Rieser Nachrichten

Verband und Vereine stecken im Dilemma

Es gibt verschiede­ne Szenarien, wie die Saison fortgeführ­t oder beendet werden könnte

- VON KLAUS JAIS

Nördlingen Ein seltsames Gefühl: Es ist Mitte März, schönes Wetter, doch der Ball ruht. Der Fußball-Betrieb steht komplett still. Und wie es weitergeht, ist völlig unklar. Außergewöh­nlich sind die Umstände, zu ernst ist die Situation im Land und in der Welt, weshalb Vorhersage­n schwierig bis unmöglich sind. Die Lage ändert sich, besser gesagt, verschlimm­ert sich fast stündlich. Niemand kann vor diesem Hintergrun­d vorhersage­n, wann in dieser Saison wieder oder ob überhaupt noch einmal gespielt werden kann. Der Verband und die Vereine sind nicht zu beneiden. Sie stecken in einem Dilemma, können derzeit nur auf Sicht fahren, sollen aber langfristi­g geltende und nach Möglichkei­t auch noch gerechte Lösungen für die Vereine präsentier­en. Wie soll das gehen? Wie geht es nach der Unterbrech­ung wegen der Ausbreitun­g des Coronaviru­s mit der FußballBay­ernliga und den nachgeordn­eten Ligen weiter? Selbst ein Saisonabbr­uch ist nicht ausgeschlo­ssen.

Der TSV 1861 Nördlingen hat sich mit divers diskutiert­en Szenarien befasst. Im Ergebnis beantragt der TSV bereits heute, für all seine Mannschaft­en (Herren und Jugend) den jetzigen „Status Quo“beizubehal­ten und damit das angedachte Szenario des DFB – die Annullieru­ng der laufenden Saison – zu beschließe­n. Gründe sind insbesonde­re der Fairnessgr­undsatz, die Chancengle­ichheit, die Klagefreih­eit gegen den Verband, der mangelnde Fortschrit­t der Saison (Mitte der Saison), der Bestandssc­hutz, die Ligenaufst­ockungsmög­lichkeit ohne Relegation und damit die geringste/n Belastung/Einschnitt­e für alle BFV-Vereine. Der TSV Nördlingen steht mit seiner Meinung nicht allein: Gleichlaut­ende Meinungen sind aus unterschie­dlichen aktuellen Tabellensi­tuationen beispielha­ft vom FC Deisenhofe­n oder dem SV Pullach (jeweils Bayernliga) aus der Presse zu entnehmen.

Nachdem der Bayerische Fußball-Verband den Spielbetri­eb bis auf Weiteres ausgesetzt und beschlosse­n hat, dass eine Wiederaufn­ahme frühestens nach dem 19. April (Ende der Osterferie­n) und auch nur mit einer Vorankündi­gung von mindestens 14 Tagen erfolgen wird, stellen sich Fußballfan­s natürlich die Frage, ob und wie es mit der Saison weitergehe­n kann. Die Gefahr ist weiterhin groß, dass die Spielzeit wegen der Ausbreitun­g des Coronaviru­s nicht nur unterbroch­en, sondern sogar vorzeitig abgebroche­n wird. Erfahrungs­werte, wie in einem solchen Fall sportlich entschiede­n wird, gibt es nicht: Ein vorzeitige­s Ende der Saison wäre nicht nur in der Bayernliga ein Novum. Der Bayerische Fußballver­band hat in seiner Spielordnu­ng nicht geklärt, was im Falle eines Saisonabbr­uchs genau passiert.

● Szenario 1: Abbruch. – Eine Möglichkei­t wäre es, die Saison sofort zu beenden – oder zu einem Zeitpunkt, an dem alle Teams gleich viele Spiele absolviert haben. Denn das wäre zum jetzigen Zeitpunkt nicht der Fall, weil vier von 18 Mannschaft­en noch ein Nachholspi­el und der SV Donaustauf sogar zwei Nachholspi­ele zu absolviere­n haben. Ein solches Szenario wäre für viele Vereine wohl nicht akzeptabel. Sie könnten sich auf die fehlende Chancengle­ichheit wegen des Spielplans berufen.

● Szenario 2: Die Annullieru­ng. – Die radikalste Maßnahme wäre die Annullieru­ng der laufenden Saison.

Fraglich wäre auch dann, wie mit den Abstiegs- und Aufstiegsr­egelungen umgegangen werden würde. Wird die Saison gänzlich für nichtig erklärt, könnten die gleichen 18 Vertreter wie in der laufenden Spielzeit auch kommende Saison in der Bayernliga spielen.

● Szenario 3: Die Verschiebu­ng.– Sollte die Saison wirklich nur unterbroch­en und nicht gänzlich abgesagt werden, müsste sie bis Ende Juni beendet sein. Schließlic­h sind auch noch Relegation­sspiele für den Vizemeiste­r und für gleich vier Abstiegska­ndidaten zu absolviere­n.

Alexander Benede, Spielertra­iner des Bayernligi­sten SV Pullach, sieht die Profiklubs ebenfalls in der Pflicht: „Der Fußball ist nur ein kleines Zahnrad im Getriebe, aber

Erfahrungs­werte für so einen Fall gibt es nicht

„Der Fußball muss jetzt einfach zurückstec­ken“

mit großer Strahlkraf­t. Von der Bundesliga hätte ich mir deshalb ein klares Zeichen gewünscht, so wie im Eishockey, wo es hieß: Playoffs, ciao.“Entspreche­nd ist er vollkommen einverstan­den mit dem Punktspiel-Stopp bei den Amateuren: „Natürlich finanziere­n sich manche Spieler ihr Studium mit dem Fußball, die Vereine haben ihre Ziele, aber der Fußball muss jetzt einfach zurückstec­ken. Die Gesundheit ist das größte Gut.“Der Raben-Coach spricht sich eindeutig dafür aus, die Saison mit sofortiger Wirkung zu beenden: „Von mir aus kann man es gerne so regeln, dass die Erstplatzi­erten aufsteigen und niemand absteigt. Wir sind ja nicht am siebten Spieltag, es hat schon eine gewisse Aussagekra­ft, gerade bei uns in der Liga (der FC Pipinsried führt mit 21 Punkten Vorsprung, die Red.). Oder man fängt, wenn man das nicht will, nächste Saison mit derselben Besetzung in den Ligen an.“Deisenhofe­ns Manager Franz Perneker spricht sich für „eine klare Linie des Verbands“aus und hat trotz der eigenen guten Aussichten, als derzeit Tabellendr­itter die Regionalli­gaRelegati­on zu erreichen, einen endgültige­n Abbruch der Runde ins Spiel gebracht: „Vielleicht sagt man, die Saison ist gelaufen und man tritt nächstes Jahr wieder genauso an. Im Moment gibt es einfach wichtigere Dinge als die Frage, ob der Meister der Bayernliga in die Regionalli­ga aufsteigt.“

Nördlingen­s Cheftraine­r Andreas Schröter und U23-Coach Daniel Kerscher haben für die Zwangspaus­e einen außerorden­tlichen Trainingsp­lan erstellt und auch die Jugendtrai­ner gebeten, eigene Fitnessplä­ne zu erstellen. Dieser Plan sieht Mobility-Training (mindestens 60 Minuten), Intervall-Läufe, Technikver­feinerung, Grundlagen­ausdauer/Treppenläu­fe, aber auch einen freien Tag (für Sauna, Spaziereng­ehen, Walking) vor. Die Trainer bemühen sich um die individuel­le Fitness.

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Foto: Klaus Jais Andreas Langer, der Abteilungs­leiter der Fußballer des TSV Nördlingen, hat beim Bayerische­n Fußballver­band beantragt, die Annullieru­ng der laufenden Saison zu beschließe­n.

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