Die Kirchen im Kleinen
Wenn von Kirche gesprochen wird, denkt man oft erst an ein Gebäude. Da denken wir etwa hier in Nördlingen an die Gotteshäuser von Sankt Salvator, Sankt Georg und Sankt Josef, die mit ihrer schönen Architektur und Ausstattung unsere Stadt bereichern.
Am Kirchweihsonntag in jedem Jahr ist dann auf eine andere Weise von der Kirche die Rede. Da hören wir von der Kirche aus lebendigen Steinen. Das macht dann deutlich, dass Kirche eben mehr ist als ein Gebäude, sie besteht aus vielen, konkreten und ganz unterschiedlichen gläubigen Menschen. Überspitzt macht uns dieser Gedanke sogar bewusst: die Kirche könnte auch ohne diese Gebäude bestehen.
Wenn es uns Christen gerade nicht möglich ist, dass wir uns in unseren Gotteshäusern treffen, dann steht nicht so sehr das Gebäude Kirche im Fokus. Dann können wir vielleicht aber umso mehr diese lebendigen Steine sehen, die sich in einer Fortführung des Bildes da und dort auch zu kleineren Kapellen formen, die durch ihr Zeugnis „Kirche im Kleinen“sind. Dort wo eine Ärztin oder ein Polizist vor Dienstantritt ein Stoßgebet zum Himmel schickt, wo eine einsame Frau abends ihren Rosenkranz in die Hand nimmt, um für ihre Enkel zu beten, wo ein Kind sich darum bemüht, jemandem, der traurig ist, Mut zu machen, da ist Kirche.
Von Hauskirchen hat man früher manchmal gesprochen, wenn sich Christen im Kleineren organisiert haben. Ich würde mich freuen, wenn sich viele Christen in diesen Tagen bewusst machen, dass sie Kirche im Kleinen sind, wenn sie in den eigenen vier Wänden alleine oder mit anderen zusammen beten, wenn sie ihre christlichen Bräuche zu Hause pflegen, wenn sie Hoffnung und Zuversicht um sich herum verbreiten. Das sind dann nicht wie unsere Kirchentürme große Fingerzeige nach oben, aber kleinere und vermutlich noch wichtigere Fingerzeige Richtung Himmel.
„Die Kirche erwacht in den Seelen.“So hat einmal der große Theologe Romano Guardini formuliert. Vielleicht gelingt es der Kirche im Kleinen in unseren Häusern einen neuen Anstoß für ein solches Erwachen der Kirche im Großen zu geben.
Wenn viele lebendige Steine der Kirche im Kleinen in diesen Tagen ganz unscheinbar unser Gemeinwesen bereichern, dann werden wir uns umso mehr freuen, wenn sich diese Kirchen im Kleinen dann wieder in den großen Gotteshäusern sammeln können und so gemeinsam zum Himmel zeigen.