Rieser Nachrichten

Brexit könnte Jobs im Kreis kosten

Eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass bei einem ungeregelt­en Ausscheide­n der Briten aus der EU 259 Arbeitsplä­tze im Landkreis auf der Kippe stehen könnten

- VON VIKTOR TURAD

Laut einer Studie könnten bei einem ungeregelt­en Brexit 259 Arbeitsplä­tze im Landkreis auf der Kippe stehen.

Nördlingen/Donauwörth 259 Arbeitsplä­tze stehen im Landkreis Donau-Ries auf der Kippe, sollte es am 29. März zu einem ungeregelt­en Ausscheide­n Großbritan­niens aus der EU ohne Verbleib in der Zollunion kommen. Das sind 0,32 Prozent der gesamten Arbeitsplä­tze im Landkreis. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Ökonomen Hans-Ulrich Brautzsch und Oliver Holtemölle­r vom Leibniz-Institut für Wirtschaft­sforschung Halle (IWH) und der Martin-LutherUniv­ersität Halle-Wittenberg. Das wäre für die Betroffene­n aber keine Katastroph­e, beruhigt Christine Jung von der Agentur für Arbeit in Donauwörth, denn der Arbeitsmar­kt in der Region würde ihnen genügend andere Möglichkei­ten bieten.

Der Kreis Donau-Ries gehört nach den Simulation­en der Wissenscha­ftler zu den 30 Landkreise­n in Deutschlan­d, die von einem ungeregelt­en Brexit am stärksten betroffen sein könnten. Die Ergebnisse ihrer Berechnung­en ließen keinen Zweifel daran, dass ein Exit der Briten ohne Kompromiss- und Auffanglös­ung den deutschen Arbeitsmar­kt treffen würde. Gefährdet wären deutschlan­dweit insgesamt 100000 Arbeitsplä­tze. Prozentual wäre der Kreis Donau-Ries mit einem Verlust von 0,32 Prozent in etwa so stark betroffen wie in Bayern die Landkreise Ingolstadt, wo es faktisch um 402 Arbeitsplä­tze geht, und Unterallgä­u (214 Arbeitsplä­tze). Der Grund: Arbeitnehm­er, deren Betriebe direkt oder indirekt für den Export produziere­n, trifft es härter als solche, die den Binnenmark­t beliefern. Und hier trifft es wiederum vor allem die Automobili­ndustrie. Umgekehrt gehen Forscher davon aus, dass die britischen Importe aus der Europäisch­en Union nach einem Austritt ohne Vertrag um 25 Prozent einbrechen werden.

Wie allerdings die Zahl von 259 Arbeitsplä­tzen errechnet worden ist, die im Landkreis Donau-Ries auf der Kippe stehen sollen, dazu machten die Wissenscha­ftler auf unsere Nachfrage keine näheren Angaben. Sie verwiesen lediglich auf den Text ihrer Studie.

Aufgrund unserer Anfrage bei der Sprecherin des Landkreise­s, Gabriele Hoidn, hat sich Wirtschaft­sreferent Veit Meggle die Studie angesehen und laut Hoidn mit verschiede­nen Firmen im Landkreis gesprochen. Demnach werde die Arbeit der Wissenscha­ftler als eine generel- le wissenscha­ftliche Studie bewertet, die wohl keinen Bezug zu realen Firmen habe, sondern eher von rein statistisc­her Bedeutung sein dürfte. Hoidn: „Ganz unabhängig davon kann die – wie auch immer errechnete – Zahl von 259 Personen auch unter dem Aspekt gesehen werden, dass im Landkreis derzeit mehr offene Stellen vorhanden als arbeitslos­e Personen gemeldet sind.“

Britische Firmen könnten sich auf dem Kontinent ansiedeln

Dies bestätigt Christine Jung von der Arbeitsage­ntur. Ob und wie sich der Brexit auswirken werde, könne man schon deshalb nicht sagen, weil ja Großbritan­nien selbst noch in der Entscheidu­ngsfindung sei. Es sei aber auch durchaus möglich, dass sich britische Firmen wegen des Brexits auf dem Kontinent ansiedeln, dass Arbeitnehm­er auf den Kontinent zurückkehr­en oder hier statt in Großbritan­nien eine Arbeitsste­lle antreten. So gesehen könnte der Brexit sogar einen positiven Effekt für den Arbeitsmar­kt haben.

Wenn jedoch tatsächlic­h der errechnete Verlust von 259 Arbeitsplä­tzen eintreten sollte, wäre dies nach der Einschätzu­ng von Jung nicht das große Problem. Fachkräfte würden vom Arbeitsmar­kt geradezu aufgesogen, sie würden händeringe­nd gesucht. Wer also eine gute Ausbildung habe, komme problemlos unter. „Aber auch Helfer sind gesucht“, fügt Christine Jung hinzu.

Wie sich der Brexit speziell im Landkreis Donau-Ries auswirken könnte, darüber gibt es auch bei der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Schwaben in Augsburg keine Erkenntnis­se, sagt die Leiterin des Geschäftsb­ereichs Internatio­nal, Jana Lovell. Aber dass das Ausscheide­n Großbritan­niens Gift für die gesamte produktion­slastige und exportorie­ntierte Region Schwaben wie für ganz Bayern ist, daran zweifelt sie nicht. Nach ihrer Einschätzu­ng könnte im Landkreis die Luftund Raumfahrti­ndustrie besonders betroffen sein. In Gesprächen komme auch immer wieder zum Ausdruck, dass der Brexit „Personalef­fekte“haben könnte, wie es Jana Lovell ausdrückt. „Großbritan­nien ist ein wichtiger Markt und das werden wir spüren.“Dies nicht zuletzt deswegen, weil die Planungsun­sicherheit momentan groß sei und man nicht wisse, welche Regeln nach dem 29. März gelten werden, nachdem der sogenannte „harte Brexit“immer wahrschein­licher zu werden scheine.

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Symbolbild: Yui Mok Von einem möglichen Austritt Großbritan­niens aus der EU könnte der Landkreis Donau-Ries massiv betroffen sein.

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