„Vereine sind der Kit der Gesellschaft“
Sportverein, Musikverein, Trachtler, Politiker: Seit 35 Jahren engagiert sich Joachim Zwerger aus Weiler ehrenamtlich. Seine große Leidenschaft gilt aber dem Fußball
Weiler-Simmerberg Am letzten Tag des Festes sitzt Joachim Zwerger mit guten Freunden im hinteren Bereich des Zeltes und genießt bei einem Glas Bier die Musik. Wenn wieder mehr als 10000 Menschen friedlich gefeiert haben, fällt die Anspannung bei dem 63-Jährigen ab und weicht der Zufriedenheit. „Es sind Momente, wo du dem Herrgott danken kannst“, sagt Zwerger. Er ist Initiator und Motor des Westallgäuer Oktoberfestes in Weiler. Ein Anlass, der seit 19 Jahren die Generationen zusammenbringt.
Zwerger ist Vorsitzender des Fördervereins des FV Rot Weiß Weiler. Eine von vielen Funktionen, die er in dem Verein übernommen hat. Seit 35 Jahren ist er dort ehrenamtlich tätig, begonnen hat alles eher zufällig. Als ein Coach im Nachwuchsbereich gesucht wurde, war Zwerger in den Augen des Führungsgremiums der richtige Mann. „Du bist ab Montag D-JugendTrainer“, habe ihm der Vorsitzende gesagt, erinnert sich Zwerger. 19 Jahre alt war er damals und Stammspieler bei den Aktiven. Seitdem hat er viele Aufgaben übernommen: Pressewart, Ausschussmitglied, Vorsitzender und er hat in 25 Jahren die erste Mannschaft in vier verschiedenen Klassen trainiert. Für sein Engagement erhält Zwerger die Silberdistel unserer Redaktion, eine Auszeichnung für besonderen bürgerschaftlichen Einsatz.
Die Idee zu dem Oktoberfest hatte Zwerger bei einem Ausflug. Ziel sei
● Auszeichnung Mit der Silberdistel ehrt unsere Redaktion seit vielen Jahren Menschen aus der Region für ihr besonderes bürgerschaftliches Engagement. Der Preis besteht aus einer Urkunde und einer kunstvoll in Silber gearbeiteten Distelblüte, die eigens
es gewesen, etwas für Jung und Alt gemeinsam zu machen. Warum nicht ein Oktoberfest nach dem Münchner Vorbild, nur bodenständiger, gemütlicher und mit zivilen Preisen, schlug Zwerger vor. Die Idee stieß nicht bei allen Mitgliedern gleich auf Begeisterung. „Bist du wahnsinnig“, habe er damals oft zu hören bekommen. in der „Alten Silberschmiede“in Augsburg angefertigt wurde.
● Vorschläge Jede Leserin und jeder Leser kann Vorschläge für weitere Träger unserer Auszeichnung machen. Ansprechpartner dafür finden sich in unseren Lokalredaktionen. (AZ)
Die Zweifel sind längst verflogen. Über Jahre ist das Fest gewachsen, es bringt das Westallgäu zusammen und genießt mittlerweile Kultstatus. Das gilt vor allem für den ersten der drei Abende, der Vereinen und Firmen vorbehalten ist. 2300 Plätze gibt es im Zelt. Sie sind Jahr für Jahr binnen weniger Sekunden vergeben.
Für den FV Weiler mit seinen 440 Mitgliedern ist das Fest eine Herkulesaufgabe. 300 bis 400 Helfer packen jedes Jahr an. Viele nehmen Urlaub, um mitarbeiten zu können. Diesen Gemeinsinn will der 63-Jährige fördern. „Es steckt viel Potenzial in den Menschen. Du musst es nur wecken.“Viel Aufheben will Zwerger um seine ehrenamtliche Arbeit nicht machen, gerade in den Zeiten der Corona-Pandemie. „Es gibt aktuell viele Menschen, die sich extrem stark für die Allgemeinheit einsetzen. Sie haben jede Auszeichnung verdient. Im Vergleich dazu mache ich wenig“, sagt er. Dabei setzt sich der geborene Weilerer nicht nur für Fußball ein. Zwerger ist Beisitzer im Musikverein, engagiert sich für die Trachtler, ist Vertreter bei der örtlichen Raiffeisenbank, er stand schon als Pfarrer auf der Freilichtbühne und saß acht Jahre im Marktgemeinderat – bis er nach wiederkehrenden Querelen mit dem Bürgermeister das Handtuch warf.
Seine große Leidenschaft gilt freilich dem Fußball – und er ist auch sein Beruf. Der Weilerer ist Chefscout des Sportartikelherstellers Nike. Zahlreiche Nationalspieler hat er beobachtet und beurteilt. Und er hat in den 1980er Jahren schon Karl-Heinz Riedle entdeckt und ihn zum FC Augsburg vermittelt.
Zwerger ist bis nächstes Jahr gewählt. Er wird aber wohl noch eine Weile weitermachen. Das Ehrenamt macht dem verheirateten Vater zweier Töchter Spaß, auch wenn er sich von der Politik mehr Hilfe und weniger Sonntagsreden wünscht: „Die Vereine und die ehrenamtliche Tätigkeit, die dort geleistet wird, sind der Kit der Gesellschaft. Wenn der bröselt, wird es schwierig.“