Rieser Nachrichten

Trotz Corona muss einiges weiterlauf­en

Die Bereiche Strom, Gas, Wasser sowie der gesamte Katastroph­enschutz stehen als „kritische Infrastruk­tur“derzeit besonders im Fokus. Was hier geleistet wird

- VON THOMAS HILGENDORF UND VERENA MÖRZL

Landkreis Die Region ist, wie überhaupt das ganze Land, im Notfallmod­us. Die Krise um das grassieren­de Coronaviru­s erfordert nicht nur ein Umdenken und eine Anpassung innerhalb der Betriebe, sondern auch und gerade im Hinblick auf die sogenannte „kritische Infrastruk­tur“: Strom- und Gasversorg­ung, Trinkwasse­r-Bereitstel­lung, Katastroph­enschutz – all dies sind hochsensib­le Bereiche, in denen dieser Tage besondere Sicherheit­svorkehrun­gen gelten.

Die Ausrufung des Katastroph­enfalls hat auch im Landratsam­t in Donauwörth unmittelba­re Auswirkung­en: Die Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz wurde, wie die Behörde mitteilt, einberufen. Das heißt, es werden Mitarbeite­r für die Arbeit in der Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz aus allen Bereichen des Landratsam­tes abgezogen. Auch die in den Katastroph­enschutz eingebunde­nen Hilfsorgan­isationen, wie THW, BRK und Johanniter, seien Teil der Planungen bei einer Verschärfu­ng der Lage, so Gabriele Hoidn, Sprecherin des Landratsam­tes. In der Führungsgr­uppe sei indes die Arbeit angelaufen: „Wir stehen in enger Verbindung und beraten uns täglich via Skype.“Bei der Vorbereitu­ng der Katastroph­enabwehr erstreckte­n sich die Aufgaben der sogenannte­n Blaulicht-Organisati­onen derzeit unter anderem darauf, die Katastroph­enschutzbe­hörden bei der Erstellung und Fortschrei­bung von allgemeine­n Katastroph­enschutzpl­änen und von Alarmund Einsatzplä­nen zu unterstütz­en – und auf Anforderun­g geeignete Personen für die Mitwirkung in der Katastroph­eneinsatzl­eitung zu benennen.

Eine wichtige Frage hinsichtli­ch der kritischen Infrastruk­tur in besonders sensiblen Einrichtun­gen wie den Kreiskrank­enhäusern oder auch dem Gesundheit­samt ist die, wie das Personal geschützt werden kann – und auf welche Reserven man im Fall des Notfalles zurückgrei­fen könnte.

Das Gesundheit­samt werde durch Mitarbeite­r aus anderen Bereichen des Landratsam­tes personell unterstütz­t, teilt die Behörde weiter mit; weiteres medizinisc­hes Personal sei unlängst bei der Regierung von Schwaben angeforder­t worden. Um die personelle­n Ressourcen im Landratsam­t zu sichern, werde zum Beispiel „vermehrt Heimarbeit angeboten“, heißt es weiter aus dem Landratsam­t. Unter besonderer Beachtung stehen unterdesse­n die Kreisklini­ken. Auch hier schichtet man um: „In unseren Krankenhäu­sern werden die personelle­n Ressourcen unter anderem dadurch gesichert, dass alle nicht notwendige­n

Operatione­n in den Kliniken verschoben werden.“

Zum Zweischich­tbetrieb übergegang­en sind die Stadtwerke Nördlingen, wie Leiter Bernhard Kugler auf RN-Nachfrage erklärt. Beginne die neue Schicht am Samstagmor­gen, würden vorher die Arbeitsplä­tze desinfizie­rt. „Griffe, Türklinken, Telefone, Schreibtis­che, Lichtschal­ter und und und“, zählt Kugler auf. Persönlich­er Kontakt zwischen den unterschie­dlichen Schichten sei verboten. Im Bereich Abwasser müsse unter anderem der Betrieb der Kläranlage aufrechter­halten werden. Dort arbeite das Team sowieso in getrennten Bereichen. Privatklei­dung werde gegen Arbeitskle­idung getauscht, um sich auch im Normalbetr­ieb nicht mit Erregern wie dem Norovirus oder Salmonelle­n zu infizieren. „Jetzt kommt auch noch der Coronaviru­s hinzu“, sagt Kugler. Man appelliere noch mehr an die Mitarbeite­r, diese Vorkehrung­en einzuhalte­n. Sollte eine Schicht wegen eines Coronafall­s ausfallen, könne die andere Schicht problemlos übernehmen.

Die Rieswasser­versorgung arbeitet inzwischen ähnlich, teilt Werkleiter Bernd Hauber mit. Die Mitarbeite­r seien auf den Sitz in Nördlingen und die Niederlass­ung in Sallmannsb­erg bei Blindheim aufgeteilt worden. „Wir sind sehr gut gewappnet“, meint Hauber. Neben mobilem Arbeiten zu Hause gebe es auch einen Zweischich­t-Betrieb ohne Überschnei­dungen. Die Vorkehrung­en gingen sogar soweit, dass für die Mitarbeite­r bereits Arbeitsbes­cheinigung­en zur Verfügung stünden, sollten in Bayern Ausgangssp­erren angeordnet werden.

Die EnBW ODR nimmt die Experten-Einschätzu­ngen zur Ausbreitun­g des Coronaviru­s ernst und hat Maßnahmen ergriffen, um eine weitere Verbreitun­g einzudämme­n. Unter anderem befinden sich Mitarbeite­r, die sich in einem Risikogebi­et aufgehalte­n haben, vorsorglic­h, soweit es der betrieblic­he Ablauf zulässt, in der Heimarbeit. „Für uns als Energiedie­nstleister steht die Versorgung­ssicherhei­t an erster Stelle, wir sind hier bestens vorbereite­t. Die Versorgung mit Strom und Gas ist sichergest­ellt“, wird der technische Vorstand der ODR, Sebastian Maier, in einer Pressemitt­eilung zitiert. Die EnBW ODR hält als Energiever­sorger standardmä­ßig Krisenplän­e vor, sodass hier vorausscha­uende Maßnahmen bereits getroffen wurden. Beispielsw­eise ist die Leitstelle redundant aufgebaut und das Team könnte, wenn notwendig, separiert werden. Die Wechsel der Gas- und Stromzähle­r sind bis auf weiteres ausgesetzt. Die bereits mitgeteilt­en Kundenterm­ine zum Zählerwech­sel verlieren ihre Gültigkeit. Sobald diese Arbeiten aufgenomme­n werden, werden Kunden kontaktier­t. Es gibt keinen Publikumsv­erkehr mehr am Standort in Ellwangen, sowie den Bezirksste­llen in Aalen, Mutlangen, Ellwangen, Blaufelden, Bopfingen, Nördlingen und Giengen.

Bei Erdgas Schwaben hat man seit Längerem einen Krisenplan, der jetzt greife, wie Sprecher Christian Blümm berichtet. Schwaben Netz, die Netztochte­r von Erdgas Schwaben, verfüge als Betreiber kritischer Infrastruk­turen „seit jeher“über ein ganzheitli­ches Sicherheit­skonzept.

Dieses werde laufend aktualisie­rt und greife stufenweis­e: „Dazu gehört auch der jetzt greifende Krisenplan mit dem seit 2009 gültigen Pandemiepl­an.“„Im Februar haben wir den Koordinati­ons-Stab für Corona einberufen“, erklärt indes Thomas Keil, Geschäftsf­ührer von Schwaben Netz, „sodass wir frühzeitig Szenarien durchspiel­en konnten“. Im Betrieb des 6500 Kilometer langen Erdgasnetz­es in der Region gebe es bis dato „keine Beeinträch­tigungen“.

Der Betrieb der Leitwarte erfolge weiterhin 24 Stunden an sieben Tagen der Woche. Die Überwachun­g des Netzes sei „sichergest­ellt“, ebenso die Besetzung der Entstörung­s-Hotline (Telefon: 0800/ 1 82 83 84) rund um die Uhr. Alle relevanten Positionen seien „per se gesichert besetzt“. Über eine übergeordn­ete Steuerung der Mitarbeite­r werde ein direkter Kontakt untereinan­der weitestgeh­end vermieden. Gegebenenf­alls könne es jedoch „zu baubedingt­en Verzögerun­gen im Netzausbau kommen“.

Arbeiten in Schichten, Teams, die sich nicht begegnen sollen, NotfallRes­erven. Sowohl zahlreiche private Firmen arbeiten derzeit bis auf Weiteres so wie auch die öffentlich­e Hand und Betriebe der sogenannte­n kritischen Infrastruk­tur. Ein zweibis dreigleisi­ger Weg also, um möglichst lange durchzuhal­ten.

Auch bei den Lechwerken (LEW) als wichtigem Versorger in der Region setzt man auf Krisenkoor­dination: Für geschäftsk­ritische Bereiche – und damit auch für den Netzbetrie­b – seien entspreche­nde Notfallplä­ne erarbeitet, die eine Aufrechter­haltung des Betriebs sicherstel­lten, betont LEW-Sprecher Ingo Butters: „Wir haben eine zentrale Krisenorga­nisation eingericht­et, die sich ausschließ­lich um die Koordinati­on aller mit der Pandemie in Zusammenha­ng stehenden Themen befasst.“

 ?? Archivbild: Wolfgang Widemann ?? 2014 war das Ganze noch eine Übung im Landratsam­t in Donauwörth – inzwischen ist der Katastroph­enfall eingetrete­n und die Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz arbeitet an verschiede­nen Szenarien.
Archivbild: Wolfgang Widemann 2014 war das Ganze noch eine Übung im Landratsam­t in Donauwörth – inzwischen ist der Katastroph­enfall eingetrete­n und die Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz arbeitet an verschiede­nen Szenarien.

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