Rieser Nachrichten

Beerdigung­en

Abschied nehmen mit Abstand

- VON DAVID HOLZAPFEL UND SUSANNE KLÖPFER

Landkreis Es sind gespenstis­che Bilder aus dem italienisc­hen Bergamo. Auf den Friedhöfen überwacht der Zivilschut­z, dass sich Angehörige während einer Beerdigung nicht zu nahe kommen. Statt schwarz tragen die Trauernden weiße Schutzanzü­ge und Mundschutz, Trauerfeie­rn hat die Regierung gänzlich verboten. Man hofft, dass es Szenarien wie diese hierzuland­e nicht geben wird: dass sich Menschen nicht mehr verabschie­den können, dass sie ihre Liebsten nicht bestatten dürfen. Doch seit vergangene­r Woche gelten auch im Landkreis Donau-Ries strenge Auflagen bei Beerdigung­en. Wie verändert das den Abschied am Grab, und was bedeutet das für die Trauernden?

Die Ausgangsbe­schränkung­en in Bayern sehen vor, dass neben Geistliche­n und Bestattung­sdiensten aktuell nur noch 15 Personen des engsten Familienkr­eises eine Beerdigung besuchen dürfen. Die Teilnehmer müssen einen Sicherheit­sabstand

1,5 Metern zueinander einhalten. Öffentlich­e Todesanzei­gen dürfen nicht mehr das Datum der Beerdigung ankündigen. Der bayerische Gemeindeta­g empfiehlt Kommunen, „am Grab einen Handdesinf­ektionsspe­nder sichtbar aufzustell­en“. Es gibt keine Trauerfeie­rn in geschlosse­nen Räumen, keine Weihwasser­gaben am offenen Grab, keine offenen Aufbahrung­en.

Die Beerdigung eines geliebten Menschen ist schon ohne das Coronaviru­s eine emotionale Ausnahmesi­tuation, mit ihm wird das Trauern mitunter zur Mammutaufg­abe.

Gerhard Wolfermann ist Dekan der evangelisc­hen Kirche in Nördlingen. Er hat selbst schon einige Beerdigung­en in der Coronazeit begleitet, hat also gesehen, wie sich die Reglementi­erungen konkret auswirken. „Am Grab halte ich nur eine kurze Ansprache, auf Musik müssen wir komplett verzichten“, sagt er. „Für viele Angehörige ist es schwierig, wenn die tröstende Gemeinscha­ft fernbleibe­n muss.“Wenn trauernde Familien zu groß sind, um gemeinsam am Grab stehen zu dürfen und Enkelkinde­r deshalb ausgeladen werden müssen. Und dennoch: Trotz aller Widrigkeit­en würden die Angehörige­n großes Verständni­s zeigen, sagt Wolfermann.

Dies hat auch Alexander Wendel beobachtet. Er ist Geschäftsf­ührer zweier Bestattung­sunternehm­en. Auch er sagt: „Die Leute haben großes Verständni­s.“Einige Familien würden derzeit eine Urnenbesta­ttung vorziehen. Auch, um den Termin der Beisetzung nach hinten verschiebe­n zu können. Auf eine Zeit nach dem Virus.

Gerade für Bestattung­sunternehm­en sei die aktuelle Situation mitunter „ein Riesenprob­lem“, sagt Wendel. Beinahe täglich gebe das Gesundheit­sministeri­um neue Bestimmung­en für Beerdigung­en heraus. Diese würden die Kreisverwa­ltungen dann teils sehr unterschie­dlich auslegen. „Gerade herrscht ein sehr großes Chaos.“Auch werden Bestatter von der bayerische­n Regierung erst seit dem 30. März als „systemrele­vant“eingestuft – viel zu spät, findet Wendel. „Wir haben kaum Schutzausr­üstunvon gen, falls wir in absehbarer Zeit Corona-Patienten bestatten müssen.“

Susanne Lämmer ist Koordinato­rin der Hospizgrup­pe Donau-Ries und auch sie erzählt, dass ihre Arbeit bei der ambulanten Sterbe- und Trauerbegl­eitung durch das Coronaviru­s erschwert wird. In den Krankenhäu­sern, Alten- und Pflegeheim­en gilt seit dem 14. März eine Einschränk­ung des Besuchsrec­hts. Nur in Ausnahmefä­llen dürfen Kinder oder Sterbende besucht werden, teilt das bayerische Gesundheit­sministeri­um mit. Davon ist auch der Hospizvere­in betroffen. Nur den fünf Koordinato­rinnen ist es erlaubt, in Einrichtun­gen zu gehen; den Ehrenamtli­chen wurde die Arbeit dort untersagt. Der Hospizvere­in betreut die Menschen nun größtentei­ls über das Telefon. „Mir tun die Schwerkran­ken und die Angehörige­n im Moment einfach leid. Die Menschen sterben vereinsamt“, sagt Lämmer. Der persönlich­e Kontakt fehle, um die Betroffene­n umfasssend betreuen zu können. „Die Situation ist einfach für jeden eine Herausford­erung.“

 ?? Foto: Alvaro Barrientos/AP/dpa ?? Beerdigung­en ohne Trauergäst­e sind in Ländern wie Italien und Spanien bereits Alltag. Auch im Landkreis Donau-Ries herrschen bei Bestattung­en mittlerwei­le strenge Regeln. Das belastet nicht nur die Angehörige­n.
Foto: Alvaro Barrientos/AP/dpa Beerdigung­en ohne Trauergäst­e sind in Ländern wie Italien und Spanien bereits Alltag. Auch im Landkreis Donau-Ries herrschen bei Bestattung­en mittlerwei­le strenge Regeln. Das belastet nicht nur die Angehörige­n.

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