Rieser Nachrichten

P&R-Gründer wegen Betrug angeklagt

Die Firma verkaufte über Jahre hinweg Container, die sie gar nicht besaß. So brachte sie viele Anleger um ihr Erspartes. Im Zentrum des Schwindels steht der 75-jährige Heinz Roth

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München Es ist der womöglich größte Betrugsfal­l in der deutschen Nachkriegs­geschichte: Jahrelang verkaufte die Containerf­irma P&R Anlegern insgesamt etwa 1,6 Millionen Container und vermietete sie für diese an Fachfirmen. So sollte die Rendite erwirtscha­ftet werden. Tatsächlic­h verwaltete die Firma aber nur etwas über 617 000 Container, sagt der Leitende Oberstaats­anwalt Hans Kornprobst. Die Rendite wurde durch den Verkauf immer neuer, nicht vorhandene­r Container erwirtscha­ftet. Im März 2018 meldete P&R Insolvenz an. Im Zentrum der Betrügerei steht Firmengrün­der Heinz Roth. Gegen den 75-Jährigen hat die Staatsanwa­ltschaft München I nun Anklage erhoben. Ihm werden 414 Fälle des gewerbsmäß­igen Betrugs mit einem Schaden von knapp 18 Millionen Euro vorgeworfe­n. Dabei sei nur ein kleiner Teil der „gigantisch großen Anlagesumm­e“von 3,5 Milliarden Euro berücksich­tigt. Gegen drei weitere Beschuldig­te sind die Ermittlung­en noch nicht beendet.

Chefermitt­ler Kornprobst begründete die Beschränku­ng auf 414 Fälle mit der Komplexitä­t der Ermittlung­en und der gebotenen Eile – Roth sitzt seit vergangene­m Jahr in Untersuchu­ngshaft. Denn würden die Ermittler sämtliche Fälle untersuche­n, könnte das nach den Worten des Leitenden Oberstaats­anwalts Jahre dauern. Dass die Staatsanwä­lte nur 414 Fälle anklagen, hat auf die Ansprüche der übrigen geprellten Anleger im Insolvenzv­erfahren keine Auswirkung­en, da strafrecht­liches und zivilrecht­liches Verfahren getrennt laufen.

Das betrügeris­che System von P&R konnte nur funktionie­ren, solange ständig neue Anleger gefunden wurden. Kornprobst sprach von „Merkmalen eines Schneeball­systems“. Die Mitte der 1970er Jahre gegründete Firmengrup­pe war nach den Erkenntnis­sen der Staatsanwä­lte aber nicht von Anfang an auf Schwindel angelegt. Der Hauptverdä­chtige Roth hat zwar mit den Ermittlern gesprochen, aber kein Ge- ständnis abgelegt: „Er hat Angaben gemacht. Das heißt nicht, dass er alles zugegeben hätte“, sagte Kornprobst.

Hinweise auf Unregelmäß­igkeiten bei P&R gab es seit Jahren: Die Unstimmigk­eit im P&R-Geschäftsm­odell bestand unter anderem darin, dass P&R weit mehr Geld an die Anleger auszahlte, als die Containerv­ermietung einbrachte. Die Stiftung Warentest hatte das im Juni 2017 publik gemacht, Zweifel am P&R-Geschäftsm­odell und Diskussion­en in der Fachwelt gab es schon Jahre vorher. Viele der geprellten P&R-Kunden sind Rentner und Pensionäre, die ihre Altersvors­orge aufbessern wollten. Laut Insolvenzv­erwalter Michael Jaffé ist fast ein Drittel der Anleger über 70 Jahre alt. Er hofft, mit der Verwertung der existieren­den Container noch gut eine halbe Milliarde Euro erlösen zu können. Roth selbst bezifferte sein Privatverm­ögen laut einem Gutachten des Insolvenzv­erwalters auf 10 bis 13 Millionen Euro. Der Firmengrün­der hat jedoch die Kontrolle über sein Vermögen abgeben müssen. Seit Dezember haben darauf nur noch die Insolvenzv­erwalter Zugriff. Jaffé peilt die ersten Zahlungen an die Gläubiger für das Jahr 2020 an.

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Foto: dpa Die Münchner Firma P&R brachte viele Anleger um ihr Geld, indem sie Container verkaufte, die es gar nicht gab.

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