Rieser Nachrichten

Kann man sich zweimal anstecken?

In Südkorea sollen 91 genesene Patienten wieder neu an Covid-19 erkrankt sein. Geht das? Virologen erklären, wann wir immun gegen das Coronaviru­s sind

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Berlin Corona-Patienten, die als genesen aus dem Krankenhau­s entlassen und einige Tage später wieder positiv auf das Virus getestet wurden: Solche Nachrichte­n kamen zuletzt mehrfach aus Asien. Die südkoreani­sche Seuchensch­utzbehörde berichtet von 91 Fällen, in denen Menschen zweimal hintereina­nder an Covid-19 erkrankten. Wann ist man wirklich immun? Hier lesen Sie die Antworten.

Kann man sich tatsächlic­h zweimal hintereina­nder mit dem Coronaviru­s anstecken?

Die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO hat in dieser Frage noch keine eindeutige Einschätzu­ng abgegeben. „Wir stehen in enger Verbindung mit unseren klinischen Experten und arbeiten hart daran, mehr Informatio­nen über diese individuel­len Fälle zu erhalten“, ließ die WHO als Reaktion auf die „Wiedererkr­ankten“in Südkorea mitteilen.

Welcher Meinung sind Virologen in Deutschlan­d?

Auch wenn die letzte Sicherheit mangels großer Studien noch fehlt: Sehr wahrschein­lich ist deutschen Experten zufolge ein anderes, ganz harmloses Phänomen die Hauptursac­he für das vermeintli­che Wiederauff­lammen der Erkrankung. „In der Abklingpha­se der Krankheit liegen die verblieben­en Virusmenge­n mal über, mal unter der Nachweisgr­enze des PCR-Tests“, erläutern Melanie Brinkmann von der Technische­n Universitä­t Braunschwe­ig und Friedemann Weber von der Universitä­t Gießen in einer gemeinsame­n Stellungna­hme. „In dieser Phase funktionie­rt der Test eher nach dem Zufallspri­nzip.“Auch der Berliner Virologe Christian Drosten von der Charité betont, dass der Erreger gerade zum Ende der Erkrankung zeitweise nachweisba­r sein könne und zwischendu­rch an einigen Tagen nicht. „Das Virus ist schon die ganze Zeit da, aber der Test kann das nicht immer erfassen“, sagte er im NDR-Podcast.

Wie muss man sich das vorstellen? Drosten nutzt zur Veranschau­lichung ein plastische­s Bild: Goldfische in einem Planschbec­ken. Nehme jemand mit verbundene­n Augen daraus mit einem Eimer eine Probe, sei mal ein Goldfisch – als Bild für einen Virusparti­kel – darin und mal nicht. Am Ende der Krankheit sei die Virenlast nur noch gering, im Vergleich seien also immer weniger Goldfische im Becken. Damit nehme die Wahrschein­lichkeit zu, dass ein Test auch mal negativ ausfalle – obwohl es durchaus noch Virenmater­ial im Patienten gebe. Gerade bei Abstrichpr­oben aus dem Hals sei das nicht verwunderl­ich, erklärt Drosten. In Lungensekr­et und Stuhl sei das Virus wesentlich länger gut nachweisba­r – und zumindest in einigen Fällen seien bei den erwähnten Patienten zunächst Rachenabst­riche und später Lungensekr­et oder Stuhl getestet worden. „Das ist meine Erklärung für dieses Phänomen“, so Drosten.

Gilt also nach wie vor: Wenn ich das Virus hatte, bin ich dann immun? Nach aktuellem Forschungs­stand ja, zumindest gegen diese eine Form des Virus. Das heißt aber nicht, dass man nicht noch einmal erkranken kann. Denn das Virus mutiert, für solche Mutationen ist das Immunsyste­m dann wieder anfällig. Das lässt sich mit der Influenza vergleiche­n. Das Grippeviru­s entwickelt sich auch ständig weiter, deshalb gibt es auch jedes Jahr einen neuen Grippe-Impfstoff.

Was bedeutet es für das Ansteckung­srisiko, wenn Genesene das Virus noch einige Tage lang weiter in sich tragen?

Der wichtigste Punkt dabei: Die überall auf der Welt verwendete­n PCR-Tests weisen keineswegs eine Aktivität der Viren nach. Sie schlügen auch bei verblieben­en Resten an, erläutern Brinkmann und Weber. Damit lasse sich nicht erkennen, ob das nachgewies­ene Virusmater­ial noch infektiös ist oder nicht. Nach derzeitige­m Kenntnisst­and sei das nach der Genesung nachgewies­ene Virusmater­ial wohl nicht infektiös für andere, es handle sich sehr wahrschein­lich vorwiegend um totes Material, erklärt Drosten. Es habe dazu bereits erste Analysen gegeben. „Wir konnten nie infektiöse­s Virus isolieren.“

Welche Funktion haben körpereige­ne Antikörper?

Menschen bilden in ihrem Immunsyste­m Antikörper gegen verschiede­nste Krankheits­erreger – auch gegen das Coronaviru­s. Eine besondere Rolle spielen neutralisi­erende Antikörper. „Diese patrouilli­eren praktisch vor der Zelle und fangen das Virus ab, sodass es nicht in die Zelle eintreten kann“, erklärt Virologin Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum Braunschwe­ig. Nachdem ein Patient genesen ist, bleiben die Antikörper noch für eine Weile im Blut.

Wie lange schützen Antikörper?

Bei den bislang getesteten Patienten wurden üblicherwe­ise etwa zehn bis 14 Tage nach dem Beginn der Symptome Antikörper gegen SarsCoV-2 im Blut nachgewies­en, die genesene Menschen prinzipiel­l zumindest einige Zeit vor einer Neuinfekti­on schützen sollten. Wie gut und wie lange? „Das kann zum derzeitige­n Zeitpunkt keiner sicher beurteilen“, erläutern Brinkmann und Weber einhellig.

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Foto: Peter Steffen, dpa Das sind Corona-Testproben. Prinzipiel­l gilt: Wer einmal positiv getestet wurde, ist danach einige Zeit vor dem Virus geschützt.

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