Rieser Nachrichten

Bayern lockert langsamer

Sicherheit Wegen der Corona-Pandemie gelten strikte Regeln: Abstand halten, nur im kleinsten Kreis treffen, Schulen und Geschäfte zu. Jetzt soll es Erleichter­ungen geben – im Freistaat allerdings zum Teil später als in anderen Ländern

- VON ULI BACHMEIER

Berlin/München Die Corona-Beschränku­ngen werden schrittwei­se gelockert – ganz langsam im Bund, aber noch etwas langsamer in Bayern. Geschäfte mit einer Verkaufsfl­äche bis 800 Quadratmet­er sollen bundesweit ab Montag wieder öffnen dürfen. Die Schulen sollen geschlosse­n bleiben – in den meisten Ländern mindestens bis zum 4. Mai, in Bayern mindestens bis zum 11. Mai. Und jede Lockerung soll verbunden werden mit zusätzlich­en Schutzmaßn­ahmen, zum Beispiel mit der „dringenden Empfehlung“, in Geschäften und im öffentlich­en Nahverkehr einfache Mund-NasenMaske­n zu tragen.

Zunächst hatte es nicht so ausgesehen, als würden sich die Ministerpr­äsidenten der Länder und die Bundesregi­erung auf ein abgestimmt­es Konzept einigen können. Die Videokonfe­renz unter Vorsitz von Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU), an der auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD) teilnahmen, dauerte denn auch deutlich länger als erwartet. Umstritten war, wie Teilnehmer gegenüber unserer Zeitung sagten, insbesonde­re die 800-Quadratmet­er-Grenze bei der Wiedereröf­fnung der Einzelhand­elsgeschäf­te. Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) hatte dafür plädiert, von kommenden Montag an auch die Möbelhäuse­r wieder zu öffnen. Merkel, Söder und Scholz wollten nicht so weit gehen. Letztlich blieb es dann auch bei dem Kompromiss­vorschlag, der zuvor auf Arbeitsebe­ne bereits ausgehande­lt worden war.

Demnach werden die bisher geltenden Kontaktbes­chränkunge­n zunächst bis 3. Mai verlängert. Gaststätte­n und Restaurant­s, Hotels und Diskotheke­n werden vermutlich noch deutlich über diesen Termin hinaus geschlosse­n bleiben, Großverans­taltungen wie Volksfeste oder Konzerte nicht vor Ende August gestattet werden. Das gilt auch für Fußballspi­ele. Wie es nach dem 3. Mai weitergehe­n kann, soll bei der nächsten Ministerpr­äsidentenk­onferenz Ende April besprochen werden.

Auch die Schulen sollen bis 3. Mai überall geschlosse­n bleiben. Der Schulbetri­eb soll ab 4. Mai schrittwei­se wieder aufgenomme­n werden – zunächst vorrangig für Abschlussk­lassen und qualifikat­ionsreleva­nte Jahrgänge sowie für die Übertritts­klasse der Grundschul­e. Prüfungen und Prüfungsvo­rbereitung­en der Abschlussk­lassen dieses Schuljahre­s sollen wieder stattfinde­n können. Merkel betonte, dass der Schulstart auf jeden Fall „ganz behutsam“vonstatten­gehen müsse. Wie sie es im Einzelnen regeln, ist den Ländern überlassen. Es brauche aber auf jeden Fall wirksame Konzepte auch für Pausen und Schulbusse. „Es wird also ein hoher logistisch­er Aufwand zu betreiben sein und deshalb bedarf es einer intensiven Vorbereitu­ng“, sagte Merkel.

Für Bayern legte sich Ministerpr­äsident Söder bereits auf einen deutlich strengeren Kurs fest. Er nannte den 11. Mai als Datum für den Schulstart, stellte aber klar:

„Grundschul­en und Kitas bleiben vorerst zu.“Allerdings soll, um etwas Last von den Eltern zu nehmen, der Notfallbet­rieb ausgeweite­t werden. Wie das im Detail aussehen soll, werde das Kabinett in München an diesem Donnerstag entscheide­n. Nicht ausschließ­en wollte Söder zudem, dass Bayern auch bei der Ladenöffnu­ng strengere Maßstäbe anlegen könnte. „Ich persönlich halte 800 Quadratmet­er auch fast schon für zu viel“, sagte

Söder, verwies aber auch hier auf die Kabinettss­itzung.

In den Grundsätze­n zeigten sich die Ministerpr­äsidenten und die Bundesregi­erung nach der Konferenz einig. „Wir haben keine unkontroll­ierten Exit-Strategien diskutiert, sondern wir setzen weiter auf Vorsicht“, sagte Söder. Hamburgs Erster Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er (SPD) warnte eindringli­ch davor, die ersten Erfolge im Kampf gegen die Corona-Pandemie wieder zu riskieren: „Wir haben nicht viel Spielraum. Das Eis ist dünn.“Bundeskanz­lerin Merkel sprach ausdrückli­ch von einem „zerbrechli­chen Zwischener­folg“. Es dürfe deshalb „kein falsches Vorpresche­n geben“.

Alle müssten verstehen, so Merkel, dass sie so lange mit dem Virus leben müssten, bis es einen Impfstoff gebe. Daher könne nur äußerst vorsichtig und in kleinen Schritten mehr öffentlich­es Leben zugelassen werden. Es sei weiter entscheide­nd, dass die Bürger in der Öffentlich­keit einen Mindestabs­tand von 1,5 Metern einhielten und sich dort nur mit Angehörige­n des eigenen Haushalts oder maximal einer anderen Person aufhielten. Vizekanzle­r Scholz sagte: „Wir bewegen uns in eine neue Normalität.“

Keinen Zweifel ließen die vier Politiker bei der Pressekonf­erenz gestern Abend auch daran, dass alle Schritte zu einer Lockerung der Corona-Beschränku­ngen mit neuen Konzepten zum Schutz vor Infektione­n verbunden sein müssten. Von einer Maskenpfli­cht war zwar nicht die Rede, wohl aber von einer „dringenden Empfehlung“der Bundesregi­erung, überall dort einfache Mund-Nasen-Masken zu tragen, wo eine gewisse Nähe zu anderen nicht vermeidbar sei, also etwa beim Einkaufen oder in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln.

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Foto: Sven Hoppe, dpa Ministerpr­äsident mit Mundschutz: So wie Markus Söder auf diesem Bild werden künftig deutlich mehr Menschen unterwegs sein. Bund und Länder empfehlen, Masken im Handel und im Nahverkehr zu tragen.

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