So bewältigen Apotheken die Krise
Apotheken im Ries kämpfen mit Lieferengpässen. Desinfektionsmittel stellen sie ausnahmsweise selbst her. Wie Plexiglaswände Mitarbeiter schützen sollen
Nördlingen Apotheken sind einige der wenigen Einrichtungen, die im derzeitigen Katastrophenfall noch öffnen dürfen. Doch sie kämpfen zunehmend mit Lieferengpässen, wie mehrere Rieser Apotheken bestätigen. Johanna Frickhinger, Inhaberin der Frickhingerschen Apotheke zum Einhorn, berichtet von Lieferengpässen: „Das, was wir normalerweise am selben Tag geliefert bekommen haben, bekommen wir jetzt erst am nächsten Tag.“Der Großhandel komme mit dem Kommissionieren nicht mehr hinterher. Betroffen seien davon alle Medikamente. Hinzukomme, dass viele Medikamente in China und Indien produziert würden. Da die Krankenkassen ein Preisdumping betrieben hätten und immer weniger für die Medikamente bezahlten, sagt Frickhinger, hätten die Firmen die Produktion ins Ausland verlagert, wo sie mehr Profit machten. „Manche Medikamente sind mehrere Monicht lieferbar und ein Liefertermin kann nicht angegeben werden.“
Besonders nachgefragt seien derzeit Fiebermittel, aber auch Sachen des täglichen Gebrauchs und Standardmedikamente für die Schilddrüse, gegen Diabetes und gegen Bluthochdruck. „Die Leute hamstern und bestellen sehr viel“, sagt Frickhinger. Die Apotheke hat ihren Lieferservice ausgeweitet, sie liefert Bestellungen an alle Kunden im Umkreis von fünf Kilometern kostenfrei an die Haustür.
Besonders stark wird derzeit Desinfektionsmittel nachgefragt. Roland Hammer, Apotheker in der Ries-Apotheke, weist ebenso wie Frickhinger darauf hin: „Der Gesunde braucht kein Desinfektionsmittel.“Sich gründlich die Hände mit Seife zu waschen reiche aus, so sage es auch das Robert Koch Institut. Vor allem Arztpraxen, Krankenhäuser und Immunschwache haben aktuell großen Bedarf.
Wegen der starken Nachfrage wurde das Biozidgesetz ausgesetzt, das es Apotheken zuvor verboten hatte, Desinfektionsmittel selber herzustellen. „Die Apotheken sollen die Löcher stopfen, die durch die Engpässe der Industrie entstehen“, sagt Hammer. Die Grundstoffe, Ethanol oder Isopropanol, seien aber kaum mehr zu bekommen.
Die Ries-Apotheke ist auch für die Klinikversorgung zuständig. Hammer gibt Entwarnung, diese sei nicht gefährdet. „Dass Patienten Therapien abbrechen müssen, das ist im Moment sicher nicht der Fall.“Lieferengpässe gebe es schon das ganze Jahr punktuell, diese könne man aber ausgleichen.
Bei Elisabeth Troll, Inhaberin der Mohren-Apotheke, sind am Montag Medikamente zum ersten Mal mit einer Verspätung von zwei Stunden geliefert worden. Ein Großhändler, der mit weniger Personal arbeite, habe angekündigt, dass er nur noch eine Bestellung am Tag annehmen und keine genauen Zeitangaben für die Auslieferung mehr machen könnate ne. Ihrer Einschätzung nach „kommt die Krise erst noch voll zum Tragen. Das ist erst der Anfang.“
Angesichts der starken Verunsicherung der Kunden möchte Apotheker Stephan Guyot von der Apotheke am Deininger Tor Gelassenheit in das Thema bringen: „Wir sind im Team optimistisch, dass wir die ganze Situation stemmen werden. Wir wollen gut informieren und aufklären: Die Leute haben die Möglichkeit, sich zu schützen.“Kunden, die aber bereits einen Corona-Verdacht haben, sollten die Apotheken nicht betreten, sondern sich zunächst telefonisch beraten lassen. „Es wäre eine Katastrophe, wenn wir krank würden. Dann wäre die Apotheke zu.“Mehrere Apotheken errichten deshalb Plexiglaswände vor den Verkaufstischen. Das Landratsamt sagt, falls sich ein Apothekenmitarbeiter infizieren würde, müsse man den konkreten Einzelfall anschauen und beraten. Ein festes Szenario gebe es hierfür nicht.