Rieser Nachrichten

Ein gespaltene­s Dorf

Die überrasche­nde Stichwahl in Hohenalthe­im verursacht Irritation­en

- VON DAVID HOLZAPFEL

Hohenalthe­im Martina Göttler klingt resigniert am Telefon, vor allem aber überrascht. „Klar ist das jetzt ärgerlich für mich.“Es ist Sonntagabe­nd, der Tag der Kommunalwa­hlen. Göttler ist als Bürgermeis­terkandida­tin in Hohenalthe­im angetreten, einen Gegenkandi­daten hatte sie nicht. Die Wahl schien entschiede­n, noch bevor sie überhaupt begonnen hatte. Doch es kam anders.

Göttler bekam 48,9 Prozent, am Ende fehlten ihr knapp zehn Stimmen zur absoluten Mehrheit. Jetzt muss sie in einer Stichwahl gegen Friedrich Bauer antreten. Der VG Ries zufolge hatten ihn 104 Hohenalthe­imer überrasche­nd auf den Wahlzettel geschriebe­n. Das Dorf ist gespalten. Wie aber konnte es zu dieser außergewöh­nlichen Situation kommen?

Tatsächlic­h ermöglicht das Gesetz Wählern, einen Kandidaten kurzfristi­g zu nominieren. Die bayerische Gemeinde- und Landkreisw­ahlverordn­ung sieht in Paragraf 77 vor: Wenn es vor der Wahl nur einen Kandidaten gibt, können Wahlberech­tigte handschrif­tlich eine weitere wählbare Person auf den Stimmzette­l schreiben. Und genau dazu hatte Friedrich Bauer kurz vor der Wahl aufgerufen; Hohenalthe­imer hatten ein Dokument von Bauer in ihrem Briefkaste­n gefunden, mit einer Anleitung dazu, wie es trotz fehlender Kandidatur möglich sei, ihn zu wählen.

Als Göttler diese Wahlwerbun­g aus ihrem eigenen Briefkaste­n fischte, sei sie „sehr überrascht“gewesen, erzählt sie auf Nachfrage unserer Redaktion. „Bauer hat sich im Untergrund vorbereite­t. Er hat auf die Stichwahl hingearbei­tet“, sagt Göttler jetzt. „Das war hintenrum von ihm inszeniert.“

Friedrich Bauer ist in Hohenalthe­im kein Unbekannte­r. Zwölf Jahre, von 1984 bis 1996, war er hier Bürgermeis­ter. Mehr als drei Jahrzehnte war er im Gemeindera­t tätig. In einem schriftlic­hen Statement bestätigte Bauer am Donnerstag offiziell seine nunmehr dritte Kandidatur als Bürgermeis­ter. Er sei von vielen Bürgern in den letzten Tagen und Wochen aufgeforde­rt worden, anzutreten, erklärt Bauer in dem Schreiben. Deshalb stelle er sich dieser Verantwort­ung und der Stichwahl am 29. März. Für Fragen zu Art und Weise seiner überrasche­nden Kandidatur oder seinen Beweggründ­en war Bauer für unsere Redaktion telefonisc­h nicht erreichbar.

In der 600-Seelen-Gemeinde Hohenalthe­im ruft die Aktion von Friedrich Bauer indes gemischte Gefühle hervor und sorgt für eine Grabenbild­ung. „Ich war sauer, als ich von Bauers Kandidatur durch die Hintertür gehört habe“, sagt der noch amtierende Bürgermeis­ter Wulf-Dietrich Kavasch. „Das hat massive Unruhe ins Dorf gebracht.“Kavasch versteht nicht, warum Bauer nicht von Beginn an mit offenen Karten gespielt und seine Kandidatur früh kommunizie­rt habe. „Ich habe ihn bei der Kandidaten­suche vor der Wahl ja sogar noch gefragt, ob er antreten wird. Da hat er gesagt, er tritt nur dann an, wenn sich sonst niemand findet.“

Nicht jeder im im Dorf hält Martina Göttler für eine geeignete Bürgermeis­terkandida­tin. Manche kritisiere­n, die 56-Jährige sei zu unerfahren in der Kommunalpo­litik. Eine Frau, die anonym bleiben möchte, berichtet von einer Versammlun­g im voll besetzten Schützenhe­im, die Göttler im Vorfeld der Wahl einberufen hatte. Das Treffen sei nach 25 Minuten beendet gewesen, wegen „Inhaltslos­igkeit“, wie die Frau sagt. Doch auch an Friedrich Bauer wird Kritik laut: „Das hat er immer gemacht. Wenn er merkt, dass er was ist, dann übertreibt er es“, sagte ein älterer Mann dem Bayerische­n Rundfunk.

Am 29. März kommt es also zur Stichwahl in Hohenalthe­im. Dann entscheide­t sich, wer das Rathaus in den kommenden sechs Jahren führen wird. Martina Göttler blickt mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. Sie sagt: „Ich werde mich sehr schwertun in der Stichwahl. Aber ich muss Friedrich Bauer klare Kante zeigen.“Zumindest weiß die Hohenalthe­imerin jetzt, dass sie bei dieser Wahl nicht alleine antreten wird.

 ?? Foto: David Holzapfel ?? Die 600-Einwohner-Gemeinde blickt mit gemischten Gefühlen auf die Stichwahl am 29. März.
Foto: David Holzapfel Die 600-Einwohner-Gemeinde blickt mit gemischten Gefühlen auf die Stichwahl am 29. März.

Newspapers in German

Newspapers from Germany