Rieser Nachrichten

So bewältigen Apotheken die Krise

Apotheken im Ries kämpfen mit Lieferengp­ässen. Desinfekti­onsmittel stellen sie ausnahmswe­ise selbst her. Wie Plexiglasw­ände Mitarbeite­r schützen sollen

- VON MATTHIAS LINK

Nördlingen Apotheken sind einige der wenigen Einrichtun­gen, die im derzeitige­n Katastroph­enfall noch öffnen dürfen. Doch sie kämpfen zunehmend mit Lieferengp­ässen, wie mehrere Rieser Apotheken bestätigen. Johanna Frickhinge­r, Inhaberin der Frickhinge­rschen Apotheke zum Einhorn, berichtet von Lieferengp­ässen: „Das, was wir normalerwe­ise am selben Tag geliefert bekommen haben, bekommen wir jetzt erst am nächsten Tag.“Der Großhandel komme mit dem Kommission­ieren nicht mehr hinterher. Betroffen seien davon alle Medikament­e. Hinzukomme, dass viele Medikament­e in China und Indien produziert würden. Da die Krankenkas­sen ein Preisdumpi­ng betrieben hätten und immer weniger für die Medikament­e bezahlten, sagt Frickhinge­r, hätten die Firmen die Produktion ins Ausland verlagert, wo sie mehr Profit machten. „Manche Medikament­e sind mehrere Monicht lieferbar und ein Lieferterm­in kann nicht angegeben werden.“

Besonders nachgefrag­t seien derzeit Fiebermitt­el, aber auch Sachen des täglichen Gebrauchs und Standardme­dikamente für die Schilddrüs­e, gegen Diabetes und gegen Bluthochdr­uck. „Die Leute hamstern und bestellen sehr viel“, sagt Frickhinge­r. Die Apotheke hat ihren Lieferserv­ice ausgeweite­t, sie liefert Bestellung­en an alle Kunden im Umkreis von fünf Kilometern kostenfrei an die Haustür.

Besonders stark wird derzeit Desinfekti­onsmittel nachgefrag­t. Roland Hammer, Apotheker in der Ries-Apotheke, weist ebenso wie Frickhinge­r darauf hin: „Der Gesunde braucht kein Desinfekti­onsmittel.“Sich gründlich die Hände mit Seife zu waschen reiche aus, so sage es auch das Robert Koch Institut. Vor allem Arztpraxen, Krankenhäu­ser und Immunschwa­che haben aktuell großen Bedarf.

Wegen der starken Nachfrage wurde das Biozidgese­tz ausgesetzt, das es Apotheken zuvor verboten hatte, Desinfekti­onsmittel selber herzustell­en. „Die Apotheken sollen die Löcher stopfen, die durch die Engpässe der Industrie entstehen“, sagt Hammer. Die Grundstoff­e, Ethanol oder Isopropano­l, seien aber kaum mehr zu bekommen.

Die Ries-Apotheke ist auch für die Klinikvers­orgung zuständig. Hammer gibt Entwarnung, diese sei nicht gefährdet. „Dass Patienten Therapien abbrechen müssen, das ist im Moment sicher nicht der Fall.“Lieferengp­ässe gebe es schon das ganze Jahr punktuell, diese könne man aber ausgleiche­n.

Bei Elisabeth Troll, Inhaberin der Mohren-Apotheke, sind am Montag Medikament­e zum ersten Mal mit einer Verspätung von zwei Stunden geliefert worden. Ein Großhändle­r, der mit weniger Personal arbeite, habe angekündig­t, dass er nur noch eine Bestellung am Tag annehmen und keine genauen Zeitangabe­n für die Auslieferu­ng mehr machen könnate ne. Ihrer Einschätzu­ng nach „kommt die Krise erst noch voll zum Tragen. Das ist erst der Anfang.“

Angesichts der starken Verunsiche­rung der Kunden möchte Apotheker Stephan Guyot von der Apotheke am Deininger Tor Gelassenhe­it in das Thema bringen: „Wir sind im Team optimistis­ch, dass wir die ganze Situation stemmen werden. Wir wollen gut informiere­n und aufklären: Die Leute haben die Möglichkei­t, sich zu schützen.“Kunden, die aber bereits einen Corona-Verdacht haben, sollten die Apotheken nicht betreten, sondern sich zunächst telefonisc­h beraten lassen. „Es wäre eine Katastroph­e, wenn wir krank würden. Dann wäre die Apotheke zu.“Mehrere Apotheken errichten deshalb Plexiglasw­ände vor den Verkaufsti­schen. Das Landratsam­t sagt, falls sich ein Apothekenm­itarbeiter infizieren würde, müsse man den konkreten Einzelfall anschauen und beraten. Ein festes Szenario gebe es hierfür nicht.

 ?? Foto: Matthias Link ?? Johanna Frickhinge­r, Inhaberin der Frickhinge­rschen Apotheke zum Einhorn, möchte wie auch andere Apotheken in den nächsten Tagen zum Schutz ihrer Mitarbeite­r eine Plexiglasw­and vor dem Verkaufsti­sch errichten.
Foto: Matthias Link Johanna Frickhinge­r, Inhaberin der Frickhinge­rschen Apotheke zum Einhorn, möchte wie auch andere Apotheken in den nächsten Tagen zum Schutz ihrer Mitarbeite­r eine Plexiglasw­and vor dem Verkaufsti­sch errichten.

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