Ausgeschwärmt
Bald ist Schluss für den „Nachtschwärmer“in Nördlingen. Die Kneipe in der Ankergasse hatte sich durch ihren Hippie-Look von der Konkurrenz abgehoben
Nördlingen Das Lokal in der Ankergasse, benannt nach dem angrenzenden Brauereigelände, war im Laufe der Jahrzehnte immer wieder Kultstätte – in den 80er Jahren feierte man hier im „Dolce Vita“, in den Neunzigern pilgerten Jugendliche aus weitem Umkreis ins „Barfly“. Zuletzt machte die Kneipe einen Zeitsprung rückwärts in die 60er und 70er Jahre: 2015 erfüllte sich der bekennende Alt-Hippie Peter Pastor, besser bekannt als „Flap“, einen Traum und gab den Jahrzehnten „mit der besten Musik aller Zeiten“eine Bühne.
Die Wände tauchte er in Orange, an die Hauptwand ließ er psychedelische Kreise im Hippie-Look malen, Künstler wie Jimmie Hendrix oder Creedence Clearwater Revival wurden überall verewigt. „Die Räumlichkeiten waren wie geschaffen dafür und begeisterten mich von Anfang an“, schwärmt er. „Die zentrale Tanzfläche, daneben die Bar, ein abgeschiedener Nebenraum – ideal.“Die Werbekampagne hatte er in ein Geheimnis gehüllt, das von Mal zu Mal ein bisschen mehr gelüftet wurde wie „Die Flower-PowerZeit kommt wieder – nächste Woche mehr darüber.“
Die Rechnung, auf Neugier zu setzen, ging auf, das Publikum strömte zur Eröffnung. Gute Freun- sagten ihm aber, dass der MusikKult, den Flap bewusst inszenieren wollte, nicht mit einer VerweilKneipe harmonierte. Also setzte er den Schwerpunkt auf LivemusikEvents mit regionalen Bands, die zum Teil nicht nur Publikum anzogen, sondern gleich mitbrachten – die „Fire Devils“beispielsweise, die übrigens Ende März noch einmal auftreten, hatten gleich bis zu 60 Fans dabei. Sein Konzept, die Generation 40plus mit Musik-Klassikern zu versorgen, musste er etwas auf- weichen, da auch viele junge Leute kamen, die ihre Musik hören wollten. So probierte er es auch mit einigen Techno-Veranstaltungen, bei denen das Publikum allerdings über die Stränge schlug und jedes Mal die Polizei auf den Plan rief. So etwas mochte der heute 63-jährige Flap gar nicht: „Das Lokal war als Alternative zu gängigen Discos gedacht, der Besucher soll in Ruhe und völlig unbehelligt Musik und Getränke genießen.“Flap ging es immer mehr um die Atmosphäre als ums Gede schäft, er betrieb das Lokal neben seinem selbstständigen SecurityService. Von Anfang an hatte er nur freitags und samstags ab 21 Uhr geöffnet: „Daher der Name Nachtschwärmer“, schmunzelt er. Zwischen den Events wurde es zwar immer
Der älteste Stammgast ist 80 Jahre alt
ruhiger, trotzdem genoss er die sozialen Kontakte: „Ich habe viele nette Leute kennengelernt und viele Freundschaften geschlossen, die es sonst nicht gegeben hätte“, freut er sich. Sein ältester Stammgast ist 80, eine junge Frau fühlte sich so wohl, dass sie gleich als Bedienung anfing.
Es hätte ewig so weiter gehen können, aber nun wurde ihm als Pächter gekündigt - bekanntermaßen soll das Anker-Areal abgerissen werden. Auf jeden Fall bis Ende März geht es noch weiter. Und dann? „Ich würde gerne weiter machen, aber ich fürchte, Räumlichkeiten, bei denen alles so gut passt, find’ ich nie wieder“, sagt er. Freilich werden immer mehr Lokalitäten frei, aber in der Innenstadt direkt wäre man schon allein bei seinen Events deutlich restriktiver als in der etwas abgeschiedenen Lage bei der Stadtmauer. „Der Nachtschwärmer wird mir sehr fehlen“, sagt er, sichtlich traurig. Alexandra Hertle, 1. Vorsitzende des Elternbeirates AEG in Oettingen