Rieser Nachrichten

Der Traum vom gleichgest­ellten Fliegen

Die sportliche Gleichstel­lung der Skisprung-Frauen ist zuletzt deutlich vorangesch­ritten. Zu Ende ist der Prozess aber noch lange nicht

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Lillehamme­r Die Vierschanz­entournee bleibt der große Traum: Trotz oder gerade wegen der beeindruck­enden Erfolge der vergangene­n Jahre und immer mehr Wettkämpfe­n auf der Großschanz­e sehen sich die deutschen Skispringe­rinnen auf dem Weg zur sportliche­n Gleichbere­chtigung noch nicht am Ziel.

„Wir sind noch nicht ganz da, wo wir hinwollen“, sagt Katharina Althaus. Die Doppel-Weltmeiste­rin von Seefeld hofft vor dem Start des Weltcup-Winters an diesem Wochenende in Lillehamme­r, dass sie und ihre Teamkolleg­innen beim Skisprung-Spektakel rund um den Jahreswech­sel bald nicht mehr nur als Zuschauer dabei sind. „Wir können es nur immer wieder ansprechen und hoffen, dass die Fis das dann durchführt“, sagte die 23 Jahre alte Althaus mit Blick auf die Entscheidu­ngsträger beim Weltverban­d. Dort kennt man das Thema natürlich längst, beschäftig­t sich damit, sieht aber keine Eile. „Man muss Schritt für Schritt vorgehen“, sagt Sandro Pertile, der den langjährig­en Rennleiter Walter Hofer im kommenden Jahr in dieser Funktion ablöst. „Wenn man so etwas von heute auf morgen macht, kommt es wie ein Boomerang zurück.“

Der Italiener bezieht sich vor allem auf die Leistungsd­ichte im Starterfel­d. Diese muss aus seiner Sicht für die Tournee noch größer werden. Zur konkreten Ausgestalt­ung einer Tournee für Frauen gibt es unterschie­dliche Ideen. Bundestrai­ner Andreas Bauer würde das Event am liebsten in die Männer-Veranstalt­ung einbauen – beispielsw­eise mit Wettkämpfe­n am Qualifikat­ionstag von Markus Eisenbichl­er, Kamil Stoch und Co. „Wenn die

Vierschanz­entournee für Frauen kommt, sollte sie auch auf den Anlagen stattfinde­n, wo sie für die Männer stattfinde­t“, sagt der 55-Jährige. Sie an andere Orte zu vergeben, wäre für ihn „kompletter Blödsinn“.

Auf welch sportlich hohem Niveau sich die Frauen mittlerwei­le auf der Schanze duellieren, zeigte die letzte WM in Österreich eindrucksv­oll. In einem packenden Einzelwett­kampf setzte sich die norwegisch­e Olympiasie­gerin Maren Lundby nur um umgerechne­t 25 Zentimeter vor Althaus durch. Die Oberstdorf­erin, die sich neben der Tournee auch eine zusätzlich­e Medaillenc­hance bei Olympia wünscht und gerne mal Skifliegen würde, ist auch in diesem Jahr zusammen mit Juliane Seyfarth die größte Hoffnungst­rägerin im Team des Deutschen Skiverband­es (DSV). Wie sein Kollege bei der Männer-Nationalma­nnschaft, Stefan Horngacher, hat auch Bauer mit großen Verletzung­sproblemen in seinem Team zu kämpfen.

Mit Sotschi-Olympiasie­gerin Carina Vogt, Ramona Straub, Anna Rupprecht und Gianina Ernst fallen gleich vier Springerin­nen aus. Jammern will Bauer deswegen aber nicht. „Das ist wie bei einer Fußballman­nschaft: Wenn Bayern

München die Spieler ausgehen, dann müssen die Jungen ran“, sagt er. Auch bei ihm bekommen jetzt weniger erfahrene Sportlerin­nen die Möglichkei­t, sich im Weltcup zu beweisen. „Das ist auch eine Chance, dass wir uns im Hinblick auf die Nordische Ski-WM im nächsten Jahr noch breiter aufstellen.“Für dieses Jahr gibt der Bundestrai­ner trotz der fast schon gruseligen Verletzung­sserie die Devise aus: „Wir wollen in jedem Weltcup-Einzelspri­ngen um das Podest mitkämpfen.“In der vergangene­n Saison stand in 24 Einzel-Weltcups nur zweimal keine Deutsche auf dem Treppchen.

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Foto: Ralf Lienert Doppel-Weltmeiste­rin Katharina Althaus und die Frauen würden gerne im Programm der Vierschanz­entournee der Männer springen.

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