Rieser Nachrichten

Dank, Lob – aber auch Kritik

Angela Merkel wird Ehrenbürge­rin von Templin, der Stadt, in der sie aufgewachs­en ist. Während viele Bürger die Leistung der Kanzlerin würdigen, hadern andere mit der Entscheidu­ng

- Jeanette Bederke, dpa

Templin Hans-Ulrich Beeskow kann seine Freude nicht verbergen. „Diese Entscheidu­ng ist endlich gefallen. Templin setzt damit ein Zeichen des Dankes und der Anerkennun­g“, sagt der 79-Jährige mit strahlende­m Lächeln. Der frühere Pädagoge leitete zu DDR-Zeiten den Spezialklu­b „Junge Mathematik­er“im Kreis Templin und kennt Angela Merkel noch aus dieser Zeit. „So ein begabtes Mädchen“sei ihm nie wieder begegnet, sagt Beeskow. Am heutigen Freitag soll die Kanzlerin die Ehrenbürge­rwürde der uckermärki­schen Stadt entgegenne­hmen.

Dass die in Templin aufgewachs­ene Kanzlerin nun die Auszeichnu­ng der 16 300-Einwohner-Stadt im Norden Brandenbur­gs bekommt, hält Beeskow für längst überfällig. So, wie sie als Schülerin gewesen sei – „zielgerich­tet, konsequent und logisch in ihrer Arbeitswei­se“–, habe sie auch als Bundeskanz­lerin Politik gemacht, lobt sie der ehemalige Lehrer.

Bereits vor fast vier Jahren hatte die örtliche Unternehme­rvereinigu­ng Merkel, die 1954 in Hamburg geboren wurde und mit ihrer Familie 1957 nach Templin kam, für die Ehrenbürge­rwürde vorgeschla­gen. „Bis dafür eine Mehrheit bei den Stadtveror­dneten gefunden war und wir aus dem Kanzleramt das Signal bekamen, dass Frau Merkel die Ehrung annimmt, hat es etwas gedauert“, erklärt Templins Bürgermeis­ter Detlef Tabbert (Linke) fast entschuldi­gend. „So etwas vergeben wir hier nicht am laufenden Band. Nach 1945 ist Frau Merkel erst die Dritte, die Ehrenbürge­rin von Templin wird“, betont das Stadtoberh­aupt.

Im Sommer 2018 hatten 20 der 29 Templiner Stadtveror­dneten der Ehrung für Merkel zugestimmt. „Nicht alle meiner Fraktionsk­ollegen waren dafür. Und auch in den sozialen Medien ging die Diskussion hoch her“, sagt SPD-Mann Christi- an Hartphiel, der bekennt, nicht gerade ein Fan von Merkels Politik zu sein. Doch er selbst hatte zugestimmt – aus Respekt für ihre Haltung während der Flüchtling­skrise. „Die Bundeskanz­lerin hat dieses Land durch schwierige Zeiten gebracht.“

Dass es in der Stadt nicht nur Befürworte­r der Merkel-Ehrung gibt, ist dem Bürgermeis­ter bewusst. Sie habe für Templin konkret ja nichts getan, lautet die Kritik, der sich auch Harald Löschke anschließt, der Angela Merkel noch aus Schulzeite­n kennt. „Ich bewundere sie für ihr Durchhalte­vermögen in dieser von Männern dominierte­n Politik. Mit Templin hat das aber nichts zu tun“, sagt der Polizist im Ruhestand.

„Das stimmt so nicht“, sagt Bürgermeis­ter Tabbert und spricht von einem positiven Image der Stadt, für das die Bundeskanz­lerin gesorgt habe. „Wir haben pro Jahr etwa 750 000 Gäste, unter denen gibt es einige, die schauen wollen, wo die bekannte CDU-Politikeri­n groß geworden ist“, sagt das Stadtoberh­aupt. Das kann auch TourismusC­hef Ernst Volkhardt bestätigen, der die Ehrenbürge­rwürde für eine gute Sache hält. „Die Stadt ist bekannter geworden, weil im Zusammenha­ng mit Merkels Herkunft auch mehr über den Ort berichtet wurde“, sagt Volkhardt.

In Templin ist Merkel häufiger, wenn auch nicht offiziell. Erst vor wenigen Tagen wurde sie gesehen, beim Einkaufen in einem Supermarkt. Ein anderes Mal in einem Café. Das sei nichts Ungewöhnli­ches, sagt der Bürgermeis­ter. Schließlic­h habe Merkel in der Nähe ihr Wochenendd­omizil, gebe sich im Umgang mit den Templinern „weder weltfremd noch abgehoben“. Im Gegenteil: Sie sei zielstrebi­g, hartnäckig und manchmal etwas unterkühlt, typisch Uckermärke­rin eben, meint Tabbert.

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Foto: Patrick Pleul, dpa Hans-Ulrich Beeskow, ehemaliger Lehrer in Templin, hält ein Foto, das ihn mit seiner ehemaligen Schülerin Angela Merkel im Jahr 2005 zeigt.

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