann Frechheit siegen kann und noch dazu so schnell und unkompliziert, das hätten beide nicht zu träumen gewagt.
Grubers Idee: zunächst mal alle leer stehenden Läden abklappern, von denen es in der Oettinger Innenstadt leider einige gibt. Im alten „Foto-Fischer“-Laden begann er zu „klappern“und rannte beim Besitzer-Ehepaar sofort offene Türen ein. Mehr noch: die Fischers waren froh, dass sich die kreative Tradition ihres Hauses ja auch so fortsetzen könne und unterstützten die beiden Künstler, wo sie nur konnten. Bei der Miete, mit der Einrichtung und auch mit „persönlicher Beratung“. Und so eröffnete sich für Gruber und Sailer in Rekordzeit eine tolle Zukunftsperspektive. „Es hat wohl so sein sollen“, sagen beide unisono. Dass da sehr vieles zusammenpasst, spürt man beim Besuch in der „Markise“sofort: moderne Kunst und alte Möbel, viele Einzelstücke habe die Vermieter „spendiert“. Die alte „Hohlkehle“, die noch im einstigen Fotoatelier existierte, dient jetzt als besondere „Bühne“ für besondere Kunstwerke. Aber warum der Name „Markise“?
Die Frage stellt sich sofort, ist aber auch schnell erklärt. „Unsere Arbeiten sind so unterschiedlich, dass ein gemeinsamer Nenner nicht so einfach zu finden ist“, sagt Stefan Seiler und Wolf Gruber ergänzt augenzwinkernd „und weil der Begriff Blauer Reiter leider schon vergeben ist, haben wir auf das zurückgegriffen ist, was da ist. Nämlich die schöne alte Markise vor dem Laden – und schon hatten wir ein gemeinsames Dach!“Im Sommer werden sie die „echte“Markise aufspannen und damit noch mehr Aufmerksamkeit erregen in Oettingen als jetzt schon. Denn neugierige Blicke, „was denn da passiert“und etliche Anfragen nach Passfotos wegen des früheren Foto-Geschäfts haben sie schon erhalten.
Wer mehr vom kreativen Glücksgriff in Oettingen sehen will, hat am 8. Februar ab 19 Uhr (offizielle Eröffnung) Gelegenheit dazu, an den beiden Folgetagen, 9. und 10. Februar, ist jeweils von 14 bis 19 Uhr geöffnet. Die Adresse? Nicht zu verfehlen: Schloßstraße 10, Oettingen, Foto-Fischer-Haus, mit noch eingezogener Markise.